Kein Tod wie der andere
nicht sicher, ob ihm das wirklich gelungen war. Deshalb ergriff er jetzt das Wort: »Frau Sobothy, Sie wollten mich sprechen, wollten mir etwas über Alexander Altmüller erzählen?«
»Ja, das wollte ich.« Sie schaute Buhle an. Er merkte deutlich, dass sie sich nicht mehr sicher schien. Ihre Lippen rollte sie zu einem dünnen roten Strich zusammen. Dann atmete sie tief ein, und es schien, als ob sie einen Entschluss gefasst hätte.
»Sie wissen, dass ich bei RPR arbeite. Es wäre nicht gut, wenn bekannt würde, dass ich hier mit Ihnen gesprochen habe, anstatt das, was ich Ihnen gleich sage, in einer großen Story über den Sender zu schicken.«
Buhle nickte und versuchte ein vertrauenerweckendes Lächeln. »Wenn Sie es wünschen, werde ich Ihre Informationen vertraulich behandeln. Aber meine Kollegen in der Soko muss ich schon darüber unterrichten.«
Die Zungenspitze der jungen Frau spielte über ihre Lippen, dann begann sie zu reden. »Ich kenne Alexander seit gut zwei Jahren. Wir haben uns zunächst häufiger bei Pressekonferenzen gesehen, mal ein paar Worte gewechselt, und das war’s. Als dann die Affäre mit Schilzenbach und den abgegriffenen Daten ins Rollen kam, wurden die Treffen häufiger. Schließlich bekam ich auch den Bitburger Flughafen von der Redaktion zugeteilt, weil Schilzenbach da ja involviert ist. Da bin ich Alexander wieder über den Weg gelaufen.«
Sie nahm einen Schluck Bowle und behielt das kalte Glas in beiden Händen.
»Zuerst haben wir uns nur bei Terminen oder Veranstaltungen gesehen. Vor etwa einem Vierteljahr hat er mich dann gefragt, ob wir uns nicht zu zweit treffen könnten. Es gäbe da ein paar Dinge, über die er sich gerne mit jemandem austauschen würde.« Sie öffnete ihre dunkelblauen Augen etwas, als ob sie damit unterstreichen wollte, dass dies schon außergewöhnlich war, unter Kollegen. »Wir haben uns dann zu einem langen Spaziergang im Meulenwald getroffen. Keinem von uns lag etwas daran, zusammen gesehen zu werden. Es war für mich sehr schnell klar, dass er mich eigentlich warnen wollte. Wahrscheinlich hatte ich vorher bei Pressekonferenzen wieder zu indiskrete Fragen gestellt.«
Buhle musste leise schmunzeln. Dafür war die Radioreporterin schon bis hoch zum Polizeipräsidenten bekannt, ohne dass ihr das einer übel nahm. Er selbst fand ihre Art zumeist sehr sympathisch, außer in Momenten, in denen er selbst ihre Fragen beantworten musste.
»Ja, ich weiß, ich habe Sie auch schon damit genervt.«
Jetzt musste er offen grinsen. »Sie haben mich zwar schon einmal in die Bredouille gebracht, aber eigentlich machen Sie das sehr gut.« Hannah Sobothy antwortete mit einem sehr skeptischen Blick. »Weswegen wollte Alexander Altmüller Sie warnen?«
»Es war wegen des Flughafens. Er meinte, dass da noch ganz andere Kreise in dem Geschäft drinsteckten als dieser luxemburgische Investor Thill und die Kommunalpolitik. Kreise, die es nicht besonders mögen, wenn man ihnen zu sehr auf die Füße tritt.«
»Hat er Ihnen gesagt, wen er damit meinte?«
»Nein, zunächst nicht«, antworte sie, und Buhle hatte den Eindruck, als ob sie wieder deutlich nervöser geworden war. Ihre Finger strichen unaufhörlich über das stetig beschlagene Glas in ihren Händen. »Vor zwei Wochen bat er mich erneut zu einem Treffen. Er sah … entschuldigen Sie, aber er sah zum Kotzen aus. Er hatte dunkle Ringe um den Augen. Seine Haut was blass, seine Wangen eingefallen, sein sonst eher vorteilhafter Dreitagebart war zu einem ungepflegten Gestrüpp verkommen, die Haare waren fettig. Er sah einfach nur fertig aus.«
Ihre Stirn hatte sich in Falten gelegt, und ihre Lippen lagen fest aufeinander. Nach einer Weile sprach sie leise weiter.
»Ich habe dann später erfahren, dass seine Tochter gestorben war. Vielleicht war das der Grund für seinen schlechten Zustand. Darüber hatte er mir aber nichts gesagt. Er wollte mich noch einmal eindringlich wegen des Flughafenprojektes warnen. Ich hatte zwei Tage vorher einen Bericht gesendet und Indizien gebracht, die darauf hindeuteten, dass es Thill wirtschaftlich schlecht ging und er seinen finanziellen Beitrag zur Flughafengesellschaft vielleicht nicht mehr aufbringen könnte. Das hatte natürlich die Politiker auf die Barrikaden gebracht. Doch Alexander meinte, dass es da Hintermänner aus Asien geben würde, die es vermutlich gar nicht lustig fänden, wenn jemand ihren Strohmann öffentlich an den Pranger stellt.«
Wieder machte sie eine
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