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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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Silhouette
auszumachen. Er trug einen schwarzen Trainingsanzug und lief auf dem am
weitesten entfernten Platz hin und her. Sie seufzte erleichtert und schämte
sich dafür, daß sie ihn kontrollierte. Sie wünschte, sie wäre stark genug
gewesen, ihrem Argwohn nicht nachzugeben. Natürlich traf er sich nicht mit
einer anderen, sagte sie zu sich selbst. Woher sollte er die Zeit dafür nehmen?
    Er riß den Arm hoch. Sie war noch zu
weit weg, um zu erkennen, ob er einen Elfmeter gab oder ihr zuwinkte. So oder
so konnte sie jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Langsam schob sie den
Kinderwagen am gefrorenen, matschigen Spielfeldrand entlang.
    Als er sie erkannte, hellte sich sein
Gesicht auf. Seine Freude war so spontan, daß sie überrascht errötete und
zurücklächelte. Immer, wenn er sie ansah wie damals, als sie sich kennengelernt
hatten, fragte sie sich, wie sie je an seiner Liebe zweifeln konnte, aber das passierte
in letzter Zeit nicht besonders oft. Er deutete auf sein Handgelenk und hielt
beide Hände hoch. Noch zehn Minuten.
    Sie sah sich das Spiel an und
versuchte herauszubekommen, für welches Team er zuständig war. Sie kannte nicht
einmal seine Schulfarben. Wahrscheinlich waren die Jungs mit den roten und
schwarzen Streifen seine. Er war viel strenger zu ihnen, wenn sie foulten, und
sie sahen ihn vertraulich-frustriert an, wenn er todernst und respekteinflößend
die gelbe Karte zog, genau wie ein Schiedsrichter in der Ersten Liga, der keine
Diskussion duldete und keine Spur von Humor zeigte. Sie hätte am liebsten
losgekichert.
     
    »Sir? Ist das Ihre Frau, Sir?« Ein
kleiner, frech aussehender Zwölfjähriger lief vor Neils Füßen herum, als er
nach dem Schlußpfiff auf sie zuging.
    »Ja, Sean«, antwortete Neil energisch.
    »Sie ist sehr hübsch, Sir.«
    »Ich weiß, Sean.«
    »Ist das Ihr Baby, Sir?«
    »Ja«, antwortete Neil müde und
zwinkerte Lia zu, als sie näher kamen.
    »Ihre Frau trägt aber keinen Ehering,
Sir. Sind Sie sicher, daß sie Ihre Frau ist, Sir?«
    »Sei nicht so vorlaut, Sean«, sagte
Neil gelassen, aber streng.
    Lia gefiel es, wie er mit der Neugier
seines Schülers umging, wenn er auch genaugenommen nicht ganz die Wahrheit
sagte. Sie erinnerte sich an ihre eigenen Lehrer, die jede Frage mit höhnischem
Sarkasmus aufgenommen hatten, was sehr demütigend gewesen war. Du bist heute
sehr neugierig, Lesley. Wie schade, daß du in den Naturwissenschaften nicht
denselben Wissensdurst an den Tag legst. So in dieser Art.
    »Hallo, Mrs. Gardner«, sagte der Junge
und grinste Lia an.
    »Hallo! Wie heißt du denn?« fragte Lia
und lächelte ihn an, worauf der Rotschopf bis an die Haarwurzeln errötete.
    »Sean, Sir, ich meine, Miss«,
stotterte er und rannte zurück zu seinen Mannschaftskameraden.
    »Hallo, Schönheit«, sagte Neil, beugte
sich herunter und küßte sie schnell auf die Lippen. Ein paar Meter hinter ihnen
erklang Gejohle, und Sean, der sich in Gesellschaft seines Teams wieder sicher
fühlte, steckte zwei Finger in den Mund und pfiff.
    »Bis zum Tor werden wir die nicht
los«, sagte Neil. »Aber dann werden’s die meisten von ihnen nicht lassen
können, den Zeitungshändler zu beklauen.« Er legte ihr den Arm um die
Schultern, und sie hatte eindeutig das Gefühl, daß er stolz auf sie war und sich
darüber freute, daß sie ihn abgeholt hatte.
    »Ich hab grad ein paar Pluspunkte
gesammelt«, flüsterte er ihr zu und lachte.
    Die blasse, zitronengelb-silbrige
Sonne glitt zum Horizont, und die Luft war plötzlich kalt. Es wurde sehr
winterlich.
    »Was wollen wir an Weihnachten
unternehmen?« fragte Neil sie, als hätte der weiße Erdboden in seinem Kopf das
Bild einer weihnachtlichen Schneelandschaft ausgelöst. Er hielt das Tor auf,
und sie schob den Kinderwagen hindurch. Als sie am Laden an der Ecke vorbeikam,
verabschiedeten sich die Jungs hinter ihnen im Chor.
    »Ich würde gern zu Hause feiern...
Weihnachten im Kreise der Familie«, sagte sie und sah Anouska an, deren Wangen,
der einzige Teil von ihr, der nicht von einem wattierten Schneeanzug bedeckt
war, vor Kälte rot waren.
    »Bei uns zu Hause?« fragte er
überrascht.
    »Ja«, sagte sie.
    Er schwieg ein paar Minuten, um über
den Vorschlag nachzudenken.
    »Können wir machen...«, sagte er.
    »Wir könnten deine Eltern einladen«,
bot Lia an. Ihr lag viel daran, nicht dasselbe wie im letzten Jahr zu erleben,
als sie bei Neils Eltern gewesen waren und Mrs. Gardner jede Hilfe beim Kochen
abgelehnt hatte.
    »Das wäre

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