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Keine Gnade

Keine Gnade

Titel: Keine Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Annechino
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Richter lehnte sich vor und schaute Al eindringlich an. »Also wollen Sie mir erzählen, dass dieser Verrückte, der meine Tochter brutal ermordet hat, vielleicht niemals seiner gerechten Strafe zugeführt wird? Er kann einfach weiter die Töchter von anderen ermorden?«
    Â»Ich versuche bloß darauf hinzuweisen, dass wir zu diesem Zeitpunkt nur wenig wichtiges Beweismaterial haben.«
    Â»Was brauchen Sie von uns, Detective?«, fragte der Rich ­ter. »Was können wir tun, um sicherzustellen, dass Sie dieses Monster schnappen?«
    Das war genau die Eröffnung, auf die er gehofft hatte. »Richter Foster, Sie haben so viele Jahre Erfahrung auf der Richterbank, und Sie haben unzählige Fälle verhandelt, in denen uns forensisches Beweismaterial geholfen hat, Hunderte von Kriminellen wegzusperren. Selbst wenn es eine Waffe gibt und Fingerabdrücke, selbst wenn Augenzeugen da sind, so gibt es doch immer noch die Möglichkeit, sich zu irren. Aber rechtsmedizinisches Beweismaterial lässt keinen subjektiven Spielraum zu, denn es geht dabei um Wissenschaft, und Jurys vertrauen der Wissenschaft.«
    Al verstummte, denn nun hatte er sein überzeugendstes Argument vorgebracht, und er blickte zwischen dem Richter und Katherine Foster hin und her.
    Â»Was wollen Sie uns damit sagen, Detective?«, fragte der Richter. »Versteckt sich in dem, was Sie uns vorgetragen haben, irgendwo eine Frage oder ein Wunsch?«
    Â»Wenn wir das Monster finden wollen, das Ihre Tochter ermordet hat, dann müssen wir eine gründliche Autopsie durchführen.«
    Der Richter stand auf und drohte Al mit dem Finger. »Sie müssen mir nichts über den Wert von Autopsien erzählen. Aber es ist ganz anders, wenn es sich um einen Fremden handelt. Ich möchte meiner Tochter die wenige Würde, die ihr noch geblieben ist, bewahren. Sie ist kein Labortier oder nur eine Leiche, Detective. Sie ist unsere Tochter !«
    Â»Ich respektiere Ihre Auffassung, Richter. Und bitte glauben Sie mir, dass es mir nicht zusteht, Sie unter Druck zu setzen oder zu versuchen, Ihre Einwilligung zu etwas zu bekommen, bei dem Sie sich unwohl fühlen. Aber ich muss Ihnen sagen, dass eine vorläufige Untersuchung Ihrer Tochter den Schluss zulässt, dass der Täter Spuren hinterlassen hat, die direkt zu ihm führen könnten. Er war nachlässig, und der einzige Weg, von diesen Fehlern zu profitieren, ist eine Autopsie. Ich weiß, wie untröstlich Ihre Frau und Sie sind, Richter. Sie haben mein ganzes Mitgefühl, aber ich versuche nur, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird und andere Eltern nicht dasselbe erleiden müssen wie Sie beide. Ich will, dass dieser Irre für den Rest seines jämmerlichen Lebens hinter Gitter kommt.«
    Richter Foster sah seine Frau an, seine Lippen waren zusammengepresst und seine Augen glasig. Katherine nickte kaum wahrnehmbar. »Okay, Detective«, sagte der Richter. »Das ist völlig gegen unseren Willen, aber Sie haben mein Einverständnis zur Durchführung einer Autopsie. Aber seien Sie gewarnt. Wenn das die Ermittlung nicht voranbringt und Sie ihren Mörder nicht finden, machen Sie sich schon mal auf beruflichen Selbstmord gefasst.«

6     Julian hatte immer noch alle Einzelheiten seiner Versuche an Genevieve vor Augen. Und obwohl die Daten, die er gewonnen hatte, ihn seinem großen Ziel näher brachten, verfolgte ihn immer noch der tiefe moralische Konflikt, in dem er stand. Er war durch quälende Selbstvorwürfe gegangen, hatte sorgfältig zwischen Rechtmäßigkeit und Selbstherrlichkeit abgewogen und klammerte sich an das ­Zitat, das nun sein Gewissen darstellte: »Das Wohl der Allgemeinheit ist wichtiger als das Wohl des Einzelnen.«
    Trotzdem hatten diese tröstlichen Worte nach ihrem Tod ihre Wirkung verloren, und so musste er noch tiefer in seiner Psyche nach moralischer Rechtfertigung für seine Taten suchen. Damals im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg war jeder gefallene Soldat im Dienst des großen Ganzen gestorben. Wären sie das nicht, könnte Amerika immer noch unter britischer Herrschaft stehen. Im Irak und in Afgha­nistan hat jeder Soldat sein Leben für jeden Amerikaner aufs Spiel gesetzt. Und im Vietnamkrieg waren die meisten der 50 000 Gefallenen in die Streitkräfte eingezogen worden und hatten keine andere Wahl gehabt, als für die Allgemeinheit zu sterben. War

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