Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa
abwarten, was bei diesem Anhörungstermin herauskommt. Sonst hätte ich mich auch
sofort gemeldet.«
Seine Stimme klang wie immer sachlich, wenn auch ein wenig erschöpft.
»Ich habe es mir gedacht.« Ich legte die Zettel mit Marleens Handschrift ordentlich nebeneinander, sodass man jeden lesen
konnte. »Aber hier passiert so einiges. David Bruhn istangekommen, wir treffen uns nachher. Und ich befürchte, dass Guntram Bernd uns auf die Schliche gekommen ist.«
Auf einem Zettel stand der Name »Jurek« mit einem großen Ausrufezeichen, darunter verschiedene Termine. Einer davon war mein
Geburtstag, der andere lag drei Wochen später im Dezember.
»Hat er etwas gesagt?«
»Wer?« Verwundert schob ich den Zettel zur Seite. Was hatte Jurek mit meinem Geburtstag zu tun?
»Guntram Bernd.« Kühlke klang ungeduldig. »Was heißt, er kommt Ihnen auf die Schliche?«
Ich drehte den Schreibtischstuhl und sah aus dem Fenster. »Er recherchiert hier. Von dem Telefongespräch habe ich Ihnen ja
erzählt. Und jetzt hat er meinen Vater nach Marleen gefragt, ob der wüsste, wann sie wiederkommt. Soll ich ihn einfach darauf
ansprechen?«
»Nein.« Der Anwalt überlegte nicht lange. »Ich weiß nicht, in wessen Auftrag er sich umhört, aber er ist kein Journalist.
Reden Sie mit David Bruhn darüber. Vielleicht hat der ihn ja beauftragt. Aber es haben sich noch keine Presseleute bei Ihnen
gemeldet, oder?«
»Nein. Jedenfalls nicht, dass ich wüsste.« Aber vielleicht waren sie auch heimlich hier gewesen. Möglicherweise gab es unter
den Gästen welche. Mir schwirrte der Kopf. Und Kühlke vermochte die Lage offenbar nicht zu verbessern.
»Ich melde mich, sobald ich etwas höre. Und bis dahin machen Sie einfach so weiter. Solange nichts an die Öffentlichkeit dringt,
haben Sie alles richtig gemacht. Also dann, halten Sie die Ohren steif.«
Wir legten auf, und ich starrte aus dem Fenster, bis jemand an der Tür rüttelte.
»Moment.«
Als ich die Tür öffnete, stand Pierre vor mir und sah mich gereizt an.
»Wieso schließt du ab? Ich brauche den Kellerschlüssel, gleich kommt der Getränkelieferant.«
Er ging an mir vorbei zum Schreibtisch und zog die Schublade auf. Mit dem Schlüssel in der Hand drehte er sich zu mir um.
»Und wenn du Jurek siehst, kannst du ihm sagen, er möge seinen Hintern mal in die Bar bewegen. Er hängt den ganzen Tag bei
euch in der Pension rum, das geht mir mittlerweile echt auf den Geist. So viel kann da auch nicht plötzlich kaputtgehen.«
»Hast du schlechte Laune?«
»Nein.« Er ließ sich auf den Schreibtisch sinken, genau auf Marleens Zettel. »Oder doch. Jeder macht hier, was er will. Kein
Mensch hilft in der Bar, dafür trifft sich die halbe Insel drüben in der Küche. Normalerweise sitze ich vor Dienstbeginn in
Ruhe mit Marleen am Tisch, wir essen etwas, trinken einen Kaffee, besprechen alles, was wichtig ist, und danach gehe ich rüber.
Schön entspannt. Aber jetzt kannst du das ja vergessen. Ein Haufen Leute, alle reden, es gibt noch nicht einmal einen freien
Stuhl am Tisch. Und dauernd dieser von Meyer. Ich kriege Krätze, wenn ich den sehe. Der taucht ja wohl jeden Tag hier auf.
Und außerdem …« Er machte eine kurze Pause, dann hob er entschlossen den Kopf und guckte mich verärgert an, »… außerdem habe ich das Gefühl, ihr verschweigt mir etwas. Ich wollte nicht damit anfangen, ich dachte zuerst, es geht mich
nichts an, aber ich befürchte, dass hier etwas im Busch ist. Und ich habe das Recht zu wissen, was los ist. Also?«
Er war richtig sauer. Und ich mochte ihn. Aber ich hatte Stillschweigen gelobt. Andererseits mussten wir ihn sowieso irgendwann
einweihen, spätestens wenn Adelheid und Theda den Betrieb übernehmen sollten. Doch so weit war es ja noch nicht. Ich würde
nachher mit David Bruhn darüber sprechen.
Pierre deutete mein Schweigen falsch. »Ich wollte dich nicht anschreien. Ich werde eben langsam ärgerlich. Nicht nur, dass
dein Vater mich dauernd beobachtet, nein, auch Kalli fragt mich nach privaten Dingen. Hat er noch nie gemacht, dabei haben
wir uns schon öfter gesehen. Jurek wird immer seltsamer, Gisbert von Meyer stellt dämliche Fragen, Gesa und Ines tuscheln.
Also, mir reicht’s.«
»Was wollte Gisbert denn wissen?«
Aufgeschreckt drückte ich die Tür wieder ins Schloss. Im Moment musste ja niemand ins Büro kommen.
»Ob mir etwas Ungewöhnliches aufgefallen ist, wer hier alles so anruft, ob ich
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