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Keine Lady ohne Tadel

Keine Lady ohne Tadel

Titel: Keine Lady ohne Tadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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wenn er in jedem unbeobachteten Moment Lady Beatrix mit Blicken verschlang. Helene schaute er nie so an. Oh, sicher, er umwarb sie: machte ihr übertriebene Komplimente über ihr Mondschein-Haar und ähnliches dummes Zeug. Doch er gönnte ihr keinen jener Blicke, die ein Mann einer heiß begehrten Frau zuwirft. Blicke, die ihr sagen, dass er sich kaum noch zurückhalten kann.
    Und doch war Helene offensichtlich auf eine Scheidung aus. Vermutlich glaubte der Herr Abgeordnete, er könne ein Gesetz verabschieden, das ihr die Wiederverheiratung gestattete. Aber wenn Helene Fairfax-Lacy heiratete, würde sie den zweiten untreuen Ehemann bekommen. Er, Rees, hatte sie freigegeben. Er hatte Helene ihr Leben zurückgegeben. Aber das würde der ehrbare Mr Fairfax-Lacy niemals tun. Nein, er würde nebenbei mit Dirnen herumtändeln und Helene privat und öffentlich blamieren, aber er würde ihr nie die Freiheit einräumen, das Gleiche zu tun.
    Er hörte ein leises Kratzen an der Tür, dann schwang sie geräuschlos auf. Rees fand es wirklich erstaunlich, wie lautlos die Türen in Lady Rawlings’ Haus sich in ihren Angeln bewegten. Sie waren wohl sorgfältig geölt worden.
    Helene sah wie ein silberner Geist aus. Sie trug einen hochgeschlossenen grauen Morgenmantel und sah von Kopf bis Fuß wie eine langweilige englische Matrone aus. Rees war im Grunde froh, dass sie einen Geliebten gefunden hatte. Die Last, in seiner Ehe der allein schuldige Teil zu sein, hatte ihm schwer auf dem Gewissen gelegen.
    »Verzeih meinen zwanglosen Aufzug«, begann sie mit kühler Stimme, in der nur leise die Furcht mitschwang, dass er nun wieder grob sein würde. Oder sogar ordinär. Sie fand immer, er sei ordinär.
    Rees verneigte sich stumm. Dann besann er sich auf seine guten Manieren und lud sie ein, sich zu setzen.
    »Ich bin gekommen, um dich um die Scheidung zu bitten«, sagte Helene, »aber das hast du gewiss schon vermutet.«
    »Ist Mr Fairfax-Lacy denn einverstanden, sich vor aller Welt als dein Liebhaber zu bekennen? Wird er mir gestatten, ihn wegen Ehebruchs zu verklagen?«
    Sie schüttelte den Kopf, blieb jedoch völlig gelassen. »Oh nein, das könnte seiner Karriere schaden. Stephen nimmt eine sehr wichtige Rolle im Parlament und im Leben unserer Nation ein. Wir werden einen Mann anheuern müssen, der seine Rolle übernimmt.«
    Rees brauchte nicht groß nachzudenken, um zu verstehen, dass ein Komponist komischer Opern gewiss keine wichtige Rolle im »Leben der Nation« spielte. »Müsste Fairfax-Lacy eigentlich nicht in diesem Augenblick auf der Regierungsbank sitzen, wenn er für die Nation so lebenswichtig ist?«, fragte er schneidend.
    »Stephen ist von der letzten Parlamentsdebatte ziemlich erschöpft«, tat Helene seine Frage mit einer vagen Handbewegung ab.
    Rees sinnierte missmutig über erschöpfte Männer und deren Hang, sich mit anderer Männer Frauen zu vergnügen. »Aha, erschöpft. Verstehe.«
    »Das kannst du gar nicht verstehen, Rees. Stephen spielt eine wichtige Rolle im Unterhaus. Er hat vor Kurzem einen anstrengenden Kampf gegen die Flurbereinigungsgesetze geführt. Es geht darum, dass ein Reicher Land für sich beansprucht, das vorher Allmende für die Bewohner eines Dorfes gewesen ist. Stephen hat gegen seine eigenen Parteigenossen ankämpfen müssen!«
    »Ich weiß sehr wohl, was Flurbereinigung ist«, entgegnete Rees gereizt. »Und ich verstehe voll und ganz, dass er ein großer Mann ist.«
    »Es wäre also für alle Beteiligten besser, wenn wir mit Beweisen für meinen Ehebruch aufwarten könnten.«
    »Ich sehe keinen Grund, warum wir den enormen Aufwand einer Scheidung betreiben sollten«, sagte er. Trotz aller Vorsicht geriet er allmählich in Zorn. Es lag an der Märtyrerrolle, die sie so gut zu spielen verstand: als ob er ihr Leben ruiniert hätte. Dabei war doch eher das Gegenteil der Fall: Sie hatte sein Leben ruiniert!
    Helene schob das Kinn vor. »Ich will nicht länger deine Frau sein, Rees.«
    »Wir können nicht immer bekommen, was wir wollen. Und gerade du lebst doch in der besten aller Welten, wenn du mir meine Offenheit verzeihen willst. Du hast einen respektablen Politiker für dein kleines Nebenvergnügen und behältst gleichzeitig deinen Titel und überdies den sehr großzügigen Unterhalt, den ich dir gewähre.«
    »Ich gebe keinen Pfifferling auf meinen Unterhalt«, beschied sie ihn.
    »Nein, das tust du wohl nicht.« Schon wieder stand er kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. Verdammt,

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