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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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Gärtnerberuf ergriffen hatte, wie in einem dieser
Wortspielwitze, die ihr Vater so gemocht hatte:
     
    Sagt
der Lehrer zum kleinen Jungen: »Was willst du einmal werden, wenn du groß bist,
Gärtner?«
    Dem
kleinen Jungen fällt nichts ein.
    Sagt
der Lehrer: »Gärtner?«
    Darauf
der kleine Junge: »Jawohl.«
     
    Vielleicht hatte ihr Vater sogar etwas
in der Art zu ihr gesagt, an dem Tag, als er von der Ratssitzung zurückkam und
beim Essen verkündete: »Wir haben endlich jemanden für den Park. Er kommt aus
Nordengland, deshalb ist er dankbar für das Gehalt und ein Dach über dem Kopf.«
    Die Meinung ihres Vaters über
Nordengländer war nur wenig besser als seine Ansichten über Westinder, die er
immer als >Farbige< bezeichnete, als ob das die höflichere Art sei, ihre
Hautfarbe zu beschreiben. Ihr Vater sah sich gern als kultivierter Mensch.
    »Auf dieser Seite der Stadt findet man
die bessere Gesellschaftsschicht«, sagte er immer, wenn er potentiellen Käufern
Immobilien in ihrer Straße zeigte. »Ich selbst wohne auch hier.«
    Es war nur ein paar Meilen entfernt
von dem winzigen Gärtnerhäuschen neben den Parktoren, wo die Gardners einziehen
würden, aber der gesellschaftliche Abstand war viel größer.
    Alison hatte das baufällige
Hänsel-und-Gretel-Haus mit den dunklen Ziegelsteinen immer für einen Witz gehalten,
ein bißchen wie das zerfallene Gewölbe beim überwucherten Rosengarten oder die
reetgedeckte Hütte, die in Wirklichkeit nur als Regenunterschlupf diente, wo
Paare zum Knutschen hingingen und ein Mann sich angeblich unsittlich entblößt
hatte. Sie konnte sich nicht daran erinnern, daß das Gärtnerhäuschen je bewohnt
gewesen war. Als Kind hatte sie sich selbst das Gruseln gelehrt, indem sie sich
vorgestellt hatte, dort lebe eine böse Hexe, die von den schwarzen,
gardinenlosen Fenstern aus die Kinder beim Spielen im Sandkasten ausspionierte.
Einmal war ein kleiner Junge im Planschbecken ertrunken, obwohl es nicht einmal
dreißig Zentimeter tief war, und Alison hatte schaudernd an die Hexe gedacht
und sich gefragt, ob sie selbst den Tod des Kindes verursacht hatte, indem sie
an einem Ort, an dem die Menschen eigentlich glücklich sein sollten, eine
bösartige Erscheinung heraufbeschworen hatte.
    Nach dem Einzug der Gardners wirkte
das Gärtnerhäuschen fast noch weniger real und noch mehr wie ein Haus aus
Pfefferkuchen und Zucker. Mrs. Gardner hängte Rüschenvorhänge an die kleinen,
viereckigen Fenster, und Mr. Gardner reparierte den niedrigen Palisadenzaun,
strich die geschnitzte Bretterverkleidung um den Dachvorsprung und bepflanzte
die Blumenkübel auf beiden Seiten der Haustür. Manchmal, im Sommer, wenn die
Fenster geöffnet waren, schwebte der köstliche, warme Geruch von gebackenem
Kuchen um das Haus herum und vermischte sich mit dem Lavendelduft der
Staudenrabatten.
    Die Leute in der Stadt gratulierten
sich selbst zu ihrem neuen Parkwächter und waren sogar bereit, sich mit ihrem
Urteil über seinen weniger gern gesehenen Anhang zurückzuhalten: Seine zwei
großen, lederjackentragenden Söhne.
    Anders als ihre winzigen Eltern, die
genau in das Häuschen zu passen schienen, wie das Pärchen in einem Wetterhaus
für Kinder, waren Pete und Neil Gardner über 1,80 m groß. Pete, der ältere, sah
ungehobelter aus und hatte fettiges Haar. Anstatt die Schule abzuschließen,
nahm er einen Job in einer Autowerkstatt an und zog sehr bald aus dem
Gärtnerhäuschen in einen Wohnwagen, zusammen mit seiner frisch geschwängerten
Freundin, die bei David Gross hinter dem Ladentisch Schinken schnitt und
hellblondes Haar mit schwarzem Ansatz hatte. Neil, der stillere, intelligentere
von beiden, ein ausgezeichneter Allround-Sportler, kam in die Oberstufe und
wurde sofort zum großen Mädchenschwarm.
    Von heute auf morgen wurde der Park
zum beliebtesten Teenagertreffpunkt der Stadt. Die Tennisplätze waren begehrt
wie nie, und Mütter mit kleinen Kindern waren überrascht, wie oft ihre
mißmutigen älteren Töchter sich bereit erklärten, mit ihren kleinen
Geschwistern auf den Spielplatz zu gehen. Wenn Neil sich des Wirbels, den er
verursachte, bewußt war, ließ er es sich nicht anmerken. Der Park war mehrere Monate
lang ohne Gärtner gewesen und brauchte viel Pflege. Wenn man ihn nicht beim
Kricketspielen im Town Club zu Gesicht bekam, konnte man Neil jedes Wochenende
dabei beobachten, wie er seinem Vater half, die Blumenbeete zu jäten, Erde
umzugraben, Winterzwiebeln zu pflanzen und Rosen zu

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