Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One
als einen Block kam ich nicht an meinen Arbeitsplatz heran.
Sheriff Lowell erschien in Begleitung zweier Männer mit kurz geschorenen Haaren in grauen Anzügen. Die beiden Männer lehnten an einem großen, braunen Buick. Sie bildeten einen perfekten Gegensatz. Einer war groß, dünn und weiß, der andere klein, rund und schwarz; zusammen erinnerten sie an eine Bowlingkugel, die kurz davor war, den letzten Pin umzuwerfen. Beide Männer lächelten mich an. Lowell lächelte nicht.
»Dr. Beck?«, sagte der große weiße Pin. Er war makellos gekleidet, hatte reichlich Gel in den Haaren, trug ein ordentlich zusammengefaltetes Taschentuch in der Brusttasche, eine unnatürlich perfekt gebundene Krawatte und so eine Schildpatt-Designerbrille, wie Schauspieler sie tragen, wenn sie intelligent aussehen wollen.
Ich sah Lowell an. Der schwieg.
»Ja?«
»Ich bin Special Agent Nick Carlson vom FBI«, fuhr der makellos gekleidete Mann fort. »Dies ist Special Agent Tom Stone.«
Beide zeigten mir ihre Marken. Stone, der Kleinere und Zerknittertere, zog seine Hose hoch und nickte mir zu. Dann öffnete er die Hintertür des Buicks.
»Hätten Sie etwas dagegen, uns zu begleiten?«
»Ich habe in einer Viertelstunde Dienst«, sagte ich.
»Darum haben wir uns schon gekümmert.« Carlson wies mit einer ausholenden Bewegung seines langen Arms in Richtung Wagentür, als wollte er bei einer Spielshow den Hauptgewinn präsentieren. »Bitte.«
Ich setzte mich auf den Rücksitz. Carlson fuhr. Stone quetschte sich auf den Beifahrersitz. Lowell kam nicht mit. Wir blieben in Manhattan, waren aber trotzdem fast eine Dreiviertelstunde unterwegs. Downtown am Broadway in der Nähe der Duane Street hatten wir offenbar unser Ziel erreicht. Carlson hielt vor einem Hochhaus, an dem 26 Federal Plaza stand.
Die Inneneinrichtung war die eines klassischen Bürogebäudes. Männer in erstaunlich schicken Anzügen trugen die Tassen mit Gourmet-Kaffee durch die Gänge. Die wenigen Frauen waren hoffnungslos in der Minderheit. Wir betraten ein Besprechungszimmer. Mir wurde ein Platz angeboten, und ich setzte mich. Probeweise schlug ich die Beine übereinander, in dieser Haltung fühlte ich mich jedoch äußerst unwohl.
»Kann mir jemand sagen, worum es hier geht?«, fragte ich.
Pin Carlson übernahm die Gesprächsführung. »Können wir Ihnen etwas bringen?«, fragte er. »Wir brauen hier den schlechtesten Kaffee der Welt, falls Sie Interesse haben.«
Das erklärte die vielen Kaffetassen mit dem Coffeeshop-Logo. Er lächelte mir zu. Ich erwiderte sein Lächeln. »Klingt verlockend, aber danke, nein.«
»Vielleicht einen Softdrink? Wir haben doch Softdrinks, Tom?«
»Natürlich, Nick. Coca-Cola, Cola Light, Sprite, der Doktor braucht nur zu sagen, was er haben will.«
Sie lächelten wieder. »Schon in Ordnung, danke«, sagte ich.
»Snapple?«, versuchte Stone es noch einmal. Wieder zog er seine Hose hoch. Die Rundung seines Bauches machte es schwer, einen Punkt zu finden, wo der Bund nicht rutschte. »Das haben wir in mehreren Geschmacksrichtungen.«
Fast hätte ich Ja gesagt, damit es endlich weiterging, aber ich schüttelte nur freundlich den Kopf. Der Tisch war leer, mit Ausnahme eines großen braunen Briefumschlags. Ich wusste nicht, was ich mit meinen Händen machen sollte, also legte ich sie auf die Resopalplatte. Stone watschelte zu einer Tischkante und blieb dort stehen. Carlson, der immer noch die Gesprächsführung innehatte, setzte sich neben ihn auf die Ecke, drehte sich um und sah auf mich herab.
»Was können Sie uns über Sarah Goodhart sagen?«, fragte Carlson.
Ich wusste nicht, was ich auf die Frage antworten sollte. Im Kopf ging ich verschiedene Ansätze durch, sie gefielen mir alle nicht.
»Doc?«
Ich blickte zu ihm auf. »Warum wollen Sie das wissen?«
Carlson und Stone sahen sich kurz an. »Auf den Namen Sarah Goodhart sind wir im Zusammenhang mit einer laufenden Ermittlung gestoßen«, sagte Carlson.
»Was für eine Ermittlung?«, fragte ich.
»Das würden wir lieber für uns behalten.«
»Ich verstehe nicht. Was habe ich damit zu tun?«
Carlson stieß einen Seufzer aus, wobei er sich viel Zeit zum Ausatmen ließ. Er sah seinen rundlichen Partner an und plötzlich war jeder Anflug von Lächeln aus ihren Mienen verschwunden. »Ist diese Frage zu kompliziert, Tom?«
»Nein, Nick, ich glaube nicht.«
»Ich auch nicht.« Carlson wandte sich wieder zu mir. »Vielleicht gefällt Ihnen die Formulierung der Frage nicht, Doc.
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