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Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Titel: Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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schenkte ich mir noch einen letzten schnellen Drink ein. Ich nahm einen kräftigen Schluck und spürte der Wärme nach, als der Bourbon seinen wohlbekannten Weg nach unten nahm. Ja, ich trinke. Aber ich bin kein Trinker. Das heißt nicht, dass ich das Problem nur leugne. Ich weiß, dass ich mit dem Konzept des Alkoholismus flirte. Ich weiß auch, dass ein Flirt mit dem Alkoholismus ungefähr so ungefährlich ist wie ein Flirt mit der minderjährigen Tochter eines Mafiabosses. Doch mein Flirt hat bisher keine weiteren Konsequenzen nach sich gezogen. Ich bin klug genug, zu wissen, dass das nicht so bleiben muss.
    Chloe schlich sich mit ihrem üblichen Gesichtsausdruck an mich heran, den man auf folgenden Nenner bringen könnte: fressen, spazieren gehen, fressen, spazieren gehen. Hunde sind wundervoll beständige Wesen. Ich warf ihr etwas zu naschen hin und ging mit ihr um den Block. Die kühle Luft tat mir gut, einen klaren Kopf habe ich vom Spazierengehen allerdings noch nie bekommen. Eigentlich ist Spazierengehen sterbenslangweilig. Aber ich beobachtete Chloe gern dabei. Ich weiß, dass das seltsam klingt, aber einen Hund macht diese einfache Tätigkeit so ungeheuer glücklich. Sie so zu sehen, versetzte wiederum mich in einen Zen-artigen Glückszustand.
    Als wir wieder zu Hause waren, ging ich schweigend in mein Schlafzimmer. Chloe folgte mir. Opa schlief. Seine Krankenschwester auch. Sie schnarchte und pfiff beim Ausatmen wie in einem Cartoon. Ich schaltete meinen Computer ein und fragte mich, warum Sheriff Lowell nicht zurückgerufen hatte. Ich überlegte, ob ich ihn noch anrufen sollte, obwohl es schon fast Mitternacht war. Dann dachte ich: Sein Pech.
    Ich nahm den Hörer ab und wählte. Lowell hatte ein Handy. Wenn er schlief, konnte er es ja ausschalten.
    Nach dem dritten Klingeln ging er ran. »Hallo, Dr. Beck.«
    Er klang streng. Außerdem fiel mir auf, dass ich nicht mehr Doc war.
    »Warum haben Sie nicht zurückgerufen?«, fragte ich.
    »Es war spät geworden«, sagte er. »Ich dachte, ich erwische Sie morgen Vormittag.«
    »Warum haben Sie nach Sarah Goodhart gefragt?«
    »Morgen«, sagte er.
    »Wie bitte?«
    »Es ist spät, Dr. Beck. Ich bin nicht mehr im Dienst. Außerdem halte ich es für besser, wenn wir über diese Sache von Angesicht zu Angesicht reden.«
    »Können Sie mir nicht wenigstens sagen …?«
    »Sind Sie morgen Vormittag in der Klinik?«
    »Ja.«
    »Dann ruf ich Sie da an.«
    Er wünschte mir freundlich, aber entschieden eine gute Nacht, dann beendete er das Gespräch. Ich glotzte den Hörer an und fragte mich, was das denn jetzt wieder bedeuten sollte.
    Schlafen konnte ich sowieso nicht. Den größten Teil der Nacht verbrachte ich im Internet, surfte von einer Großstadt-Street-Cam zur nächsten und hoffte, zufällig auf die richtige zu stoßen. Eine High-Tech-Nadel im weltweiten Heuhaufen.
    Irgendwann hörte ich auf und legte mich ins Bett. Als Arzt lernt man, geduldig zu sein. Ich mache mit Kindern regelmäßig Tests, deren Ergebnisse ihr Leben verändern, wenn nicht gar bedrohen können, und sage ihnen und ihren Eltern, dass sie auf die Resultate warten müssen. Sie haben keine Wahl. Das Gleiche kann man vielleicht auch über diese Situation sagen. Im Moment gab es zu viele Variablen. Vielleicht erfuhr ich morgen mehr, wenn ich mich unter dem Usernamen Bat Street und dem Passwort Teenage bei Bigfoot eingeloggt hatte.
    Eine Zeit lang starrte ich zur Decke hinauf. Dann sah ich nach rechts - dort hatte Elizabeth geschlafen. Ich war immer zuerst eingeschlafen. Ich hatte dagelegen wie jetzt, sie von der Seite angesehen, während sie sich ganz auf ihr Buch konzentrierte. Das war das Letzte gewesen, was ich sah, bevor ich die Augen schloss und einschlief.
    Ich drehte mich um und schaute in die andere Richtung.

    Um vier Uhr morgens blickte Larry Gandle über Eric Wus blond gefärbte Locken hinweg. Wu war unglaublich diszipliniert. Wenn er nicht trainierte, saß er am Computer. Sein Teint war schon vor vielen tausend Internet-Sitzungen in ein kränkliches, leicht bläuliches Weiß umgeschlagen, körperlich jedoch war er voll auf der Höhe.
    »Und?«, fragte Gandle.
    Wu nahm den Kopfhörer ab. Dann verschränkte er die Marmorsäulen-Arme vor der Brust. »Ich bin verwirrt.«
    »Erklär mir, was los ist.«
    »Dr. Beck hat kaum eine E-Mail gespeichert. Nur ganz wenige, in denen es um Patienten geht. Nichts Privates. Und plötzlich bekommt er in den letzten beiden Tagen zwei bizarre Mails.« Ohne

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