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Keine Angst vor Anakondas

Keine Angst vor Anakondas

Titel: Keine Angst vor Anakondas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Dirksen
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direkte Nachfahre der Actinistia, die sich im Devon für ein zurückgezogenes Leben in der Abgeschiedenheit der Meerestiefen entschieden hatten. Dennoch ist Latimeria von der Bedeutung her vergleichbar mit dem Urvogel Archaeopterix. In dem fleischigen Flossenansatz dieser Urzeitfische ist bereits die Knochenanordnung vorhanden, aus der sich später die Arm- und Beinknochen der Landwirbeltiere entwickelten. Ohne Luftatmung kein Landgang, die Quastenflosser des Devons besaßen bereits Lungen. Als Atmungsorgan spielen die Lungen der heute lebenden Quastenflosser allerdings keine Rolle mehr; sie haben sich im Laufe der Jahrmillionen in Fettspeicher umgewandelt.
    Der südafrikanische Professor Smith wollte dann unbedingt weitere Quastenflosser zu Forschungszwecken haben und ließ Steckbriefe an der Ostküste Afrikas verteilen. Wie für einen Schwerverbrecher im Wilden Westen wurde eine Belohnung von 100 Dollar auf ihn ausgesetzt. Erst 1952, 14 Jahre nach dem ersten Fund, hatte er indes mit seinen Steckbriefen Erfolg. Er erfuhr, dass es einen weiteren Fang vor der Inselgruppe der Komoren, die vor der Südostküste Afrikas im Indischen Ozean liegt, gegeben hatte. Später zeigte sich, dass sich hier das Hauptvorkommen der Quastenflosser befindet. Den Fisch musste Smith dann nach Südafrika einschmuggeln lassen, da die Komoren französisches Hoheitsgebiet waren. Der Coup gelang und in Südafrika erlangte der Fischprofessor den Status eines Nationalhelden.
    1952 war Hans Fricke elf Jahre alt und lebte Tausende Kilometer vom Schauplatz entfernt. Der Junge war fasziniert von den Berichten über das lebende Fossil. Die Quastenflosser gingen ihm nicht mehr aus dem Sinn. Es war, als wenn einer dieser Fische fortwährend in sein Ohr wisperte: »Komm zu uns!« Und dann war es geschehen: Hans Fricke setzte sich in den Kopf, ein neues Treffen, ein denkwürdiges Wiedersehen zwischen den Nachfahren beider Fischgruppen zu arrangieren. Er machte es sich zur Lebensaufgabe, als Urururenkel des Fisches, der das Land erobert hatte, die Urururenkel des Fisches, der damals Kopfschmerzen bekam und sich in die Tiefe verzogen hatte, in ihrer Unterwasserwelt aufzuspüren, zu filmen und zu erforschen. Die Sache hatte nur einen Haken: Da die Urururenkel aus der Tiefe nicht nach oben kamen, musste Hans Fricke zu ihnen hinunter. Aber wie sollte er zu ihnen gelangen? Und wo genau lebten sie in der unergründlichen, finsteren Tiefe des Indischen Ozeans?
Die Vision des Hans Fricke
    Wenn man an einem großen Fluss geboren wird, dann bekommt man fast zwangsläufig die Liebe zum Wasser in die Wiege gelegt. Bei Hans Fricke war das nicht anders, als er 1941 in Schönebeck an der Elbe auf die Welt kam. Der Meeresbiologe wollte schon als Kind ein »Fischmensch« sein und die verborgene Unterwasserwelt erobern. Sein unbändiger Forscher- und Entdeckerdrang ließ ihm keine Ruhe. Am liebsten hätte er sich wohl Kiemen wachsen lassen. Seine ersten Erfahrungen unter Wasser sammelte er in gefluteten Steinbrüchen und Kiesgruben. Der Junge war kreativ und findig: Eine alte Gasmaske aus Kriegszeiten diente als Taucherbrille, über einen Gartenschlauch pumpte ein Freund Luft in seine Lungen. Er hatte Glück, dass es in seinen ersten Sturm- und Drangjahren zu keinem tragischen Unfall kam.
    Nach dem Abitur verließ Hans Fricke seine Heimat an der Elbe und machte nach Westberlin rüber. Er jobbte zunächst, bis das Geld reichte, um zu seinem persönlichen Mekka zu pilgern: Das Rote Meer brannte in seiner Seele. Ihn lockte das glasklare Wasser mit all den tropischen Fischen und der Farbenpracht der Korallen. Während seines Zoologiestudiums lernte er den späteren Nobelpreisträger Konrad Lorenz am Max-Planck-Institut in Seewiesen kennen. Und die Begegnungen mit dem berühmten Verhaltensforscher feuerten seine Begeisterung für die Lebensweise der Fische nur noch mehr an. Später leitete er vier Jahre lang die Unterwasserstation Neritika , einen Koloss von 26 Tonnen, an deren Bau er maßgeblich mitgewirkt hatte. Über 100 Forscher und Besucher beherbergte die Station in dieser Zeit.
    Neben seiner Arbeit fand Hans Fricke Muße, sich seinem Kindheitstraum zu widmen: der Suche nach dem Quastenflosser! Sein Wunsch, den urtümlichen Fisch zu erforschen und zu filmen, nahm immer mehr Konturen an. Die Idee ließ ihn nicht mehr los. Er war regelrecht besessen. Wann immer möglich, verwickelte er seine Kollegen und Freunde in Gespräche über das Mysterium Quastenflosser: der Urfisch,

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