Keine E-Mail fuer Dich
in verschiedenen Outfits zu posten, Fotos von unserem Essen oder unserer Wohnung, ist heute ganz normal. Man teilt Nostalgie (»Unser Weihnachtsbraten, genauso wie früher bei Muttern«) und Ästhetik (»Wie gefällt euch mein neues Outfit? Im Sale unheimlich günstig erstanden … «). Jemandem zu gefallen fühlt sich gut an. In dem Fall ist es allerdings etwas zu virtuell, als dass es sich echt anfühlen könnte. Also muss wieder etwas Neues her, womit ich mich öffentlich brüsten kann. Wir stoßen auf immer mehr öffentlichen Narzissmus, »The show must go on«.
NEUER VOLKSSPORT CYBERMOBBING UND ONLINE-STALKING
I n Deutschland gelangte Anfang der 1990er-Jahre das Phänomen Mobbing in die Öffentlichkeit. Es wurde bekannt, dass einzelne Personen vor allem am Arbeitsplatz oder in Gruppen schikaniert oder ausgestoßen werden. Diese Tatsache gab es allerdings auch schon vorher, denn jeder erinnert sich sicherlich an seine eigene Schulzeit. Dort gab es immer jemanden, der geärgert oder gehänselt wurde. Eine systematische Betrachtung gab es allerdings erst nach der Benennung dieses Phänomens. Diese geht auf skandinavische Arbeiten zurück, die in den 1970er-Jahren Schikanen unter Schulkindern beschrieben, zunächst unter dem Begriff »mobning« (von »der Mob«), danach unter dem angelsächsischen Begriff »bullying« (»bully« = brutaler Kerl). Bis heute wurde Mobbing in vielen Altersgruppen, Zusammenhängen und Kulturen nachgewiesen. Mobbing zeichnet sich durch eine vorsätzliche Schädigungsabsicht und ein großes Stärkeungleichgewicht aus. Angriffe können körperlich oder verbal sein oder sich um die Manipulation von Beziehungen drehen. Letzteres wird eher von Menschen weiblichen Geschlechts ausgeübt. Direkte (körperliche) Formen des Mobbings finden sich hauptsächlich beim männlichen Geschlecht. Verbale Formen nehmen bei beiden Geschlechtern mit zunehmendem Alter zu.
Fast jeder kann sich mindestens an eine Situation in seinem Leben erinnern, in der er sich gemobbt fühlte, meist in Alltagssituationen. Jedoch kann man hier nicht von systematischem Mobbing sprechen, d. h., bei den meisten erstreckt sich Mobbing im Alltag nicht über einen längeren Zeitraum. Dies ist nur bei 5 Prozent der Fall, die Betroffenen müssen lange sehr viel Leid über sich ergehen lassen.
Schwache, unsichere oder »andersartige« Menschen werden leichter Mobbing-Opfer, ebenso körperlich weniger entwickelte, weniger starke oder unsportliche Menschen mit wenig Selbstbewusstsein. Dies bestätigt sich im Alltag und auch im Internet. Diese »typischen« Opfer fallen durch Rückzug oder depressive Verstimmtheit auf, noch bevor sie angegriffen werden. Depressive Reaktionen werden dann durch Mobbing noch verstärkt.
Bereits zur ersten Bezugsperson, der Mutter, hat ein Mobbing-Opfer meist eine unsichere, aber auch ambivalente Beziehung erlebt. Bei schwierigen Situationen hat das Opfer als Kind zwar den Schutz der Mutter gesucht, diesen Schutz aber nicht bekommen und sich resigniert abgewendet. Den Müttern standen offensichtlich keine effizienten Methoden zur Verfügung, um ihren Kindern beizustehen, dies verstärkte die unsicher-ambivalente Beziehung zwischen beiden.
Mütter von weiblichen Opfern waren meist übergriffig, fordernd oder offen feindselig. Sie zeigten wenig Sensibilität und keinen Respekt für kindliche Bedürfnisse. Männliche Opfer erlebten Mütter eher übervorsichtig und einschränkend. Diese Erziehungsmethoden überschneiden sich mit der Entwicklung geschlechtsangemessener Kompetenzen, bei Mädchen mit der Entwicklung von Gemeinsinn und bei Jungen mit der Entwicklung von Autonomie.
Zusammenfassend kann man sagen, dass ungünstige Sozialisierungsbedingungen das Mobbing-Risiko erhöhen. Zudem spielen weitere Faktoren, z. B. der Status innerhalb einer Gruppe, eine wichtige Rolle. Die Wahrscheinlichkeit von Mobbing ist geringer, wenn ein Mensch mindestens einen Freund in einer Gruppe hat, z. B. ein Kind einen Spielgefährten in der Klasse, ein Arbeitnehmer einen wohlgesonnenen Arbeitskollegen im Büro.
Daneben gibt es einen zweiten, aber selteneren Opfer-Typ, dieser ist aggressiv und provozierend. Er hat Schwierigkeiten, seine Gefühle zu regulieren, ist unruhig, leicht irritierbar, jähzornig und unfähig zur Selbstkontrolle. Auch dieser Opfer-Typ erlebte bereits früh Feindseligkeiten, harte Bestrafungen, Einschränkungen, Gewalt oder Missbrauch.
Personen, die andere mobben, hatten ebenfalls keine idealen
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