Keine Lady ohne Tadel
Arabella in meinem Haus eine ihrer skandalösen Gesellschaften gibt. Ich stehe kurz vor der Niederkunft! Aber Arabella sagt dazu nur, dass Marie Antoinette noch bis kurz vor der Geburt Menuett getanzt habe.«
»Warum nimmst du meinen Antrag nicht an? Damit mache ich dich zu einer anständigen Frau, und wir können über die Klatschmäuler die Nase rümpfen.«
Esmes Herz schlug einen Takt schneller, dann beruhigte es sich wieder. Sie funkelte Sebastian wütend an. »Zunächst einmal kann ich dich nicht heiraten, weil dein Ruf noch schlechter ist als der meine. Die halbe Welt glaubt, dass du deine Verlobte verführt hast.«
»Meine frühere Verlobte«, stellte er richtig.
»Aber das ist nichts im Vergleich zu dem Skandal, wenn sie herausfinden, wo du zurzeit steckst. Arabella zum Beispiel würde dich sofort erkennen, und außerdem hat sie alle möglichen Leute eingeladen, die dich ebenfalls sofort erkennen würden.«
»Hmm.«
Er hörte ihr anscheinend gar nicht zu. »Ich weiß nicht, warum dir meine Wünsche derart gleichgültig sind!«, sagte sie scharf und stieß seine Hand von ihrer Brust.
Doch Sebastian lächelte lediglich. »Weil ich jeglichen Anspruch auf Ehrbarkeit, die dir so wichtig ist, längst aufgegeben habe. Ich besitze sie nicht mehr. Und es ist mir verflucht egal. Hast du gewusst, dass ich Gina tatsächlich einmal gescholten habe, weil sie mich in aller Öffentlichkeit küssen wollte?«
Esme schürzte die Lippen. Sie wollte nicht daran denken, wie Sebastian seine ehemalige Verlobte küsste, denn Gina war eine ihrer besten Freundinnen. »Das klingt ganz nach dir«, bemerkte sie. »Der Pharisäer, der sich stets an seine Prinzipien hält.«
»Ich hätte immer noch meinen Ruf als Mr Scheinheilig, wenn ich mich nicht mit dir eingelassen hätte«, sagte er. »Meine Mutter wird in Ohnmacht fallen, wenn sie von meiner neuen Stellung erfährt.«
»Du hast es doch wohl nicht deiner Mutter erzählt!«
Er grinste. »Nein. Aber ich besuche sie morgen, und dann wird sie es erfahren.«
»Nein!«, heulte Esme auf. »Das kannst du nicht tun!« Sie selbst hatte sich stets von den Tugendbolden der Gesellschaft ferngehalten, zu denen auch die Marquise Bonnington zählte. Sebastians Mutter war eine jener Frauen, die sich viel darauf einbildeten, dass sie gegenüber unbedeutenderen Sterblichen keine Großmut walten ließen. Und ihr Sohn war, zumindest bevor er Gärtner wurde, der würdige Erbe ihrer mannigfaltigen Tugenden gewesen.
Er zuckte lediglich die Achseln. Seine Hand kroch schon wieder langsam auf ihre Brust zu, und seine Augen funkelten begierig.
»Es wird ein furchtbarer Schock für sie sein.« Esme versuchte, Mitleid mit der Marquise zu empfinden, entdeckte aber in ihrem Herzen nichts als Genugtuung. »Bist du nicht ein wenig zu alt, um zu rebellieren? Ich habe mir schon vor Jahren die Hörner abgestoßen.«
Sebastian schnaubte. »Und deine arme Mutter hat sich immer noch nicht davon erholt. Sie ist übrigens eine Busenfreundin meiner Mutter.«
»Von dieser Freundschaft habe ich gar nichts gewusst.« Esme hielt es nicht für nötig hinzuzufügen, dass sie in den letzten drei Jahren nur bei gesellschaftlichen Anlässen mit ihrer Mutter gesprochen hatte. Sie wusste nichts über Fannys Freunde. »Meine Mutter hat beschlossen, nicht zur Geburt anzureisen«, gestand sie. Warum in aller Welt hatte sie ihm nur dieses erbärmliche Geständnis gemacht? Nicht einmal Helene wusste davon.
»Dann ist deine Mutter so töricht wie meine«, urteilte er und küsste ihre Nase.
»Fanny ist nicht töricht.« Esme fühlte sich bemüßigt, ihre Mutter zu verteidigen. »Sie legt nur Wert auf ihren guten Ruf. Und ich … ich bin wohl immer eine Enttäuschung für sie gewesen. Ich bin ihr einziges Kind.«
»Das bist du«, bestätigte Sebastian. »Und sie ist noch törichter, wenn sie bei der Geburt ihres Enkelkindes nicht zugegen ist.«
»Ich fürchte, meine Mutter hat … lehnt jeden weiteren Umgang mit mir ab.« Absurd, dieser Kloß, der ihr in der Kehle saß. In drei Jahren hatte sie nicht einmal Tee mit ihrer Mutter getrunken. Warum sollte sie sie ausgerechnet jetzt vermissen?
»Ist das der Grund, warum du mit aller Gewalt ehrbar werden möchtest?«, erkundigte sich Sebastian. »Damit deine Mutter dich wieder akzeptiert?«
»Natürlich nicht! Es ist nur wegen Miles, das habe ich dir doch schon gesagt.«
»Hmm.« Aber er hörte nicht richtig zu. Er war damit beschäftigt, ihr Ohr zu küssen.
Sebastian fand, das
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