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Keine Angst vor Anakondas

Keine Angst vor Anakondas

Titel: Keine Angst vor Anakondas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Dirksen
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den noch nie ein Mensch zuvor in seinem Lebensraum gesehen hat. Sein Familienglück wurde auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Er investierte nicht nur all sein privates Geld in das Projekt. Er verbrachte auch lange Zeit im Ausland. Seine Frau blieb bangend alleine mit den Kindern zurück. Sie hatte Grund zur Sorge. Bis heute kamen mindestens drei Taucher auf der Suche nach den Quastenflossern ums Leben.
    Fricke war bereits 1969 und 1975 nach Madagaskar und zu den Komoren gereist. Hier waren vereinzelt Quastenflosser geangelt worden. Für seine Jagd nach dem Urfisch riskierte er viel – mit normalem Tauchgerät stieg er in gefährliche Tiefen ab. Doch das Glück blieb aus. Kein Quastenflosser ließ sich blicken. Ein schwacher Trost, dass er mit dieser Enttäuschung nicht allein war: Zu gerne hätte auch der Meeresforscher und Filmemacher Jacques-Yves Cousteau den Ruhm eingeheimst. Zweimal versuchte es der berühmte Franzose vor den Komoren, vergeblich.
    Von den einheimischen Fischern wusste Hans Fricke, dass die Urviecher in rund 200 Metern Tiefe mit Schnur und Haken gefangen worden waren. Bis in diese Tiefe konnte er mit normalem Tauchgerät nicht hinunter. Vielleicht war es ja der Astronaut und Mondveteran Edwin Aldrin, einer seiner Besucher in der Unterwasserstation Neritika , der ihm dann einen entscheidenden Impuls versetzt hatte, um über ein Fortbewegungsmittel nachzudenken, mit dem er zu den Quastis, wie er sie liebevoll zu nennen pflegte, aufbrechen könnte. Er brauchte keine Rakete und keine Raumfähre. Für ihn kam nur ein Tauchboot infrage.
Yellow submarine
    Hans Fricke nahm also Kontakt zu U-Boot- und Tauchbootherstellern auf – Tauchboote dienen übrigens zivilen Zwecken, der Begriff U-Boot ist ausschließlich den tauchenden Booten der Marine vorbehalten. Das Ergebnis seiner Recherche: Ernüchterung. Die Preise waren entweder astronomisch hoch oder die Boote für seinen Zweck ungeeignet. Auch plagte Fricke Klaustrophobie, sodass er sich ein möglichst geräumiges Tauchboot wünschte. Er baute sich sogar eine Tauchbootattrappe aus Pappe und Papier, um sein eigenes minimales Bedürfnis nach Raum herauszufinden und das Arbeiten in engen Räumen zu trainieren.
    Im September 1979 bekam er erstmals die Gelegenheit, in ein echtes Tauchboot einzusteigen. Jacques Piccard, der im Marianengraben 10 916 Meter tief getaucht war und bis heute diesen Tiefenrekord hält, nahm ihn mit zum Genfer See. 120 Meter tief ließen sie sich sinken, dann hatten sie den Grund erreicht. Hans Fricke schaffte es, seine Klaustrophobie im Hinterstübchen seiner Gedanken unter Verschluss zu halten. Er war begeistert von den Möglichkeiten, die diese Art Gefährt bot. Die Tauchfahrt löste in ihm einen weiteren Schub aus, es mit einem Tauchboot bei den Komoren zu versuchen. Er musste die Quastenflosser finden!
    Blieb nur noch die Frage nach der Finanzierung. Fricke machte sich auf die Suche nach Sponsoren. Er bekam einen Anruf von dem Journalisten Rolf Winter, dem Chefredakteur der Zeitschrift GEO . Mit ihm traf er sich beim Italiener. Nicht nur über das leckere Essen war man sich schnell einig, sondern auch über eine Zusammenarbeit beim Quastenflosser-Projekt. Die Zeitschrift würde die GEO , wie das Tauchboot heißen sollte, als Hauptsponsor finanzieren. Schon einmal hatte das Magazin Hans Fricke finanziell unterstützt, als die Tauchstation Neritika gebaut wurde. Er bedankte sich dann mit Artikeln und Fotos für die Zeitschrift. Auch dieses Mal sollte GEO als Gegenleistung für das zur Verfügung gestellte Geld die Exklusivrechte an Frickes Bericht über seine Abenteuer und Ergebnisse bekommen. Eine mutige Entscheidung des Chefredakteurs: Immerhin gab es keine Garantie, dass der Urfisch gefunden werden würde!
    Die finanziellen Hürden waren damit genommen. 1981 dann – ein erster Drucktest. Noch nicht in südlichen Gefilden, aber immerhin in 255 Metern Tiefe im Bodensee. Alles verlief prima! Dann wurde die GEO , die einen knallgelben Anstrich bekommen hatte, in ein paar Alpenseen, im Roten Meer und dann vor Bermuda eingesetzt. Bei starkem Wellengang war es immer eine heikle Angelegenheit, die am Ladekran des Schiffes Weather Bird hängende GEO ins Wasser zu lassen. Enorme Kräfte strapazierten das Material bis an die Grenzen. Nur vier Wochen nachdem die GEO am Haken gehangen hatte, riss sich bei einem ganz anderen Einsatz der Kran los und versank auf Nimmerwiedersehen samt seiner Ladung 6 000 Meter tief in der Saragossasee.

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