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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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einfach lächerlich.
Es tut mir leid, daß ich dir das Herz gebrochen habe, aber das ist zwanzig
Jahre her. Können wir nicht einfach Freunde sein? Was, wenn er wieder auflegte,
ohne etwas zu sagen?
    Sie konnte anrufen und Lia verlangen,
aber das wäre nicht richtig. So etwas konnte man nur jemandem erzählen, den man
sehr gut kannte oder gar nicht. Jetzt, wo sie sie nur ein bißchen kannte, war
es unmöglich. Hey, ich weiß nicht, ob er es erwähnt hat, aber ich war die erste
Liebe Ihres Ehemanns. Kein Grund zur Eifersucht, damals waren Sie erst acht
Jahre alt. Nein.
    Sie könnte es wenigstens Stephen
erzählen. Weißt du noch, als ich im Schwangerschaftskurs ohnmächtig geworden
bin? Tja, das war nicht nur die Hitze. Nein, ich hab nur einen leichten Schock
gekriegt, als mein erster Freund reinkam und noch genauso aussah wie damals,
als ich mich in ihn verliebt habe. Aber Stephen war in New York, und so etwas
konnte man nicht am Telephon besprechen.
    Vielleicht hatte auch Neil alle
Möglichkeiten in Erwägung gezogen und war zu demselben Schluß gekommen wie sie
jetzt, nämlich, daß es besser war, gar nichts zu tun. Wenn sie nicht in
Ohnmacht gefallen Wäre, hätten sie wahrscheinlich relativ natürlich und höflich
»Hallo« gesagt, sich ihre Partner vorgestellt und sich wie erwachsene Menschen
benommen. Aber da sie diese Gelegenheit verpaßt hatten, war es wahrscheinlich
das beste, sich einfach weiter wie Fremde zu verhalten, was sie schließlich
auch waren. Jetzt. Zwanzig Jahre waren eine lange Zeit. Sie wußten überhaupt
nichts voneinander.
    Alison stieg aus dem Auto und öffnete
den Kofferraum. Sie trug die Einkaufstüten einzeln in die Küche und stellte sie
auf den Boden, weil sie zum Auspacken zu müde war. Sie nahm eine kalte
Mineralwasserflasche aus dem Kühlschrank, schlenderte in den Wintergarten,
legte sich auf die Chaiselongue und streckte matt den Arm aus, um den
Ventilator anzuschalten. Mit geschlossenen Augen versuchte sie eine
Entspannungsübung. Sie konzentrierte sich auf das monotone Summen des
Ventilators, ließ ihre Arme schwer werden, stellte sich ihre Zehen, Waden, Knie
und Oberschenkel vor.
    Sie war fast eingeschlafen, als sie
jäh die Augen öffnete und sich aufsetzte, als sei sie von einem plötzlichen
Geräusch aufgeschreckt worden.
    Oben auf dem Sideboard lagen Stephens
CDs, ordentlich gestapelt und in alphabetischer Reihenfolge. In den Schränken
darunter lauerten gut versteckt ihre ungeordneten Haufen alter LPs. Mühsam
kniete sie sich auf den Boden, öffnete die Türen und fing an, Stapel von
Schallplatten zu durchstöbern, deren Existenz sie ganz vergessen hatte. Sie
begutachtete jede Hülle und stapelte die Platten, die sie sich anhören wollte: Ziggy
Stardust, das Rote und das Blaue Album der Beatles, Transformer, die sie nach dem Kauf versteckt hatte, weil ihr Vater fand, daß Lou Reed
aussah, als hätte er Drogen genommen. Sie beschloß, den Abend damit zu
verbringen, in Nostalgie zu schwelgen, ohne einen Gedanken an Stephens guten
Geschmack zu verschwenden oder an seinen höflich-verblüfften Gesichtsausdruck,
wenn sie die Nadel von Stück zu Stück springen ließ, ihre Lieblingslieder
heraussuchte und sie immer wieder spielte.
    Endlich fand sie das Album, das sie
suchte. Bryan Ferry posierte vor himmelblauem Hintergrund, sein Name in
schlichter, roter Schrift. Sie drehte es herum. Das war der Titel. These
Foolish Things. Sie riß die Platte heraus, sah nur kurz auf die weiße
Papierhülle, auf die sie ihren Namen geschrieben hatte, sehr gewissenhaft, mit
blauem Füller. Dann legte sie die Platte auf und ließ die Nadel auf das letzte
Stück der zweiten Seite sinken.
    Ein vertrautes Knistern. Die Nadel
hopste über die Kratzer, dann Bryan Ferrys traurige Stimme und ein leises
Crescendo von Tönen, gespielt auf einem Piano in der Ferne.
     
    Oh will you never let me be?
    Oh will you never set me free?
    The ties that bound us are still around us.
    There’s no escape that I can see...
     
    Es mußte 1974 gewesen sein, als Neil
Gardner in die Stadt gekommen war. Es war ein Jahr, bevor die Stadt bei Britain-in-Bloom den zweiten Platz belegt hatte. Alison sah das Ortsschild vor sich, mit dem
Stadtnamen und einem angeberischen Emblem über den stolzen Worten »Britain-in-Bloom. Zweiter Platz 1975«. Vor Ankunft der Gardners hatte in ihrem Städtchen keiner
im Traum daran gedacht, an dem Wettbewerb teilzunehmen.
    Sie hatte sich oft gefragt, ob Neils
Vater wegen seines Namens den

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