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Keine E-Mail fuer Dich

Keine E-Mail fuer Dich

Titel: Keine E-Mail fuer Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Kuehne
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noch keine Krankheit, es ist eher ein Alarmsignal, dass man keinen »echten« sozialen Anschluss findet. Vor allem Menschen, die sehr von der Meinung anderer abhängig sind, sind besonders gefährdet, sich einsam zu fühlen. Für diese bietet Facebook die perfekte Plattform, da sie dort ständig Bestätigung durch andere erfahren können. Eine Spirale, aus der viele nicht herauskommen, denn die Einsamkeit verstärkt sich selbst mehr und mehr durch soziale Isolation und Rückzug von realen Kontakten. Sie beeinträchtigt das Denken und Fühlen und auch das Einfühlungsvermögen. Es entsteht eine verzerrte Wahrnehmung auf andere. Einsame Menschen haben wenige bis gar keine echten Freunde und treten anderen sehr misstrauisch und reserviert gegenüber. Sie wirken sehr pessimistisch, neigen zu einem starken Vermeidungsverhalten und nächtlichem Grübelzwang. Dieses subjektive Einsamkeitsempfinden ist in unserem digitalen Zeitalter auf dem Vormarsch. Daher weichen viele auf unverbindliche Internetkontakte aus, auf die man sich nicht wirklich einlassen muss, und sammeln Facebook-Freunde. Es ist ein Mittel zum Zweck, um eine innere Leere zu kompensieren, basierend auf der Angst vor Nähe. Einerseits brauchen wir Nähe, andererseits schützen wir uns vor ihr, da Beziehungen in unserer schnelllebigen Welt eine unsichere Sache geworden sind. Aber virtuelle Kontakte können niemals den realen menschlichen Kontakt ersetzen!
    Ein geeignetes Medikament gegen Einsamkeit gibt es nur bedingt. Indem ich anderen meine Aufmerksamkeit gebe, entsteht ein neuer positiver Kreislauf, denn nicht umsonst gibt es das schöne Sprichwort »Wie es in den Wald hineinschallt, so hallt es heraus«.
    Anderen Menschen Aufmerksamkeit zu schenken, dazu sind heutzutage viele nicht mehr in der Lage, sie sind gefangen in ihrer verzerrten Wahrnehmung und ihren dysfunktionalen Verhaltensweisen. Eine veränderte Einstellung und Verhaltensänderung brauchen Zeit, Geduld und Motivation.
    Häufiges Surfen geht mit größerer Einsamkeit und geringerer Lebenszufriedenheit einher. Auch wenn Menschen vermehrt im Netz per Chat, E-Mail oder Skype kommunizieren, steigt das Einsamkeitsgefühl an. Aber zu welchem Zweck halten wir uns dann in Netzwerken auf?
    Wir knüpfen Netze, welche unausgesprochenen Regeln gehorchen. Wir versprechen uns davon eine Verbesserung unserer Position. Nicht umsonst werden berufliche Netzwerke wie Xing oder LinkedIn genutzt. Schon früh haben wir gelernt, dass »Vitamin B« wichtig ist, und im Studium wird uns eingebläut, dass ohne Netzwerke heute nichts mehr geht. Sogar Seminare und Bücher werden zu diesem Thema angeboten. Im Normalfall, außerhalb der virtuellen Welt, ist Networking ziemlich anstrengend: Man muss sich mit Leuten treffen und unterhalten, die einen nicht wirklich interessieren. Einfacher und schneller ist es, mit einem Klick via Xing Kontakt aufzunehmen. Aber wozu eigentlich? Diese Menschen werde ich in der Realität wahrscheinlich nie treffen. Ich würde sie Freunden auch nicht für einen Job vorschlagen, da ich sie ja nicht persönlich kenne. Die Frage nach Sinn und Unsinn von »Networking« kam mir schon des Öfteren in den Sinn.
    Kontakte auf Distanz, Unverbindlichkeit, Nutzenorientierung und absolute Abgeklärtheit sind heute die Gradmesser von Erfolg. Unser zwischenmenschlicher Umgang ist pragmatisch geworden. War man früher ein Opportunist, war dies schon fast ein Schimpfwort. Heute ist jemand, der nach seinem persönlichen Vorteil handelt, Normalität. Allerdings nennen wir es nun flexibel, anpassungsfähig, teamfähig sein. Der moderne Mensch ist ein Opportunist, der seine Möglichkeiten maximal nutzt. Der Mensch funktioniert nun betriebswirtschaftlich und schämt sich nicht dafür. Schlechte Laune zu zeigen oder öffentlich zu jammern, ist dagegen ein No-go. Lieber den »I like«-Button drücken und versuchen, gute Laune zu verbreiten, lieber etwas Witziges posten, in der Hoffnung, möglichst viele drücken den kleinen blauen hochgestreckten Daumen. Wie zeitsparend, man muss sich nicht selbst artikulieren und Gedankengänge verfassen. Pragmatismus pur und in seiner reinsten Form. Der Mensch als Marktteilnehmer, immer bereit, »Ja« zu sagen. Das hat die Interaktion mit unserer Umwelt verändert. Statements und Status zu verkünden, ist eine neue alltägliche Kommunikationsform geworden, die allerdings nicht in einem echten Dialog mündet, sondern eher in einer Aneinanderreihung von Bewertungen. Fotos von sich selbst

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