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Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Titel: Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Monate vor Elizabeths Tod. Er war von zwei Kugeln getroffen in einer Harlemer Sozialbausiedlung abgeladen worden. Man hatte ihn ausgeraubt. Die Medien zogen alle Register. Sie wiesen immer wieder auf Brandon Scopes karitative Tätigkeit hin. Sie schilderten, dass er den Straßenkindern geholfen und lieber mit Armen und Obdachlosen als im multinationalen Konzern seines Vaters gearbeitet hatte. Dieser Tenor durchzog sämtliche Meldungen. Es war einer der Morde, die die Nation erschütterten und in deren Folge viel mit Fingern auf Missstände gezeigt und die Hände gerungen wurden. Sein Vater gründete im Namen des Ermordeten eine wohltätige Stiftung. Meine Schwester Linda leitet sie. Sie können sich nicht vorstellen, wie viel Gutes sie dort tut.
    »Ja, ich erinnere mich«, sagte ich leise.
    »Wissen Sie auch noch, dass damals jemand verhaftet wurde?«
    »Ein Junge von der Straße«, sagte ich. »Einer der Jugendlichen, denen er geholfen hatte, stimmt’s?«
    »Genau. Die Polizei hatte den damals zweiundzwanzigjährigen Helio Gonzales verhaftet. Er wohnte im Barker House in Harlem. Die Liste seiner Vorstrafen war so lang wie das Ruhmesblatt eines Mitglieds der Hall of Fame. Bewaffneter Raubüberfall, Brandstiftung, schwere Körperverletzung, weiß Gott ein sonniges Gemüt, dieser Mister Gonzales.«
    Ich bekam einen trockenen Mund. »Wurde die Anklage nicht später wieder fallen gelassen?«, erkundigte ich mich.
    »Ja. Sie hatten im Prinzip nicht viel gegen ihn in der Hand. Man hat seine Fingerabdrücke am Tatort gefunden, aber da waren auch jede Menge andere. In dem Gebäude, in dem Gonzales lebte, wurden Haare von Scope und sogar ein paar passende Blutspuren entdeckt. Allerdings war Scope vorher schon ein paar Mal dort gewesen. Wir hätten ohne weiteres behaupten können, dass die Spuren daher stammten. Die Indizien reichten aber für eine Verhaftung, und die Cops waren sicher, dass im Lauf der Zeit noch mehr auftauchen würde.«
    »Und was ist dann passiert?«, wollte ich wissen.
    Flannery sah mich noch immer nicht an. Mir gefiel das nicht. Flannery lebte in einer Staubsaugervertreterwelt der blank geputzten Schuhe und des Blickkontakts. Ich kannte diese Typen. Ich wollte nichts mit ihnen zu tun haben, aber ich kannte sie.
    »Die Polizei wusste den exakten Todeszeitpunkt«, fuhr er fort. »Der Gerichtsmediziner hatte die Lebertemperatur gemessen. Scope war um dreiundzwanzig Uhr ermordet worden. Plus/minus eine halbe Stunde, aber mehr war nicht zu holen.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte ich, »was das mit meiner Frau zu tun haben soll.«
    Wieder tippte er die Fingerspitzen aneinander. »Soweit mir bekannt ist, hat Ihre Frau auch mit den Armen gearbeitet«, sagte er. »Im gleichen Büro wie das Opfer, um genau zu sein.«
    Ich wusste nicht, worauf er hinauswollte, war mir aber sicher, dass es mir nicht gefallen würde. Für den Bruchteil einer Sekunde fragte ich mich, ob Flannery nicht doch Recht hatte, ob ich vielleicht wirklich nicht hören wollte, was er mir zu sagen hatte, ob ich nicht einfach aufstehen und die ganze Sache vergessen sollte. Doch ich drängte: »Und?«
    »Das ist edel«, sagte er mit einem kurzen Nicken. »Mit den Armen und Unterdrückten zu arbeiten.«
    »Freut mich, dass Sie das so sehen.«
    »Ursprünglich hatte ich deshalb mit dem Jurastudium begonnen. Um den Armen zu helfen.«
    Ich schluckte Galle herunter und setzte mich etwas aufrechter hin. »Würden Sie mir jetzt bitte erzählen, was meine Frau damit zu tun hat?«
    »Sie hat ihn freigekriegt.«
    »Wen?«
    »Meinen Klienten. Helio Gonzales. Ihre Frau hat dafür gesorgt, dass er freikam.«
    Ich runzelte die Stirn. »Wie?«
    »Sie hat ihm ein Alibi verschafft.«
    Mir stockte das Herz. Und die Lunge. Fast hätte ich mir auf die Brust geschlagen, um meine Körperfunktionen wieder in Gang zu setzen.
    »Wie?«, fragte ich noch einmal.
    »Wie sie ihm ein Alibi verschafft hat?«
    Ich nickte benommen, aber er sah mich immer noch nicht an. Ich presste ein »Ja« heraus.
    »Ganz einfach«, sagte er. »Sie war in der fraglichen Zeit mit Helio zusammen.«
    Mein Verstand fing an, wild zu strampeln; ganz allein auf dem offenen Meer und kein Rettungsring in Sicht. »Darüber habe ich in den Zeitungen nie etwas gelesen.«
    »Es wurde geheim gehalten.«
    »Warum?«
    »Zum einen auf Wunsch Ihrer Frau. Außerdem wollte die Generalstaatsanwaltschaft nicht, dass die unberechtigte Verhaftung in aller Öffentlichkeit diskutiert wird. Also wurde alles so diskret wie

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