Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)
wird!«
»Für jeden normalen Menschen, ja. Du und ich, Amelie, wenn man uns in einer finsteren Ecke von Stockwell auflauern würde, wir wären vor Angst wie gelähmt, würden uns in unser Schicksal fügen und den Kerlen geben, was sie verlangen. Mit solchen Typen legt man sich schließlich nicht an, man weiß ja nie, ob die nicht ein Messer oder eine Pistole zücken. Aber nicht unsere Sara-Jayne. Als ihr neulich in der Clapham Road eine Gruppe furchteinflößender Typen in Kapuzenpullis auflauerte und verlangte, dass sie ihre Pradatasche samt Inhalt rausrückt, schaute sie nur mit großen Kulleraugen in die Runde und sagte: ›Aber wie soll ich dann in meine Wohnung reinkommen?‹ Die schauen sich nervös um und sagen: ›Okay, dann nimm dir die Schlüssel raus, aber dalli.‹«
Amelie giggelte, und Duncan blieb stehen, um ihre Zigaretten anzuzünden. »Dann sagt sie: ›Ach, vielen Dank, das ist schrecklich nett. Ach, übrigens, ich habe da ein paar lebenswichtige Telefonnummern auf meinem Handy gespeichert, ohne die ich einfach aufgeschmissen wäre – würde es euch was ausmachen, wenn ich sie mir kurz notiere? Dauert nur einen Augenblick.‹ Auch das erlaubten sie ihr. Und dann fängt sie an, nach einem Stift zu suchen und sagt: ›Wäre es nicht praktischer, wenn ich einfach die SIM-Karte rausnehmen würde?‹ Da stehen sie also um sie rum, die drei Hoodies und schauen zu, wie sie krampfhaft versucht, die Rückklappe ihres Handys aufzukriegen. Und es wird noch besser! Nachdem sie eine halbe Minute lang vergeblich dran rumgefummelt hat, fragt sie die Typen, ob sie ihr helfen könnten! Da sagt einer: ›Ach, Scheiße, dann behalt das blöde Handy.‹«
Amelie lachte, und Duncan fuhr fort: »Und als ob das noch nicht der Gipfel wäre, sagt Sara, als sich die drei gerade mit ihren Habseligkeiten aus dem Staub machen wollen: ›Ach, übrigens, ich liebe diese Tasche mehr als mein Leben. Nehmt sie ruhig, nehmt sie, aber versprecht mir wenigstens, sie jemandem zu geben, der ihren Wert zu schätzen weiß!‹
Da schaut sie der Boss der Bande an, als ob sie nicht alle Tassen im Schrank hätte, aber auf so eine komische Weise, als würde sie ihm Respekt einflößen. Und plötzlich nimmt er die Tasche und leert ihren Inhalt in seinen Rucksack. Dann wirft er ihr die leere Tasche zu und die drei machen sich aus dem Staub!«
»Nicht zu fassen! Ich lach mich kaputt!«, rief Amelie ungläubig.
»Ich weiß! Erbärmlichster Überfall, den es je gab!«, lachte auch Duncan.
»Aber sie hat das toll gemacht, muss ich sagen!«, lobte Amelie.
»Aber verstehst du jetzt, was ich meine? Mit Sara-Jayne legt sich so leicht niemand an! Kannst du dir mich mit jemandem vorstellen, der derart dominierend ist – ich glaube einfach nicht, dass sie die Richtige für mich wäre, weißt du?«
Amelie lehnte sich an Duncan. »Ja, kann sein... ich versteh was du meinst.« Sie dachte einige Sekunden lang nach. »Aber keine Sorge, wenn alle Stricke reißen, gehst du einfach wieder zum Speed-Dating.«
»Nie im Leben!« Beide brachen lachend zusammen und legten sich auf den Strand, blickten zu den Sternen hinauf.
»Wie spät ist es? Ich baue allmählich rapide ab«, sagte Duncan, als sie wieder zu Atem gekommen waren.
Amelie schaute aufs Display ihres Handys. Es war 4:30 Uhr. Sie sah, dass sie zwei Textnachrichten bekommen hatte. Die erste war von Charlie. Sie öffnete sie und las:
Wie geht’s dir, Süße? Wie ist es auf der Hochzeit? Freue mich, dich bald wiederzusehen. Treffe mich Sonntag mit jemandem in der Stadt – vielleicht komme ich ja auf einen Überraschungsbesuch bei dir vorbei! Xxx
Die zweite bestand aus nur drei Worten und war von Jack: Du fehlst mir.
Amelie starrte ihr Handy an und dachte, wie wenig ihr die zweite Nachricht bedeutete und wie unsicher sie, was die erste betraf, war.
»Am? Wie spät ist es?«
»Hm, wie bitte?«
»Wie spät?«
»Oh, sorry.« Sie warf einen neuerlichen Blick aufs Display und antwortete: »4:31 Uhr.«
»Was, schon so spät?« Duncan war schockiert. »Was ist los? Von wem ist die SMS?«
»Ach, bloß von Charlie. Weiß nicht, was ich mit ihm anfangen soll – ein bisschen so wie bei dir.«
»Ach, lass es einfach auf dich zukommen. Sorry, Am, aber mir reicht’s. Ich glaube ich geh ins Bett. Kommst du mit?«
»Ach, mir gefällt’s ganz gut hier. Aber ich schätze, irgendwann müssen wir wohl schlafen gehen.«
»Gott segne dich, Süße. Du willst nie, dass der Tag zu Ende geht,
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