Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One
on Crime auf Court TV. Im Fernsehen war Hester Crimstein äußerst agil, verbreitete beißenden Spott und neigte dazu, ihre Gäste in der Luft zu zerreißen. Wenn man ihr persönlich gegenüberstand, war sie von einer äußerst seltsamen Aura der Macht umgeben; sie hatte die Ausstrahlung eines hungrigen Tigers, der jeden anderen betrachtete, als wäre er eine lahmende Gazelle.
»Doch, hatte er«, sagte Carlson.
»Und trotzdem sitzen Sie hier gemütlich beisammen und verhören ihn weiter?«
»Er hat uns angesprochen.«
»Oh, verstehe.« Hester Crimstein öffnete ihre Aktentasche, holte Papier und einen Kugelschreiber heraus und legte beides auf den Tisch. »Schreiben Sie Ihre Namen auf.«
»Bitte?«
»Ihre Namen, mein Hübscher. Sie wissen doch, wie man die schreibt, oder?«
Es war eine rhetorische Frage, Crimstein wartete trotzdem auf eine Antwort.
»Ja«, sagte Carlson.
»Klar«, fügte Stone hinzu.
»Gut. Schreiben Sie sie auf. Wenn ich in meiner Sendung darüber spreche, wie Sie auf den von der Verfassung garantierten Rechten meines Mandanten herumgetrampelt sind, möchte ich sichergehen, dass die Namen stimmen. Also bitte in Blockschrift.«
Endlich sah sie mich an. »Gehen wir.«
»Eine Sekunde noch«, sagte Carlson. »Wir möchten Ihrem Klienten ein paar Fragen stellen.«
»Nein.«
»Nein? Einfach so?«
»Einfach so. Sie reden nicht mit ihm. Er redet nicht mit Ihnen. Niemals. Verstanden?«
»Ja«, sagte Carlson.
Sie sah Stone an.
»Ja«, sagte Stone.
»Prima, Jungs. Nehmen Sie Dr. Beck jetzt fest?«
»Nein.«
Sie drehte sich zu mir um. »Worauf warten wir noch?«, zischte sie mich an. »Gehen wir.«
Hester Crimstein sagte kein Wort, bis wir sicher in ihrer Limousine saßen.
»Wo soll ich Sie absetzen?«, fragte sie.
Ich nannte dem Fahrer die Adresse der Klinik.
»Erzählen Sie mir von der Vernehmung«, sagte Crimstein. »Lassen Sie nichts aus.«
Ich gab meine Unterhaltung mit Carlson und Stone wieder, so gut ich konnte. Hester Crimstein sah nicht ein einziges Mal in meine Richtung. Sie holte einen Terminplaner heraus, der dicker war als meine Taille, und fing an, darin herumzublättern.
»Diese Fotos von Ihrer Frau«, sagte sie dann, als ich fertig war. »Die haben Sie also nicht gemacht?«
»Nein.«
»Und das haben Sie Tweedledee und Tweedledum auch gesagt?«
Ich nickte.
Sie schüttelte den Kopf. »Ärzte. Das sind immer die schlimmsten Mandanten. Okay, das war dumm von Ihnen, ist aber nicht gravierend. Sie sagen, Sie haben diese Bilder noch nie gesehen?«
»Das stimmt.«
»Aber als die Sie danach gefragt haben, haben Sie endlich den Mund gehalten.«
»Ja.«
»Schon besser«, sagte sie und nickte. »Diese Geschichte, dass Ihre Frau sich die Verletzungen bei einem Autounfall zugezogen hat, ist die wahr?«
»Wie bitte?«
Crimstein klappte ihren Terminkalender zu. »Hören Sie … Beck? Shauna sagt, dass alle Welt Sie Beck nennt, hätten Sie also etwas dagegen, wenn ich es auch so halte?«
»Nein.«
»Gut. Hören Sie, Beck, Sie sind Arzt, stimmt’s?«
»Stimmt.«
»Und Sie können gut mit Kranken umgehen?«
»Ich denke schon.«
»Ich nicht. Nicht das kleinste bisschen. Wenn Sie verhätschelt werden wollen, machen Sie eine Diät und engagieren Sie Richard Simmons. Also überspringen wir sämtliche ›Wie-bittes‹ und ›Verzeihungs‹ und diesen ganzen lästigen Mist, okay? Beantworten Sie einfach meine Fragen. Die Geschichte vom Autounfall, die Sie denen erzählt haben, ist die wahr?«
»Ja.«
»Das FBI wird das nämlich überprüfen. Das ist Ihnen doch klar?«
»Ja.«
»Okay. Das wäre also geklärt.« Crimstein holte tief Luft. »Vielleicht hat Ihre Frau eine Freundin gebeten, die Fotos zu machen«, überlegte sie. »Für die Versicherung oder so etwas. Falls sie später einmal klagen wollte. Das könnte funktionieren, falls wir es anbringen müssen.«
Ich fand das nicht nachvollziehbar, behielt diesen Gedanken jedoch für mich.
»Also Frage Numero uno: Wo waren diese Fotos, Beck?«
»Ich weiß es nicht.«
»Dos und tres: Wie ist das FBI an sie herangekommen? Und warum tauchen sie jetzt auf?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Und vor allem, was versuchen die Ihnen anzuhängen? Ihre Frau ist seit acht Jahren tot. Für eine Anklage wegen häuslicher Gewalt ist es ein bisschen spät.« Sie lehnte sich zurück und überlegte ein paar Minuten. Dann blickte sie auf und zuckte die Achseln. »Egal. Ich rufe ein paar Leute an und versuche rauszubekommen, was los ist. Und
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