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Keine Angst

Keine Angst

Titel: Keine Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Wohnzimmerdiwans, ein böses Lamm, und läßt drei Tage vergehen, bevor sie sich endlich dazu entschließen kann, jemanden anzurufen, der jemanden kennt.
    Für das Treffen hält Marios Trattoria in der Lütticher Straße her. Der zu Kennende ist ein Rattengesicht mit Wiener Akzent und will zwei Riesen für den Job. Sie möchte ihm den Barbaresco am liebsten aus der Hand schlagen, der auf ihre Kosten seinen Adamsapfel in Bewegung hält, so fürchterlich ist ihr die Tatsache seiner Bekanntschaft, aber statt dessen hört sie sich Worte der Zustimmung sagen, ruhig wie ein wasserner Spiegel, und ihr schöner, kultivierter Kopf vermeidet zum Zeichen des Einverständnisses jegliches mißbilligende Schütteln.
    Rattengesicht hält nicht viel von Warten. Ihm doch egal, ob Krick zu Hause ist. Und wenn! Und wenn dreimal zu Hause und wach wie der verdammte Hahn am Morgen! Das Bild ist so gut wie geklaut, Madame, Schmiergrinsen kostenlos dazu, aber der erste Tausender möge dem Schöngeist bitt’schön eine Ouvertüre sein, der zweite dann nach Lieferung, die allerdings schon morgen in der Früh.
    Rautenbach schiebt ihm das Geld rüber. Sie vereinbaren, daß Rattengesicht um acht vor der Galerie sein wird, wenn die Straßen noch leer sind. Sie beschreibt ihm das Bild so gut sie kann und merkt, wie ihre Worte am Relief der Pinselstriche abgleiten. Aber der Neumarkt ist der Neumarkt bleibt der Neumarkt. Rattengesicht soll keine Expertise verfassen, er soll das Ding von der Wand nehmen.
    Die Nacht über liegt sie wach, während Schatten die Zimmerdecke entlangwandern, der alte Schlafzimmer-schrank zu einem Ungeheuer wird und sich die Matratze in ein Ameisennest verwandelt.
    Um sieben hält sie es nicht mehr aus. Durch das Blau der Morgendämmerung lenkt sie den 911er zur Galerie, parkt und wartet im Wagen.
    Um acht ist niemand zu sehen.
    Um viertel nach acht wird sie ärgerlich und nimmt sich vor, dem Arsch die Meinung zu sagen.
    Um viertel vor neun steigt sie aus und schließt auf. Ihr Herz drängt zwischen den Rippen nach draußen.
    Um zehn öffnet sie, schweißnaß.
    Der Tag schleicht sich davon. Zwölf Stunden später sitzt sie in ihrem Reich über den Dächern und überlegt, was schiefgegangen ist. Der, den sie kennt, hat von dem, den er kennt, auch nichts gehört. Rattengesicht ist verschwunden. Womöglich abgehauen mit dem Tausender, wie man das eigentlich wissen müßte aus jedem Fernsehkrimi, – wenn man denn mal welche gucken würde.
    Das Gefühl, verarscht worden zu sein, läßt Rautenbachs Wut auf Krick ins Maßlose wachsen. Den ganzen Abend über brutzelt sie in ihrem Zorn. Krick hat sie beleidigt. Krick hat nein gesagt. Er war rauh zu ihr, ihr Ego hat sich an ihm wundgescheuert. Wie unanständig von ihm! Was erwartet denn der Mann? Soll sie angekrochen kommen und winseln, damit er Flaschen nach ihr schmeißen und sie ein weiteres Mal rausjagen kann in die Namenlosigkeit, wo alle Köter an dieselben Bäume pinkeln? Diese … Kreatur!
    Dann schlägt ihr Zorn um in Kälte. Die Kälte geprägten Silbers. Pah! Jeder hat seinen Preis. Auch Krick. Irgendeine Summe wird es geben, eine hübsche tintenblaue Anordnung von Nullen mit einer Zahl davor, auf die der Bastard gewartet hat. Muß! Wenn er dann immer noch nein sagt, wird sie seiner monströsen Überheblichkeit ein Salieri sein. Hat Einfluß, Rautenbach, viel Macht! Aber besser das Bild. Sie will es, und sie weiß auch, daß sie es bekommen wird. Bild oder Blut. So oder so.
    Ausgestattet mit den Insignien des Seelenkaufs, schwer von Entschlossenheit und Single Malt, fährt sie ein weiteres Mal in den Schlund des Bahnhofsviertels, wo die Stadt ihren schlechten Atem durch die Straßen wehen läßt, schellt Sturm und dringt, als niemand öffnet, ein wie Gift. Die schwere Eisentür zum Keller war nur angelehnt, typisch Krick! – wie arrogant in einer Welt der Schlösser und Alarmanlagen! Von unten hämmert ihr der Punk entgegen. Düster der Abstieg. Sie betritt das Atelier, wirft einen Blick in die Seitenhöhle, aus der das Radio dröhnt, und sieht Krick besudelt daliegen auf seiner scheckigen Matratze, Maul röchelweit auf, ganz offensichtlich delirierend. Neben ihm diverse umgestürzte Bierflaschen, Pfützen, Undefinierbares. Rautenbach tänzelt angewidert zu ihm hin, um ihn zu wecken, wachzuschlagen, hier, dein Scheck, du bist gekauft!
    Und hält inne.
    Wecken, wozu? Warum nicht tun, was Rattengesicht versäumte? Krick wird nichts merken. Wenige Meter rüberschleichen,

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