Keine große Affäre
Lachs,
Spargelmousse, Parmaschinken, Hühnchen, zwei Schweinepasteten und verschiedene
Käsesorten. Es gab kalifornischen und italienischen Salat, Baguettes und kleine
weiche Kornbrötchen. Es gab Erdbeeren, Sahne, tarte au citron und
Schokoladenbaiser. Es gab belgische Pralinen, Florentiner, frische Pfirsiche
und Kirschen, Champagner, frischgepreßten Blutorangensaft und eine Flasche
Limonade ohne Kohlensäure.
»Oh«, sagte Ginger und heuchelte
Enttäuschung, als sie zu den Serviettenpackungen ganz unten im Korb vordrang.
»Und keine Sandwiches?«
»Warum bist du mir aus dem Weg
gegangen?« fragte Charlie sie und lehnte sich ins hohe Gras zurück, nachdem sie
eine Zeitlang im Essen herumgestochert hatten.
»Am liebsten mag Guy die
Zitronentörtchenfüllung...«, bemerkte Ginger.
»Du sprichst also auch nicht mit mir?«
fragte Charlie.
»Wie kommst du darauf?« antwortete
Ginger und sah ihn an.
»Na ja, ich denke, das hat was damit
zu tun, daß du nicht auf meine Anrufe reagiert hast...«
»Ist es dir nie in den Sinn gekommen,
daß ich vielleicht traurig sein könnte und mit niemandem reden will?« fragte
sie.
»Doch, deshalb habe ich ja angerufen,
um zu sehen, ob es dir gut geht«, sagte er geduldig.
»Du bist plötzlich so aufmerksam.« Ihr
Singsangtonfall war sarkastisch.
»Gott, hast du heute üble Laune«,
sagte er, pflückte einen Grashalm und kaute darauf herum.
»Na, dann verpiß dich doch. Ich hab
dich nicht gebeten zu kommen.«
»Was ist eigentlich in dich gefahren?«
Er setzte sich abrupt auf.
»Mein Vater ist gestorben, das Kind
meiner besten Freundin ist fast gestorben...«
»Ich weiß. Das weiß ich alles, aber
was hat das mit mir zu tun?«
»Manche Dinge haben überhaupt nichts
mit dir zu tun, Charlie. Ich weiß, daß das ein Schock für dein Ego ist,
aber...«
»Das ist nicht fair«, sagte er
verärgert.
»Okay. Stimmt. Tut mir leid.« Sie tat
so, als würde sie mit Guy spielen.
»Was ist denn dann das Problem?«
fragte er freundlicher.
»Ach weißt du, Beziehungen sind
einfach riskant, und im Moment kann ich damit nicht umgehen. Okay? Deshalb will
ich keine Beziehung, okay?« Sie schwieg ein paar Minuten, und dann platzte sie
heraus: »Ich habe gesehen, wie Lias Mann eine andere Frau geküßt hat. Ich hab
gesehen, wie der Scheißkerl mit Alison rumgeknutscht hat, die angeblich unsere
Freundin ist. Ich hab’s mit eigenen Augen gesehen. Ich will nicht, daß mir
sowas passiert...« Sie hielt inne und fragte sich, wieso sie ihm etwas
erzählte, das sie bisher niemand anderem erzählt hatte, nicht einmal Pic.
»Aber das wird dir nicht passieren.
Nicht mit mir. Ich verspreche es«, sagte Charlie zu ihr. Er versuchte, den Arm
um ihre Schulter zu legen, aber sie ließ es nicht zu.
»Oh nein, mit dir nicht, Charlie. Nicht
mit dem guten, alten Charlie. Mr. Verläßlich, dem Mann, der dir das Gehirn
rausvögelt und dann nie mehr anruft, neun... Fast ein Jahr nicht.«
Er wirkte schockiert darüber, daß sie
den One-Night-Stand ansprach. Das Thema hatten sie bislang vermieden.
»Ist das der Grund für all das hier?«
fragte er ungläubig. »Aber ich hab dich doch damals nicht mal gekannt! Meine
Güte, Ginger, du warst hinter einem Job her! Dein Vorspiel bestand darin, mir
Programmideen ins Ohr zu flüstern, und das war auch sehr nett, aber ich hab
dich nicht grad dazu gezwungen, oder?« sagte er, und seine Augen glitzerten vor
Anspielungen.
»Du kannst mich mal, Charlie«, sagte
Ginger zu ihm, stand müde auf und bückte sich nach Guy. »Auf sowas kann ich im
Moment verzichten.«
Sie ging weg.
»Ich fahre dich«, sagte er, warf
Päckchen in den Korb, hörte dann damit auf und rannte hinter ihr her.
Widerwillig nahm sie das Angebot an,
und sie fuhren schweigend zurück zu ihrer Wohnung. Sie bat ihn nicht herein.
Mit Guy auf der Hüfte sah sie seinem lächerlichen
Auto nach. Dann seufzte sie und sagte: »Tja, mein Liebling, ich fürchte, deinen
Daddy sehen wir nie wieder.«
»Du trägst meine Kette!« bemerkte
Stephen, als Alison ihre Jacke über die Stuhllehne hängte. Der Diamant funkelte
dezent und verlieh ihrem schlichten, ärmellosen, schwarzen Top Eleganz. Besorgt
registrierte er, wie dünn ihre Arme waren.
»Ja«, sagte sie, fingerte nervös an
dem Diamanten herum und nahm die handgeschriebene Speisekarte. »Na, jetzt haben
wir es endlich geschafft«, bemerkte sie. »Das ist seit Bens Geburt das erste
Mal, daß wir hier sind.«
»Wirklich?« fragte Stephen. »Es kommt
mir
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