Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa
Herne noch auf der Terrasse saß, dann ging ich
in die Küche. Gesa räumte gerade die letzte Spülmaschine aus. Als sie mich sah, breitete sie die Arme aus.
»Fertig. Wir schaffen den Frühstücksdienst beinahe in derselben Zeit wie mit Marleen. Apropos: Hast du heute schon was gehört?«
»Nein, aber ich …«
»Wenn ihr hier fertig seid, kann einer gleich mal den Frühstücksraumsaugen. Aber bitte auch unter den Tischen, da liegen überall Krümel.« Adelheid stellte einen Korb mit sauberen Geschirrhandtüchern
auf den Boden. Dann sah sie sich um. »Wo ist Hans-Jörg?«
Gesa hob die Schultern. »Keine Ahnung. Er war gerade noch hier.«
»Hans-Jörg!« Adelheid brüllte in den Flur, ohne ihre Position viel zu verändern.
»Komme.« Sofort stand er vor uns. »Ich habe die Zwiebelschalen in den Müll gebracht, das riecht ja so doll, ich mag den Geruch
gar nicht, stört euch das nicht? Wir haben im Hotel ein anderes Müllsystem, aber hier ist es …«
»Ja doch. Da stehen Tomaten auf dem Tisch, die kannst du verkochen, das sind die letzten aus meinem Garten. Und jetzt hätte
ich gerne eine Tasse Kaffee.«
»Soll ich euch jetzt Kaffee …?«
»Lass mal, Hans-Jörg.« Ich schob ihn sanft zur Seite. »Fang du bitte mit den Pastasaucen an, Adelheid und Gesa, geht ihr doch
schon mal in den Strandkorb, ich bringe euch den Kaffee raus. Wir müssen kurz noch etwas besprechen.«
»Gut.« Die Königin verließ die Küche, Gesa sah mich irritiert an. Als ich nickte, folgte sie ihr.
Wenige Minuten später balancierte ich das Tablett in den Garten. Adelheid und Gesa saßen einträchtig nebeneinander im Strandkorb.
Adelheid hatte ihren Kopf an die Rückwand gelehnt und die Augen geschlossen. Gesa drehte sich eine Zigarette.
»Kaffee ist fertig«, sagte ich, während ich das Tablett auf den Tisch stellte. Adelheid fuhr hoch, sah erst zu mir und dann
zu Gesa, die gerade das Zigarettenpapier mit der Zunge befeuchtete.
»Was ist das denn?« Sie rappelte sich hoch und umfing Gesas Handgelenk. »Ich glaube es ja wohl nicht! Sag mal, rauchst du
hier jetzt Hasch?«
»Adelheid, bitte!« Gesa befreite sich aus dem Griff. »Das ist ganz normaler Zigarettentabak. Ich habe keine Filterzigaretten
mehr, und manchmal drehe ich selbst.«
»Das ist ekelhaft.« Angewidert schüttelte Adelheid den Kopf. »Du solltest überhaupt nicht rauchen. Widerlich.«
»Es ist gut jetzt. Du bist doch nicht meine Mutter. Danke, Christine, für den Kaffee.« Sie nahm eine Tasse vom Tablett und
stellte sie vor Adelheid. »Bitte schön.«
»Selbst gedrehte Zigaretten«, Adelheid blieb schockiert. »Ich bin froh, dass ich nicht deine Mutter bin.«
»Das ist übrigens ein gutes Stichwort.« Ich bemühte mich um einen neutralen Ton, während ich die Sahne und ein paar Kekse
auf den Tisch stellte. »Meine Mutter kommt heute.«
»Oh!« Gesa verharrte in ihrer Bewegung. »Hierher? Mit Heinz?«
»Sie wohnt bei Kalli und Hanna. Und kommt ohne Heinz.«
»Dann geht’s doch.« Ohne Zweifel hatte Gesa ein schnelles Gehirn und genügend Erinnerungen an den letzten Sommer. Man musste
ihr nicht viel erklären. Adelheid war damals nicht dabei gewesen. »Und was will sie hier?«
»Sie will helfen.« Während ich es aussprach, wurde mir erst die Bedeutung bewusst. »Das könnte auch ein bisschen schwierig
werden.«
»Wieso?« Adelheid sah mich verständnislos an. »Da könnt ihr nur froh sein. Ihr mit eurer Schnapsidee! Also, ich verstehe Marleen
ja immer noch nicht, dass sie sich auf so eine blöde Geschichte eingelassen hat. Für eine alberne Illustrierte. Seid dankbar,
wenn deine Mutter sich noch opfert. Die Küche kriegt ihr doch nie allein hin. Und zu Hans-Jörg sage ich jetzt mal nichts.
Ihr habt mich ja nicht gefragt. Du steckst das Ding doch wohl nicht an!« Sie pustete das Streichholz aus, das Gesa angezündet
hatte. »Willst du mich umbringen? Mit diesem Gestank.«
»Meine Mutter ist nicht unbedingt eine große Hilfe in derKüche«, begann ich vorsichtig meine Erklärung, die aber durch meine Schwester unterbrochen wurde. Sie kam mit einer Zeitung
in der Hand auf uns zu.
»Guckt mal«, sagte sie und blätterte die ›Inselzeitung‹ an der richtigen Stelle auf. »Wie findet ihr das?«
Über eine Viertelseite lachte uns meine eindeutig angetrunkene Schwester entgegen. Sie hatte eine alberne Mütze auf dem Kopf,
hielt ein Bier in die Kamera und hatte Pierre untergehakt. Der machte einen Kussmund und hatte
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