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Keine Angst

Keine Angst

Titel: Keine Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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unerträglich fern, solange ich sie nicht anschauen und mit meinem Geist berühren durfte, und ich wurde fast verrückt darüber.
    Ich versuchte mich auf der Liege zu entspannen, aber meine Gedanken rasten um die eine einzige Frage nach Marens Verbleib. Spielte sie ein neues Spiel? Ihre Nähe kribbelte auf meiner Haut, sie konnte gar nicht weit sein. Warum blieb sie mir dann verborgen? Was plante sie?
    Unmutig stürzte ich mich in den Pool und schwamm ein paar Bahnen, um die Spannung abzubauen.
     
    Die Welt war nicht in Ordnung ohne Maren. Nichts war in Ordnung.
    Nichts war in Ordnung.
    Nichts war in Ordnung.
    Nichts ist in Ordnung.
    Nichts ist in Ordnung.
    Nichts ist.
    Nichts.
    Nichts.
18. März 1997
    Die Ärzte sagen, ich befinde mich auf dem Weg der Besserung.
    Pah!
    Ich habe sie ins Labyrinth der Listen geführt, um sie meiner Gefügigkeit zu versichern. Sie haben so armselige Vorstellungen von geistiger Gesundheit. Ich frage mich, was für ein Leben solche Menschen führen, kaum, daß ich mich meines Ekels über ihre Unempfänglichkeit zu erwehren weiß. Ihr sensuales Spektrum ist rudimentärer als das einer Schnecke. Sie sind bepanzert mit Ignoranz!
    Wußten Sie überhaupt, daß Schnecken zu den sexuell empfänglichsten und höchstsensibilisierten Tieren der Welt gehören? Nur Polypen empfinden noch mehr Spaß beim Bumsen. Ehrlich! Ganz ohne Quatsch! Der Orgasmus einer Krake schlägt alles Dagewesene. Das ist erwiesen. Verdammt, ich muß das wissen. Ich bin Akademiker. Ich muß alles wissen. Ich hatte Zugang zur Metaphysik! Jawoll, meine Herrn, so haben wir es gern!!! I’ve been beyond the wall of sleep! Ich …
    Pssst.
    Nicht zu laut. Sie hören zu. Sie geben mir immer noch weiße Pillen. Ich fletsche brav die Zähne und sage ihnen, daß ich mich weitaus besser fühle. Bald schon werde ich mein Studium wieder aufnehmen können. Sie nicken mit den Köpfen und sehen einander an.
    Ich glaube, die haben mich wirklich gern.
    Und sie sind weit davon entfernt, mich für verrückt zu halten!
    Wo waren wir stehengeblieben?
    Ach ja. Beim Schmerz.
    Ich konnte sie nicht finden, und das schmerzte! Ich liebte Maren so sehr! So abgrundtief. So schwarz und rot und heiß! So sehr, so sehr.
    Sollte ich an der Bar nach ihr fragen? Aber unser Spiel hatte sich immer wortlos vollzogen. Niemand verdiente es, miteinbezogen zu werden. Nicht der leiseste Verdacht sollte auf Maren und mich fallen. Unsere Liebe war hermetisch. Keine Fragen. Nur Antworten.
    Ich beschloß, den zweiten Gang in die Dampfsauna zu verlegen. Waren Sie je in einer Dampfsauna? Ein feuchtwarmer Uterus, um sich darin zusammenzukauern, daß nur noch der Daumen im Mund fehlt. Man sieht wenig und erahnt um so mehr. Wäre es dunkler, käme es dem pränatalen Effekt noch mehr zugute, aber auch so ist die Dampfsauna ein Ort ohne Zeit und Ziel, ein einziges Sein. Alles und jedermann gerät zur Phantasmagone. Die Schwaden schlucken und gebären Andeutungen einer Welt, die a posteriori da sein müßte, aber wer will das beweisen, und viel eher ist man bereit zu akzeptieren, daß man sich selber träumt und alles geschehen kann, was die Vorstellungskraft hergibt.
    Es war die Stunde vor Mitternacht.
    Außer mir saß niemand in der Sauna. Ich nahm auf einer der Kunststoffbänke Platz, preßte den Rücken gegen die Wand und schloß die Augen.
    An der Decke kondensiertes Wasser klatschte in heißen, dicken Tropfen auf mich herunter.
    Wenn das Gehirn erwärmt wird, dehnt es sich aus, und die Wahrnehmungsfähigkeit erweitert sich. Das ist natürlich grober Unfug, aber mir gefällt die Idee, also lassen wir sie gelten.
    Ich hörte das Rauschen der Tür.
    Unwillig öffnete ich die Augen, um zu sehen, wer sich da erdreistete, mich in meiner schmerzvollen Beschaulichkeit zu stören. Ich gewahrte den Umriß einer Frau. Wie gesagt, man erkennt nicht viel, und es kommt auch schon mal vor, daß man Männlein für Weiblein hält, aber hier bestand kein Zweifel. Zudem wurde der Dunst im selben Augenblick durchlässiger, und ich erkannte, wer da eingetreten war.
    Aber nicht das war es, was mein Herz packte und einmal herumdrehte.
    Es war das Fließen von Energie!
    Der Raum lud sich blitzartig auf, als habe jedes Atom um mich herum seine Ladung verdreifacht. Maren kam auf mich zu. Nie zuvor hatte ich sie nackt gesehen, und selbst jetzt, da aus den versteckten Düsen rechts und links neuer heißer Dampf schoß, blieb sie schemenhaft. Aber ich sah ihre Augen brennen in dem weißen Oval des

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