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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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plötzlich, wie schrecklich es wäre,
wenn seine Befürchtungen sich bewahrheiteten, das Flugzeug abstürzte und sie
ihn nie wiedersehen würde. Wie schrecklich wäre es, wenn das letzte Bild, das
er von ihr hatte, ihr Rücken wäre. Sie rannte in den Flur und riß die Haustür
auf, aber das Taxi war schon am Ende der Straße, und sie sah Stephen
kerzengerade auf dem Rücksitz sitzen. Er hatte sich nicht umgedreht, um zu
winken.
     
    Neil beobachtete, wie Lia auf dem
Grill Lammkoteletts wendete. Das Fett spritzte, und sie trat schnell einen
Schritt zurück. Auf dem weißen Plastiktisch neben ihr war für zwei Personen
gedeckt. Eine Schüssel voll Salat und ein Korb mit geschnittenem Baguette
standen bereit. Die Nelken, die er ihr gekauft hatte, waren angeschnitten und
in einer großen Glasvase arrangiert. Im Vergleich zu den zarten Farbtönen des
Gartens wirkten die gelben, roten und rosafarbenen Blüten irgendwie fehl am
Platz, wie Plastikblumen in einem teuren Strauß.
    Er versuchte sich zu erinnern, warum
er in die Küche gegangen war. Bier. Er öffnete den Kühlschrank, um nach kalten
Büchsen zu suchen, und nahm einen Viererpack Stella Artois heraus. Manchmal
fand er es seltsam, daß jemand anders für ihn einkaufte und an die Sachen dachte,
die er mochte, wahrscheinlich besser als er selbst. Supermärkte überwältigten
ihn einfach. Er hatte entweder das Gefühl, daß er aus jedem Regal etwas kaufen
mußte, oder er wäre am liebsten ohne irgend etwas wieder herausgestürzt. Er
hatte über die Jahre mit mehreren Frauen zusammengelebt, aber keine von ihnen
hatte für ihn eingekauft oder das Haus wohnlich gemacht. Vielleicht hatten sie
sich nicht getraut, etwas zu verändern, aus Angst, daß er etwas gegen ihre
Nestbauinstinkte hätte.
    Neil lächelte, als er daran dachte,
wie übel er jeden behandelt hatte, der versuchte, ihm nahezukommen, bis zu dem
Tag, als er Lia entdeckt hatte, die wie eine gestrandete Meerjungfrau auf der
Veranda einer portugiesischen Strandbar gesessen hatte. Sie war die schönste Frau,
die er je gesehen hatte, mit ihrem langen, weichen Haar und ihrer Haut, die
nach Salz schmeckte. Sie hatte einen seltsamen Zauber auf ihn ausgeübt. Durch
sie war er plötzlich voll Liebe, leidenschaftlich in seinem Verlangen nach ihr,
und trotzdem der Welt freundlich gesonnen. Er hatte sie mit nach Hause
genommen, wie ein Fischer, der mit einem Schatz zurückkehrt, und sie hatte sein
Haus in dem einen Jahr vollkommen umgemodelt. Sie hatte den harten, männlichen
Ort, der nur zum Schlafen und Vögeln taugte, in ein warmes, einladendes Heim
verwandelt.
    Da waren zarte Farben und weiche
Dinge, wie zum Beispiel Kissen, Vorhänge und Bettbezüge mit Mustern, die
aussahen, als seien sie gemalt, nicht konstruiert. In der Küche tauchten
Gegenstände auf, die das Leben vereinfachten: statt einer Plastiktüte an der
Klinke der Hintertür ein großer Plastikmülleimer; eine Schüssel zum
Gemüsewaschen; ein Topfhandschuh, mit dem man Currybleche vom Herd nehmen
konnte, ohne sich die Finger zu verbrennen, und Kühlschrankmagnete für
Einkaufs- und Terminlisten und, Neil schloß die Kühlschranktür, Zettel mit den
Namen anderer Paare, die auch Kinder bekamen. Sekundenlang starrte er die Liste
an. Er hätte sie am liebsten abgerissen, wußte aber nicht, wie er das erklären
sollte, wenn sie ihn nach dem Grund fragen würde. Dann sah er wieder hinaus in
den Garten. Lia beugte sich noch immer über den Grill.
    Er riß den Hörer von der Gabel und
wählte die erste Nummer auf der Liste. Es klingelte, einmal, zweimal, er wollte
schon auflegen, doch dann hob jemand ab.
    »Hallo?« sagte Alison.
    Er hörte ein paar Sekunden ihrem Atem
zu und legte dann auf, unfähig zu begreifen, was er getan hatte.
     
    Eine Woche nach dem
Geburtsvorbereitungskurs lief Lia Alison wieder über den Weg.
    Als erstes fiel ihr das Kleid auf. Es
war aus karierter Madrasbaumwolle, lila, türkis und blau. Irgend etwas an der
Tiefe und Klarheit der Farben ließ es teuer aussehen. Sie überlegte gerade, ob
sie sich traute, die Frau zu fragen, wo sie es gekauft hatte, als sie sich
umdrehte. Das zweite, was ihr auffiel, war der dicke Bauch. Er war so riesig
wie ihr eigener. Die Frau nahm die letzten Sachen aus ihrem Einkaufswagen und
richtete sich müde auf. Die dritte Sache, die ihr auffiel, war das Gesicht. Sie
war sich sicher, daß sie es kannte, wußte aber nicht gleich woher, aber sie
dachte, sie hätten genug gemeinsam, um »Hallo« zu

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