Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa
wegkönnen.«
»Das können wir erledigen.« Heinz blickte von mir zu Hanna und wieder zurück. »Kalli und ich wissen sowieso nicht, was wir
jetzt tun sollen. Gib mir mal Geld und einen Einkaufszettel, dann gehen wir sofort los.«
»Nehmt die Räder, damit ihr schneller wieder hier seid.« Meine Mutter reichte Heinz einen Einkaufskorb und die Geldbörse.
»Der Zettel ist drin. Denkt dran: guckt richtig hin, nicht dass die euch so gammeliges Gemüse andrehen.«
Mein Vater schwang den Korb. »Als ob das jemand wagen würde. Ich schaue mir die Waren beim Einkaufen immer genau an.«
»Aber bitte nicht so lange.« Hanna öffnete das Fenster und rief: »Kalli, hol die Räder, ihr fahrt schnell zum Supermarkt.«
Ich trat unauffällig den Rückzug an und machte mich auf die Suche nach Gesa und Ines.
Sie saßen im Strandkorb und teilten sich eine Zigarette. Ich zog mir einen Hocker näher heran und fragte: »Für welchen Notfall
ist die?«
»Eleonore Stehler.« Meine Schwester blies einen Rauchkringel in die Luft. »Die hat wirklich einen Knall. Sie hat mich auch
noch mal angesprochen. Angeblich hätte ich ihren Freund angebaggert. Als wenn …«
»Darüber reden wir später«, unterbrach ich sie und nahm ihr die Zigarette aus der Hand. »Wir haben ein viel größeresProblem. Lasst uns mal zu Gesa nach Hause gehen, ich will hier draußen nicht damit anfangen.«
»Was ist denn los?« Gesa wartete, bis ich gezogen und ihr die Zigarette zurückgegeben hatte. »Mach es doch nicht so spannend.«
»Erzähle ich alles gleich. Nur nicht hier. Ihr geht vor, ich komme nach. Und passt auf, dass Adelheid nicht mitbekommt, wo
wir sind.«
Später saßen Ines und Gesa regungslos vor mir und rangen nach Luft und Worten. Eine Zeitlang schwiegen wir vor uns hin, dann
sagte Gesa: »Und jetzt sollen wir das alles noch weiterspinnen? Das ist nicht dein Ernst.«
»Doch.« Das Geschehen hatte nichts von seinem Schrecken verloren, ich hatte mich nur langsam an die Tatsache gewöhnt, dass
wir ein riesiges Problem hatten. »Es gibt keine andere Möglichkeit. Die einzige Hoffnung besteht darin, dass sich die Sache
als Missverständnis entpuppt und Marleen und Björn schnell ausgewiesen werden. Aber bis dahin müssen wir so tun, als gäbe
es einen ganz banalen Grund, weshalb Marleen ihren Urlaub verlängert hat.«
Meine Schwester sah mich skeptisch an. »Glaubst du wirklich, dass es ein Missverständnis ist? So etwas kann man doch nicht
falsch verstehen. Oder sich ausdenken. Und warum auch?«
»Was weiß ich?« Unwirsch winkte ich ab. »Marleen würde sich nicht so verhalten. Sie ist keine zwanzig mehr. Ich bin mir sicher,
dass es eine andere Erklärung gibt.«
»Das denkst du ja nur, weil du selbst so kontrolliert bist und dir so etwas nie passieren würde. Vielleicht ist Marleen da
ganz anders.«
»Was hat das denn mit mir zu tun? Außerdem weißt du doch gar nicht, was ich …«
»Mädels, bitte.« Gesa fiel mir ungeduldig ins Wort. »Dasspielt überhaupt keine Rolle. Was machen wir jetzt? Und vor allen Dingen: Was machen wir, wenn die ganze Geschichte länger
dauert? Ich muss Anfang Oktober wieder in Oldenburg sein, dann enden die Semesterferien. Das sind noch zweieinhalb Wochen.
Wie lange könnt ihr bleiben?«
»Ich habe bis zum 28. Urlaub, also noch eine Woche.« Ines überlegte kurz. »Verlängern kann ich nicht. Aber Christine kann bleiben. Oder?«
Auf einmal waren die Umstände, keinen richtigen Job, keine schöne Wohnung und keinen Mann zu Hause zu haben, hilfreich. »Natürlich
kann ich bleiben. Aber ich schaffe das doch nicht allein.«
»Aber Charlotte, Heinz, Hanna …«
»Heinz und Charlotte.« Ich sah Gesa lange an. »Das glaubst du ja wohl selbst nicht, dass das länger als zwei Wochen gut geht?
Mein Vater ist gestern erst angekommen, warte mal ab, bis der sich warmgelaufen hat. Ich rechne stündlich mit einem seiner
Alleingänge. Denk mal an den letzten Sommer, da hättest du ihn auch erschlagen können. Und wenn ich meine Mutter und Hanna
ohne Hans-Jörg kochen lasse, kommt das Gesundheitsamt. Und er hat auch nur drei Wochen Urlaub.«
»Aber das ist ein Notfall. Und sie haben Zeit.«
»Vergiss es.« Ines schlug sich auf meine Seite. »Dann schließen wir die Pension lieber. Das ist wahrscheinlich die einzige
Lösung. Solange wir hier sind, machen wir weiter wie bisher und an meinem letzten Tag reden wir mit Adelheid. Vielleicht könnte
sie ja den
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