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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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vor, als wäre es erst gestern gewesen.«
    »Ehrlich? Mir, als wäre es schon Jahre
her.«
    Sie fragte sich, ob das River Café für
diese Gelegenheit der geeignetste Ort war. Es war ein schöner Abend, aber die
Luft war immer noch kühl. Deshalb hatten sie sich entschlossen, drinnen zu
sitzen. Es war laut, offen und zwanglos, und das bedeutete, daß niemand einen
beachtete. Das war genau das, was sie wollte. Es wäre unmöglich gewesen, das,
was sie zu sagen hatte, in einem Restaurant mit rosa Stoffservietten zu sagen,
die kegelförmig gefaltet waren, mit überfreundlichen, aufdringlichen Kellnern
und mit einem Kellermeister, der leise und ehrfürchtig über die Weinauswahl
sprach.
    Sie bestellten und lächelten sich an.
Sie freuten sich auf das einfache, rustikale Essen in diesem hellen, stilvollen
Freßtempel. Am Nebentisch saß ein Filmstar, für den Alison insgeheim schwärmte,
mit seiner Frau, die ebenfalls Schauspielerin war. Zu jeder anderen Gelegenheit
hätte sie sich angestrengt, mitzubekommen, worüber sie sprachen, damit sie am
nächsten Tag Ramona Bericht erstatten konnte, daß sie entweder überzeugt war,
die Gerüchte über ihre Ehe stimmten, oder daß er auf keinen Fall schwul sein
konnte. Aber als die Kellnerin ihnen die Vorspeise brachte, bemerkte sie, daß
sie nicht einmal darauf geachtet hatte, was das berühmte Paar aß. Sie deutete
mit dem Kopf auf den Nachbartisch, falls Stephen es noch nicht gesehen hatte.
    »Was denn?« fragte er, sah sofort zu
ihnen herüber, erweckte aber nicht den Anschein, sie zu kennen.
    »Nicht so wichtig«, sagte sie und
versuchte, ein Kichern zu unterdrücken. Viele Frauen hätten einen Wochenlohn
dafür gegeben, auf seinem Stuhl zu sitzen, und er hatte nicht den blässesten
Schimmer, daß er neben Berühmtheiten saß. Sie spürte, wie eine Welle von
Zuneigung ihren Körper durchflutete, und versuchte sie festzuhalten, wie ein
Video im Kopf, falls es das letzte Mal war, daß sie es spüren durfte. Was sie
zu sagen hatte, konnte nicht mehr warten. Doch wenn sie es gesagt hatte, würde
ihr Leben sich unwiderruflich verändern.
    »Ich glaube, ich brauche einen
Tapetenwechsel«, fing sie an.
    »Ja, wollen wir irgendwohin fahren, wo
es schön ist?« Stephen sprang sofort an, voll Eifer zu zeigen, daß auch er sich
Gedanken über den Urlaub gemacht hatte. Sie warf ihm oft vor, solche Dinge auf
sie abzuwälzen. »Ich habe überlegt, ob wir uns vielleicht was in der Toskana
mieten könnten. Glaubst du, man könnte ein Kindermädchen bitten, mit in den
Urlaub zu fahren, so daß du dich auch wirklich erholen kannst, oder ist das
nicht drin? Ihren Anspruch auf Urlaub würde sie dadurch natürlich nicht
verlieren...«, dachte Stephen laut nach.
    »Ich meinte einen Tapetenwechsel in
größerem Rahmen«, informierte Alison ihn. Ihre Nervosität ließ sie schroff
klingen. »Ich habe mich gefragt, ob du noch Aussichten auf den Lehrstuhl in New
York hast...?«
    Er konnte seine Überraschung nicht
verbergen. »Nun, ja, ich glaube schon«, sagte er unsicher.
    »Willst du immer noch dorthin?« fragte
sie. Sie bombardierte ihn mit Fragen wie eine Interviewerin.
    »Nicht ohne dich«, sagte er.
    Es konnte nicht länger warten. Nicht
bis nach der Vorspeise, und erst recht nicht bis nach dem Essen. Sie war es
immer wieder im Kopf durchgegangen, aber für das, was sie sagen wollte, würde
es nie den richtigen Moment geben.
    »Stephen, ich muß dir etwas sagen. Hör
bitte zu und unterbrich mich nicht, sonst bringe ich es vielleicht nicht über
die Lippen...« Sie klang wie eine Lehrerin, dachte sie verzweifelt. So hatte
sie es sich nicht vorgestellt.
    Er nickte. Er spürte, daß etwas von
großer Tragweite folgen würde. Seine violetten Augen waren Seen der Angst.
    »Als ich siebzehn war, hatte ich eine
Abtreibung«, sagte sie ruhig.
    Sie blickte auf und sah ihn an. Er
hörte nur zu. Sein Blick zeigte keine Mißbilligung. Ärzte beherrschten diesen
neutralen Blick sehr gut.
    »Ich glaube, deshalb fiel es mir
anfangs so schwer, eine Beziehung zu Ben zu entwickeln«, fuhr sie fort. »Als
ich auf natürlichem Wege nicht schwanger werden konnte, dachte ein Teil von
mir, es wäre die Strafe dafür, was ich getan hatte, und dann, als wir es mit
fremder Hilfe geschafft haben, dachte ich, es wäre nicht richtig. Daß ich es
nicht verdiente oder so...«
    Wieder blickte sie auf. Sie sah, daß
er gegen das Bedürfnis ankämpfte, sie zu trösten, weil er wußte, daß sie das
nicht wollte.
    »Als ich Ben

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