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Kein Wort mehr ueber Liebe

Kein Wort mehr ueber Liebe

Titel: Kein Wort mehr ueber Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herve Le Tellier
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können: Deine Art, manchmal zu lachen, Deine englische Art, gelangweilt auszusehen, Dein etwas bitterer Humor, Deine grünen und manchmal grauen Augen, Deine langen, feingliedrigen Hände. Die Spalten
Pro
und
Kontra
hätten sich mit denselben Worten gefüllt, sie hat verstanden, dass das, was sie gestern noch anzog, sie heute abstößt. Dieser beinahe weibliche Charme, der sie verführt hatte, berührt sie heute nicht mehr, denn heute sucht sie Rauheit. Seine schüchterne Art, sie zu streicheln, die sie gestern noch erregen konnte, macht sie heute rasend, denn heute sehnt sie sich nach wilder Lust.
    Auch für ihre Unterschiede hat Louise eine Liste angelegt. Im Kino sucht Romain sich immer einen Platz hinten im Saal aus, während sie selbst lieber nahe an der Leinwand sitzt. Sie haben die Buslinien Nr. 30, 31, 53, 27 und 21 genommen, und Romain hatte dabei unglaubliche Strategien entwickelt, um ihnen zwei Sitzplätze zu sichern. Louise hatte nichts dagegen, stehen zu bleiben. Sie gingen im Franprix einkaufen, im Carrefour, im Monoprix; Romain füllte den Einkaufswagen mit logischem Verstand: nie eine zerquetsche Erdbeere, nieeine zerbröselte Baguette. Das schafft Louise nie. Sie haben sich über das zu hell oder zu dunkel gebackene Brot gestritten, über den Krieg im Irak, der gerechtfertigt war oder auch nicht, über die Farbe, in der das Schlafzimmer gestrichen werden sollte. Jedes Mal gab Romain seufzend nach: Ist nicht wichtig. Louise weiß nicht, was wichtig ist.
    Ja, Louise hat alles aufgelistet. Das ist ihre Art, das Leben zu ordnen.
    An Romains Seite hat sie den Geruch des frisch gemähtem Rasens neben dem großen Bassin im Jardin du Luxembourg genossen, dabei ist sie gegen frisch geschnittene Gräser allergisch. Sie hat die Sirenen der Lastkähne, die unter der Passerelle des Arts hindurchfahren, geliebt und den Wind, der ihren Rock hochhob. Sie, die weder die Kälte noch die Place Blanche erträgt, hat die kühle Luft des sibirischen Tiefs, die eines Morgens über die Place Blanche wehte, geliebt. Ganz oben im Parc des Buttes-Chaumont hat sie das Rosa eines Sonnenuntergangs geliebt, den sie aus zugekniffenen Augen ansah. Sie hat in einem Café in der Rue des Abesses den Geschmack einer zu heißen Schokolade geliebt und ging dabei bis an die Schmerzgrenze der Verbrühung. Das alles hat sie geliebt, und Romain ist da gewesen, bei ihr, in genau dem Moment, da sie ihn geliebt hat. Sie fragt sich, ob sie ihn geliebt hat, weil er da gewesen ist.
    Romain wartet auf sie in einem Bistro in der Rue Montmartre, er trinkt einen Kaffee.
    Von Louise weiß er, dass Bistro auf Russisch »schnell« heißt, dass das französische Wort aus der Besatzungszeit von 1815 stammt, als die russischen Soldaten sich ein Glas bestellten,
bistrot
,
bistrot
, bevor die Offiziere kamen. Romain hat ihrerklärt, dass die Japaner dabei waren, den Kaffee so zu verändern, dass er kein Koffein mehr enthielt (oder mehr Koffein, Louise weiß es nicht mehr). Louise hat ihm beigebracht, dass das älteste Haus von Paris in der Rue de Montmorency steht und dass dort der Alchimist Nicolas Flamel gewohnt hat (oder dort gestorben ist). Romain hat ihr erzählt, dass Mouton-Duvernet ein General und dass Denfert-Rochereau ein Oberst war (oder vielleicht auch umgekehrt). In zehn Jahren haben sie sich viel erzählt; Louise wird nur wenig davon behalten haben und Romain nicht viel mehr.
    Romain wird bereits seinen Kaffee bestellt haben.
    Wahrscheinlich verspürt er eine gewisse Unruhe, ahnt er, dass Louises bereits abwesend klingende Stimme ihre kommende Abwesenheit ankündigt. Zuerst wird er nicht zuhören wollen, dann wird er gewiss wollen, dass Louise ihm sagt, wie sehr sie es bedauert, gehen zu müssen, er wird diesen letzten Moment ausdehnen wollen, wird wollen, dass sich die Zeit wie eine Woge auseinanderzieht, er wird sich wünschen, dass allein schon Louises Worte ausreichen werden, um sie zurückzuhalten, ganz so, ob sie sich, erschrocken über den tiefen Ernst der Rede, die über ihre Lippen kommt, plötzlich nicht mehr in der Lage sähe zu gehen.
    Aber Louise wird die ersten Worte finden, und die folgenden auch. Sie hat für alles eine Lösung, die Kinder, die Wohnung, an alles hat sie gedacht. Er wird sie bitten, ihm eine letzte Chance zu geben, er wird sagen, dass er sich ändern wird, dass alles noch einmal neu anfangen kann. Sie wird ihm sagen, dass es nicht um ihn geht. Sondern um sie.

YVES
    Yves hat wieder angefangen zu schreiben. Er hat

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