Keine Lady fuer Lord Strensham
anderen Jahrhundert, wohin Thea auch blickte. Sie würde sich vorkommen wie in einem Museum.
„Vielen Dank, Mrs. Barker“, sagte sie, glaubte aber nicht, dass sie in dieser verblassten Pracht schlafen konnte.
Sogar die Haushälterin schien ihre Zweifel zu teilen. „Maggie und mir blieb gerade genug Zeit, die Staubüberzüge zu entfernen und ein wenig zu putzen, Mylady. Die Bettwäsche ist allerdings sauber und das Bett frisch bezogen und gelüftet.“
„Es ist mir ein Rätsel, wie Sie in so kurzer Zeit überhaupt so viel schaffen konnten.“
„Vielen Dank, Mylady. Ich möchte Ihnen und Seiner Lordschaft im Namen der ganzen Dienerschaft von Herzen alles Gute wünschen.“
„Wie freundlich von Ihnen. Könnten Sie morgen früh mit mir eine kleine Tour durch das Haus machen? Mein Gatte wird die ersten Tage hier sicherlich nicht im Haus verbringen wollen. Es erwartet ihn so viel Arbeit auf dem Besitz.“
„Selbstverständlich, Mylady. Soll Ihnen Maggie beim Auskleiden helfen?“
„Nein, nein. Wenn Sie mir nur ein wenig die Bänder hier lösen könnten, bevor Sie gehen, dann komme ich schon allein zurecht.“
Mrs. Barker vollbrachte das Kunststück, keine Miene zu verziehen bei der Vorstellung, eine Dame käme allein mit ihrer Toilette zurecht. Man wünschte sich gegenseitig eine gute Nacht. So müde, dass sie Marcus’ mangelndes Interesse an ihr fast erleichtert hinnahm, wusch Thea sich, putzte sich die Zähne und schlüpfte mit einem dankbaren Seufzer unter die erwärmten Laken. Fast war sie eingeschlafen, da hörte sie ein leises Geräusch und setzte sich sofort wieder kerzengerade auf. Marcus stand an der Tür zu seiner Suite, gekleidet in einen prächtigen Morgenrock mit einem Muster aus Feuer speienden Drachen. Da er ihm zu kurz und zu weit war, musste er seinem Vater gehört haben. Thea unterdrückte ein Kichern.
Klopfenden Herzens sah sie ihren frisch angetrauten Gatten auf sie zukommen. Würde sie die Kraft aufbringen, ihn fortzuschicken? Besonders da die Erinnerung an seine heißen Küsse sie verlockte, es nicht zu tun. Sie öffnete den Mund, doch kein Laut kam heraus. Natürlich nicht, schalt ihre innere Stimme sie streng, weil du zu sehr damit beschäftigt bist, dir vorzustellen, wie schön es sein muss, in den Armen eines so erfahrenen Mannes die Freuden der Liebe kennenzulernen.
„Ich bin nicht gekommen, um mich dir aufzudrängen, Thea. Läge Winforde nicht sozusagen auf der Lauer, käme ich nie ohne Einladung in dein Schlafgemach. So allerdings müssen wir die Nacht gemeinsam verbringen, damit er unsere Heirat nicht anfechten kann.“
„Wie könnte er denn erfahren, ob du hier schläfst oder nicht?“
„Durch die Dienerschaft natürlich. Wie dir in den letzten Monaten nicht entgangen sein kann, wird viel geklatscht. Wenn die Bediensteten mich allerdings jeden Morgen in meinem Bett vorfinden und dich drei Zimmer entfernt von mir, wird ihnen wohl kaum verborgen bleiben, dass unsere Ehe nur auf dem Papier existiert. Ich muss dein Bett wenigstens während der ersten paar Nächte teilen. Doch ich werde mich ritterlich verhalten, mach dir keine Gedanken.“
Sie hoffte, er sah ihr die tiefe Enttäuschung nicht an. Gezwungen lächelnd nickte sie ihm zu. Warum sollte es sie traurig stimmen, wenn er neben ihr schlafen konnte, ohne den Wunsch zu verspüren, sie zu berühren?
„Ich war schon halb eingeschlafen“, bemerkte sie leichthin.
Trotzdem hielt sie erregt den Atem an, als er neben ihr unter die Decke schlüpfte und ihr noch einmal versicherte, dass sie völlig sicher vor ihm sei. Sehr entmutigend, dachte sie bedrückt.
„Schlaf ruhig, meine Gemahlin.“ Seine Stimme klang fast zärtlich. „Du hast einen anstrengenden Tag hinter dir, und morgen erwartet dich zweifellos ein ebenso anstrengender.“
„Gute Nacht, Major.“
„Gute Nacht, Alethea.“
„Thea“, verbesserte sie ihn müde und schlief tatsächlich trotz der Aufregung kurz darauf ein.
„Der Himmel gebe, dass ich nicht den Verstand verliere“, sagte Marcus leise und wandte sich in der vagen Hoffnung von seiner verführerischen Frau ab, ihre Gegenwart zu vergessen, wenn er an etwas ganz anderes dachte. Vielleicht konnte er sich ja einreden, er läge gar nicht mit ihr in einem Bett und nähme nicht den süßen Duft nach Lavendel und Rosen wahr, der von ihr ausging. Ein Kuss genügte, um sie zu wecken, und dann …
Nein, reiß dich zusammen, ermahnte er sich und stellte sich vor, er befände sich immer noch in Spanien
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