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Kein Tod wie der andere

Kein Tod wie der andere

Titel: Kein Tod wie der andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
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Schutzpolizisten konnten sie ihr auf Französisch das Zugeständnis abringen, über ihr Grundstück zur Rückseite des Anwesens von Thill zu gelangen. Etwas Besonderes über ihren Nachbarn vermochte sie nicht zu berichten.
    Buhle schaffte es erst beim zweiten Versuch, das Metalltor in der hohen Mauer zu öffnen. Vorsichtig ging er, gefolgt von Reuter und dem jungen Luxemburger, über die Rasenfläche bis zum Haus. Die Jalousien waren bis fast auf den Boden heruntergelassen. Buhle musste sich mit dem Bauch flach auf die Steinplatten der Terrasse legen, um darunter hindurch in den Wintergarten zu schauen. Mit beiden Händen schirmte er das schwächer werdende Tageslicht ab und konnte doch nur schemenhaft erkennen, dass sich offensichtlich keine Menschen darin aufhielten. Er hatte nichts anderes erwartet.
    Sie schauten sich auf dem Grundstück um, sahen, dass auch bei allen anderen Fenstern die Jalousien geschlossen waren, und konnten nichts Besonderes feststellen. Als sie zurückgingen, bat Buhle den luxemburgischen Kollegen, festzustellen zu lassen, ob Thill verreist sei. Die Antwort bekamen sie bereits, als sie gerade den Ortsausgang Bridel verlassen hatten. Ein luxemburgischer Staatsbürger mit dem Namen Fernand Thill sei bereits am Samstagabend mit der Air France von Paris aus nach Hongkong geflogen.

49
    Luxemburg; Sonntag, 19.   Juni
    Buhle wollte sich zu Ducard und Gerhardts bringen lassen. Er wollte wissen, ob Dardenne endlich ausgesagt hatte. Reuter sollte anschließend weiter nach Bertrange und die Spurensicherung in Dardennes Haus begleiten. Dieses Vorhaben hielt keine zehn Minuten. Sie betraten gerade das Krankenhaus, als ein Anruf der Funkeinsatzzentrale in Trier Buhle erreichte: Bei den saarländischen Kollegen war Nanette Bonitzer von ihren Eltern als vermisst gemeldet worden. Noch während er telefonierte, hörte er das Tonzeichen, dass ein weiterer Anrufer anklopfte. Doch Buhle war von der Nachricht über Bonitzer so vereinnahmt, dass er gar nicht darauf reagierte.
    Ducard und Gerhardts waren gerade von den behandelnden Ärzten aus dem Zimmer von Eric Dardenne auf den Flur verwiesen worden, als Buhle mit den beiden Kollegen dazukam.
    »Wir haben gerade die Meldung reinbekommen, dass Nanette Bonitzer verschwunden ist.«
    Das »Waas?« klang Buhle zweisprachig entgegen, und das ungläubige Erstaunen stand den beiden erfahrenen Beamten ins Gesicht geschrieben.
    »Bonitzers Eltern sind nachmittags von einem Opernwochenende nach Hause gekommen, da war ihre Tochter schon nicht mehr da. Als sie jetzt zum Einbruch der Dunkelheit immer noch nicht erschienen und wohl auch telefonisch nicht erreichbar ist, haben sie sich Sorgen gemacht. Wenn ich ehrlich bin, kann ich das unter den Umständen auch verstehen.«
    Der sonst so ruhige und besonnene Gerhardts schüttelte nur noch den Kopf. »So was habe ich noch nicht erlebt. Kommt heute alles zusammen? Was ist mit der Sobothy?«
    »Keine Ahnung. Auch verschwunden«, antwortete Buhle, und die Sorgenfalten auf seiner Stirn schienen noch etwas tiefer zu werden. »Angeblich hatte sie einen Termin mit Thill, doch der ist gestern nach China geflogen. Hat Dardenne etwas gesagt?«
    »Nein, der schweigt sich aus. Aber mit den Unterlagen in seinem Haus haben wir etwas in der Hand.« Ducard versuchte offensichtlich, der niedergeschlagenen Stimmung etwas entgegenzusetzen. Doch dabei hatte er Reuter nicht auf der Rechnung.
    »Zumindest so lange, bis er auf die Idee kommt, dass die Einbrecher ihm das untergeschoben haben.«
    In der nun einsetzenden Stille klingelte Buhles Telefon erneut, als ob es den Polizisten auch nicht einen Moment gestatten wollte, ihre Gedanken zu sammeln.
    * * *
    Nachdem Shiwen gegangen war, hatte seine junge Landsfrau Jiao Hannah Sobothy in einen kleineren Raum geführt, den sie als ein Gästezimmer identifizierte. Dort waren ihre Wunden ein weiteres Mal behandelt worden. Sie hatte nachdenken wollen, doch war sie sich wie betäubt vorgekommen. Alles war ihr völlig unwirklich erschienen. Sie hatte in einer luxemburgischen Villa gesessen, die das organisierte Wirtschaftsverbrechen beherbergte, und sich die Schrammen pflegen lassen, die sie kurz zuvor bei einer Flucht in Todesangst erlitten hatte. Sie wusste noch, dass sie sich wie in einem schlechten Film vorgekommen und wieder eine furchtbare Angst vor dem Ende in ihr aufgekommen war. Nachdem ihr Jiao ein Glas Wasser zu trinken gegeben hatte, war sie kurz darauf in tiefen Schlaf gesunken.
    So weit

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