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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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eine Menge Arbeit für dich«,
sagte Neil.
    »Na ja, besser für mich als für deine
Mutter«, antwortete Lia.
    »Wenn du meinst...«
    In diesem Moment war Lia seiner Mutter
sogar dankbar für ihr märtyrerhaftes Weihnachtsgejammer, das bei ihrem Sohn
scheinbar den nachhaltigen Eindruck hinterlassen hatte, daß es für die Frau des
Hauses ein enormes Opfer bedeutete, das Weihnachtsessen vorzubereiten.
    »Natürlich«, sagte sie und versuchte
sofort, aus seiner positiven Reaktion Kapital zu schlagen. »Neil, können wir
uns ein Auto leisten?«
    »Ein Auto?«
    Er hätte nicht entgeisterter klingen
können, wenn sie gefragt hätte: Neil, können wir uns einen Elefanten kaufen?
Warum konnten Männer einfach nicht logisch denken? Alle Welt hatte ein Auto,
und trotzdem war es ihm offensichtlich noch nicht in den Sinn gekommen, daß
auch sie eins gebrauchen konnte.
    »Es ist nur... Na ja, ich scheine die
meiste Zeit damit zu verbringen, mit dem Kinderwagen zum Einkaufen zu zuckeln,
und ich habe Angst, daß Anouska sich nach dem Schwimmen erkältet. Und wenn wir
ein Auto hätten, könnte ich Sachen machen...«
    »Was für Sachen?« fragte er
schließlich. Sein Atem verwandelte sich in weißen Nebel.
    »Hinfahren, wo ich zu Fuß nicht
hinkomme«, sagte sie stockend.
    »Da muß ich erst drüber nachdenken«,
sagte er und zog sich für den Rest des Heimwegs in finsteres Schweigen zurück.
    Lia packte das Baby aus und setzte es
auf einen Wippstuhl vor dem Spielkasten, den sie für Anouska gebastelt hatte.
Es war eine einfache Konstruktion, nur der Rahmen einer Orangenkiste, den Neil
abgeschmirgelt hatte, um die Splitter zu entfernen, mit farbigen Bändern, an
denen sie Gegenstände mit verschiedenen Formen und Farben befestigte. Heute
waren es ein paar angemalte Garnspulen, ein Schneebesen aus der Küchenschublade
und eine mit Reis gefüllte Streichholzschachtel. Für Anouska war das so
fesselnd wie eine Seifenoper.
    Neil nahm den Hörer in die Hand und
rief seine Eltern an. Lia versuchte mitzuhören, aber der Wasserkocher machte so
viel Lärm, daß Lauschen unmöglich war.
    »Der Ruhestand scheint meinem Dad zu
Kopf gestiegen zu sein«, sagte er, als er nach dem Telephongespräch in die
Küche kam.
    »Was?« Sie goß ihm eine Tasse Tee ein
und reichte ihm einen Teller mit Keksen.
    »Sie teilen sich zwei Wochen lang ein
Ferienhaus auf Lanzarote. Sie fahren über Weihnachten und nehmen Petes Jungs
mit. Dad hat schon immer gesagt, er wollte über die Feiertage mal verreisen,
aber ich habe nie geglaubt, daß er es wahr machen würde.«
    »Wie schön«, sagte Lia, die nur schwer
ein erleichtertes Lächeln unterdrücken konnte. Das war bestimmt ein gutes Omen:
Ihre Schwiegereltern mußten anerkennen, daß sie den guten Willen gezeigt hatte,
Weihnachten zu »übernehmen«, aber es blieb ihr erspart, das Angebot auch
einzulösen.
    »Wollen wir statt dessen Pete und
Cheryl einladen?« schlug Neil vor.
    Sie war erfreut, daß er so begeistert
von der Idee zu sein schien, Weihnachten im Familienkreis zu begehen, und sie
mochte seinen Bruder und dessen Frau. »Ja, ruf sie gleich an«, sagte sie. »Laß
uns einen großen Baum kaufen...«
    »Okay, und ich bringe den Garten in
Ordnung. Vielleicht hänge ich draußen ein paar Lichter auf«, beteiligte er sich
an der Planung und ging auf sie zu. Und zum ersten Mal seit Wochen spürte sie,
wie sie sich bei seiner Umarmung entspannte, anstatt steif zu werden.
    Am Montag vor Weihnachten kam der
Postbote genau in dem Moment, als Alison das Haus verließ. Sie warf die
Rechnungen und Wurfsendungen zurück auf die Fußmatte, nahm jedoch den Umschlag
mit, der handschriftlich an sie adressiert war, und stopfte ihn in ihre schwere
Ledertasche. Als sie an ihrem Schreibtisch die erste Tasse Kaffee trank,
öffnete sie den Brief und las ihn.
    Sarah-Jane, die Frau, die ihre alte
Wohnung in Islington gemietet hatte, teilte ihr mit, daß sie Weihnachten
heiraten würde, und fragte, ob es Alison etwas ausmachte, wenn sie die
Kündigungsfrist, die im Mietvertrag festgelegt war, nicht einhielt. Alison
seufzte. Wenn Sarah-Jane vorgehabt hatte zu heiraten, mußte sie es schon einige
Zeit gewußt haben. Warum zum Teufel hatte sie sie nicht schon früher
informiert?
    Es war Ironie des Schicksals, daß sie
nach vier Monaten, in denen sie nichts Anspruchsvolleres getan hatte, als die
richtige Menge Säuglingsnahrung mit abgekochtem, abgekühltem Wasser zu
vermischen und in Fläschchen zu füllen, plötzlich vor immer

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