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Keine Angst vor Anakondas

Keine Angst vor Anakondas

Titel: Keine Angst vor Anakondas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Dirksen
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Entschluss, sein eigenes Ding zu drehen. Der Boden bebte und Vulkane spien feurig ihre Glut in die Luft, als der kleine Ausreißer sich aufmachte, um das große Abenteuer zu wagen. Die tektonische Wanderung durch den Ozean hatte für Neuseeland Konsequenzen: Es zerbrach in zwei große Hauptinseln, umgeben von mehr als 700 kleinen Inselchen. Vielleicht hätte sich Neuseeland besser über die Klimabedingungen informieren sollen, als es nach Osten abdriftete. Leicht verschnupft muss es jetzt hinnehmen, dass es an etwa 200 Tagen im Jahr regnet. Doch kein Nachteil ohne einen Vorteil: Neuseeland ist ganzjährig mit üppigem Grün gesegnet. Fernab von allen anderen Landmassen entwickelte sich darob während einer sehr langen Zeitspanne eine eigene Fauna und Flora. Allein 85 Prozent der Pflanzenarten kommen nur in Neuseeland vor. Ein einzigartiges Ökosystem war entstanden. Keine Frage: Als biologisches Experiment ist Neuseeland ein voller Erfolg – und Flossie mittendrin.
    Neuseeland schaffte es gerade noch rechtzeitig, sich aus dem Staub zu machen, bevor die Säugetiere die Inseln in ihren Besitz nehmen konnten. Viele Millionen Jahre waren sie dort vollkommen unbekannt. Wale und Delfine tauchten zwar vor den Inseln auf und erhaschten schon einmal einen Blick auf die Küsten dieses Geheimlabors. Für diese fuß- und beinlosen Säuger gilt allerdings: Landgang ausgeschlossen. Dennoch droht Neuseeland Gefahr aus dem Wasser. Seelöwen, See-Elefanten und Seebären entdeckten die grünen Inseln und okkupierten zahlreiche Küstenregionen. Ein Trauma für die neuseeländischen Pinguine, da die Seelöwen sich mit Vorliebe Pinguine schmecken lassen. Wie gut, dass die Robben dem Meer treu geblieben sind, denn sie würden andere flugunfähige Vögel sicher nicht verschmähen. So kann Flossie weiter sicher durch die Nacht watscheln. Nur drei verwehte Fledermausarten infizierten das Inland mit Säugetieren. Den Flattertieren kommt indes nur Beobachterstatus zu – lediglich fliegende Krabbler werden gejagt.
    Ein riesiges losgelöstes Ökolabor war also entstanden, das von der Besiedlung mit Säugetieren weitestgehend verschont blieb. Und es kam noch besser! Um das Experiment um eine kräftige Portion Kreativität und Dramatik zu erweitern, öffnete sich vor 65 Millionen Jahren der Himmel, und ein riesiger Meteorit donnerte auf die Erde. Feuerstürme und Tsunamis vernichteten die Dinosaurier sowie andere große Reptilien. Eventuell in Neuseeland ansässige Krokos wurden fortgespült. Schlangen sind seitdem ebenfalls Fehlanzeige, wenn es sie denn vorher überhaupt auf Neuseeland gab. Flossie und die anderen Grünlinge können sich glücklich schätzen, dass die in allen tropischen Ozeanen vertretenen Seeschlangen bis heute keine Tendenz zur Landeroberung zeigen. Die neuseeländischen Reptilien sind klein und für Flossie nicht von Bedeutung. Die immerhin bis zu 75 Zentimeter langen urtümlichen Brückenechsen wiederum haben es nur auf Insekten abgesehen.
    Die Regel besagt, dass sich früher oder später räuberische Arten entwickeln, die sich über die anderen erheben. Sie sind stärker, größer und aggressiver als der Rest. Löwen, Haie und Eisbären sind solche Siegertypen. Neuseeland flüchtete jedoch, bevor sich die typischen Vertreter der Macht ansiedelten. 85 Millionen Jahre sind eine lange Zeit, in der das Land diese eigentümliche Ruhe genoss. Mehr als genug Zeit, um neue Herrscher zu etablieren, um das Innere nach außen zu stülpen oder, sachlich formuliert, Körperbau und Größe stark zu verändern. Vor 65 Millionen Jahren waren die Säugetiere noch nicht einmal so groß wie Marder. Aus dem Opossum ähnlichen frühen Säugetieren haben sich Klopper wie Mammut oder Flusspferd entwickelt. Und in Neuseeland? Tja, was soll man da sagen?! Wie wär’s mit: Dornröschenschlaf. Auf diesem Experimentierfeld der Natur war Platz für außergewöhnliche Sonderanfertigungen, wie sie sich auf den Kontinenten so nicht entwickeln konnten.
Für immer Zwerge
    Es ist wirklich verwunderlich, dass keine der vorhandenen Tierarten die Situation ausgenutzt und sich zum Herrscher emporgeschwungen hat. Das wäre doch eine ideale Gelegenheit für räuberische Insekten gewesen, sich an die Spitze der Nahrungskette zu setzen. Räuber und Fleischfresser gibt es genug unter diesen sechsbeinigen Krabblern. Aber Insekten haben ein Problem: Sie sind klein, und so leid es mir für sie tut, sie werden klein bleiben. Größer als ausgestorbene Libellen, die

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