Keine Angst vor Anakondas
ebenbürtiger Gegner hat zu drohen, sich aufzuplustern, Krallen zu zeigen oder mit dem Schnabel zu hacken. Freddy fragt sich ernsthaft, ob die Vögel nicht eine Meise haben. Immerhin, sie verströmen einen intensiven Vogelgeruch. Bei jeder Begegnung bisher lief Freddy deswegen das Wasser im Maul zusammen. Er ist sich jetzt sicher: Die Grünlinge riechen nach einer besonders fetten Beute. Er beschließt, gleich einen Angriff zu wagen. Er schleicht sich auf leisen Pfoten näher an den ausgespähten Grünling heran, um sich von hinten auf ihn zu stürzen.
Doch dann steigt ihm ein anderer unwiderstehlicher Duft in seine Nase, der eine leckere Mahlzeit verheißt. Da, in einer kleinen Höhle im Gebüsch, sieht er einen Napf mit undefinierbarem Inhalt. Schnuppernd nähert er sich. Er ist misstrauisch und schaut in die Runde. Die Luft scheint rein zu sein. Er wird sich erst einmal anschauen, wie frisch das Zeug in dem Napf ist, denkt er sich. Sein Hunger ist gewaltig und treibt ihn voran. Kurz vor dem Napf verfängt sich ein feiner Nylonfaden in seiner linken vorderen Pfote. Rumms! Hinter der Katze saust schwirrend eine Falltür durch die Luft und schlägt krachend auf.
Freddy erschrickt, kreischt, macht einen Buckel, sucht einen Ausweg. Aber es gibt keinen Ausweg. Die Falle ist zugeschnappt. Sein Inselleben ist damit vorbei. Er war der Letzte seiner Art auf diesem Stück Land mit dem hübschen Namen Maud Island. Freddy wird später auf dem Festland in eine nette Familie vermittelt werden. Dort wird er »Freddy the Cat« getauft werden und schon nach kurzer Zeit wegen der vorzüglichen Fütterungen handzahm sein. Hier verliert sich sein weiterer Lebensweg. Zu Recht. Denn dies ist nicht die Geschichte vom streunenden Kater Freddy. Nein, dies ist die Geschichte der Grünlinge …
Flossie
Zur selben Zeit ein paar Meter weiter: Flossie dreht sich um und starrt in die Richtung, aus der das Fauchen und Jaulen der Katze kommt. Sie versteht nicht, was die damit bezwecken will. Flossie versteht vieles nicht, aber das stört sie nicht weiter. Sie erinnert sich daran, dass sie vor Kurzem von dieser Katze angefaucht wurde. Verwundert hatte sie sich das flegelhafte Benehmen angeschaut, sich jedoch nichts weiter dabei gedacht. Freundlich hatte sie etwas gegluckst, was aber die Katze bedauerlicherweise nicht zu einer freundlichen Reaktion animierte.
Flossie wandert aufopferungsvoll weiter durch die mondhelle Nacht. Sie hat jetzt keine Zeit dafür, sich um die Katze Gedanken zu machen. Drei kleine Mäuler muss sie stopfen, die ständig um Futter betteln. Flossie darf nicht zu lange von ihren Jungen fernbleiben, weil die ansonsten unterkühlen würden. Es ist eine Gratwanderung, das beste Futter herbeischaffen zu wollen und gleichzeitig die Küken wärmen zu müssen. Küken großzuziehen ist schon eine anstrengende Angelegenheit, denkt sie bei sich, während sie einen Fuß vor den anderen setzt.
Flossie ist ein Papagei, genauer gesagt ein Kakapo. Mit rund 60 Zentimetern ist sie ungefähr so groß wie unser heimischer Uhu. Die etwas größeren Männchen werden bis zu vier Kilogramm schwer. Glückwunsch! Der Rekord der größten und schwersten Papageien geht an sie. Und Flossie hat noch mehr mit Eulen gemeinsam: Die Weisheit haben sie aber nicht mit Löffeln gefressen, wie noch zu sehen sein wird. Kakapos werden Eulenpapageien genannt, weil ihr helles Gesicht eulenartig wirkt. Eule mit flauschigen Federn lautet die Übersetzung ihres Artnamens Strigops habroptila . Sie sind jedoch nicht nur flauschig, sondern in ihrer unbekümmerten Lebensart auch betörend liebreizend, sodass man sie am liebsten knuddeln möchte. Wenn Sie die Kakapos tatsächlich eines Tages herzen wollen, sollten Sie jedoch zwei Dinge bedenken: Zum einen gibt es weniger Exemplare als zwei Anakondas Zähne im Maul haben. Zum anderen leben sie ausgerechnet auf einer Inselgruppe, die sich in der geologischen Vergangenheit immer weiter von Europa entfernt hat. Ihre Heimat ist Neuseeland.
Neuseeland auf Abwegen
Völlig losgelöst von den anderen Kontinenten dümpelt Neuseeland wie ein Geisterschiff im Ozean vor sich hin. Es hat Australien weit hinter sich gelassen. Vor rund 85 Millionen Jahren befand sich der Superkontinent Gondwana in heller Aufregung: Riesige Landmassen lösten sich und kehrten dem Superkontinent den Rücken. Das kleine Neuseeland verfolgte gespannt, wie die Kontinente auseinanderbrachen. Dann geriet es selbst in den Strudel der Ereignisse und fasste den
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