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Keine Angst vor Anakondas

Keine Angst vor Anakondas

Titel: Keine Angst vor Anakondas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Dirksen
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der Quastenflosser bei ihnen erzeugt hatte.

4
Inselschicksale

03:47 Uhr
    »Es erscheint wie ein Wunder, dass die Quastenflosser so unglaublich lange ihre ursprüngliche Form bewahren konnten«, kommentiere ich.
    »Aber nur, weil sich da unten im Meer nicht viel verändert. Was dort wohl noch alles lebt?«, sinniert Jörg laut.
    »Es gibt noch viel zu entdecken. Wenn es doch nur leichter wäre, in diese Welt vorzudringen. Ich finde es bewundernswert, mit welcher Beharrlichkeit Hans Fricke sich auf die Suche nach den Quastis gemacht hat. Und das trotz klaustrophobischer Anfälle!«
    »Klaustrophobische Anfälle, hm, kann man die eigentlich auch bekommen, wenn man zu lange im Dschungel ist?«, will Jörg plötzlich wissen.
    »Wieso?«
    »Ich glaube, ich habe einen Urwaldkoller.«
    »Davon habe ich noch nichts bemerkt.«
    »Grün!«, betont Jörg. »Ich sehe nur noch Grün, das macht mich kirre.«
    Besorgt leuchte ich ihn mit meiner Stirnlampe an. »Wie meinst du das?«
    »Ist dir schon mal aufgefallen, dass uns jeden Tag zwei hohe grüne Wände jede Sicht versperren?«
    »Aber Jörg, das Grün der Wälder ist doch Balsam für unsere geschundenen Winterseelen!« Wir hatten Ende Februar den deutschen Winter zurückgelassen.
    »Das fand ich ja anfangs auch, aber allmählich geht mir das Dauergrün auf den Geist. Jetzt verstehe ich viel besser, warum Abenteurer früherer Jahrhunderte den Dschungel als Grüne Hölle bezeichnet haben. Um wie viel intensiver muss ihnen das Grün noch zugesetzt haben, wenn sie monatelang ohne jede Technik tief in den Dschungel vordrangen.«
    »Ich glaube, das lag eher an so was wie Hitze, Krankheiten, Moskitos, feindlichen Indianern und so weiter. Jetzt werde mir mal nicht zum Grünling!«, flachse ich.
    »Grünling …«, spricht Jörg mir gedehnt nach.
    Ich sehe ihm an, dass er grübelt. Mein Freund wird doch jetzt nicht beleidigt sein, hoffe ich insgeheim.
    »Grünling«, wiederholt Jörg, dann endlich liefert er eine Erklärung: »Ich kenne Grünlinge! Hast du schon mal etwas von dem Grünling Flossie gehört?«
Freddy
    Sein gepflegtes Fell schimmert leicht im Mondlicht. Die grau-weißen Tigerstreifen verschwimmen im Halbdunkel der Sträucher. Auf leisen Pfoten schleicht er durchs Gelände. Freddy liebt die Freiheit über alles. Er ist ein erfolgreicher Jäger, seine Krallen sind immer gewetzt. Kulinarische Almosen benötigt er keine. Allen Annäherungen und Lockungen widersteht er erfolgreich. Sich zähmen zu lassen verbietet ihm sein Stolz.
    Seit ein paar Monaten ist dem Kater Freddy zum Lachen zumute. Und dabei wähnt er sich in guter Gesellschaft. Es kommt ihm so vor, als müsste selbst die Insel losbrüllen, deren Boden tatsächlich von schleifenden Federn gekitzelt wird. Freddy ist sich sicher: Seit die Insel sich aus den Fluten des Pazifiks erhoben hat, gab es hier noch nie einen besseren Grund, um sich kaputtzulachen. Seine Heiterkeit wird von den neuen Bewohnern der Insel hervorgerufen: große, plumpe Grünlinge.
    So etwas Merkwürdiges hat er noch nie gesehen. Die Grünlinge haben Federn. Aber das ist auch schon das Einzige, was normal aussieht an ihnen. Der Rest: alles, außer gewöhnlich! Die neuen Bewohner watscheln tollpatschig kilometerweit durch die Gegend. Freddy findet, das sieht zum Schießen komisch aus. Wenn Enten ein wenig am Ufer entlangwatscheln, so denkt Freddy, ist das ganz in Ordnung. Ab und zu stellt er ihnen nach. Doch was die neuen grünen Inselbewohner veranstalten, verunsichert Freddy. Wie die Grünlinge da unterwegs sind, das kommt ihm vor, als würden Frösche zu traben beginnen oder Flusspferde zu tänzeln.
    Schon seit Stunden folgt er einem der neuen Bewohner seiner Insel: Heute würde er zur Tat schreiten, heute würde er sich den komischen Vogel vorknöpfen. Bisher hat er es gescheut, einen Grünling anzugreifen. Immerhin sind die um die drei Kilogramm schwer und haben einen kräftigen Schnabel. Doch jetzt, wo ihn der Hunger quält, bekommen die Grünlinge für ihn eine neue Bedeutung. Zwei Mal schon hat er sich den Einzelgängern genähert und sie angefaucht. Er wollte sie aus der Reserve locken, um zu schauen, wie wehrhaft die komischen Kerle sind. Verprügelt will er ja nun nicht werden. Verwundert hat Freddy dabei zur Kenntnis nehmen müssen, dass ihn die komischen Vögel nur enervierend angestarrt haben. Außer einem Glucksen haben sie nicht reagiert. Freddy war verwirrt zurückgewichen. Eine Beute hat sich zu wehren – oder zu fliehen. Ein

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