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Keine Lady ohne Tadel

Keine Lady ohne Tadel

Titel: Keine Lady ohne Tadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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diesmal nicht Kaffee, sondern bloß Wasser. Das Flittchen war so dumm, eine Vase auf sein Klavier zu stellen.«
    »Er ist so ein boshafter Kerl«, sagte Rosy genüsslich. »Ich weiß nicht, wie das Flittchen das aushält.«
    »Das Flittchen« war Alina McKenna, vormals Opernsängerin und nun die Geliebte des übellaunigen Earls. Der Begriff Flittchen war nicht unbedingt abwertend gemeint, denn sowohl Leke als auch seine Nichte mochten die junge Lina. Natürlich war es nicht opportun, eine solche Frau zu mögen. Aber sie ließ sich leichter bedienen als viele ehrbare Damen der Gesellschaft, worüber insbesondere Leke bestens Bescheid wusste.
    Er zuckte die Achseln. »Zum Glück ist der Herr endlich ausgegangen.«
    »Wohin?«
    »Woher soll ich das wissen? Hat bestimmt mit dem Brief seiner Frau zu tun. Du musst dich jetzt an die Arbeit machen, Rosy, bevor das Flittchen nach Hause kommt.« Dass Rosys Mum ihrer Tochter überhaupt erlaubt hatte, in einem so übel beleumdeten Haus zu arbeiten, war allein der Anwesenheit ihres Onkels zu verdanken. Er nahm seine Verantwortung sehr ernst und teilte Rosys Arbeit so ein, dass sie die Bewohner des Hauses höchst selten zu Gesicht bekam.
    »Dann sollte ich jetzt lieber mal im Wohnzimmer saubermachen«, sagte Rosy. Eine seltene Gelegenheit, wenn der Herr des Hauses einmal nicht anwesend war und auf einem seiner drei Klaviere herumhämmerte. Und jetzt stand das Zimmer vermutlich unter Wasser.
    Einen Augenblick später stürzte sie schon wieder die Treppe hinunter und fand ihren Onkel beim Silberputzen. »Ich hab den Brief gefunden!«, verkündete sie. »Den Brief von seiner Frau. Er hat ihn zusammengeknüllt und auf dem Klavier liegen lassen.«
    Leke wirkte nicht begeistert.
    »Jetzt mach schon, Onkel John! Du musst ihn einfach lesen!«
    »Ich sollte es lieber nicht tun.«
    »Mum wird dich umbringen, wenn du ihn nicht liest«, sagte Rosy genüsslich. Und das stimmte durchaus. Rosys bedauernswerte Mum, Lekes einzige Schwester, war ans Haus gefesselt, um für Rosys kleine Schwestern zu sorgen. Sie lebte für die Skandalgeschichten aus dem Hause des Earls, die Leke und Rosy ihr getreulich hinterbrachten. Davon und von den Klatschzeitungen, die das Flittchen las und überall herumliegen ließ.
    Leke schürzte die Lippen, um seine Missbilligung auszudrücken, dann strich er den Brief glatt. »Er ist tatsächlich von der Gräfin«, bestätigte er. »Sieht so aus, als weilte sie irgendwo in Wiltshire.« Er warf einen Blick auf den Absender. »Kann’s nicht genau erkennen. Shambly House vielleicht? Aber das kann’s nicht sein.«
    »Ist doch egal, wo sie ist!« Rosy hüpfte vor Aufregung auf einem Bein. »Was schreibt sie? Wo ist er?«
    »Rees«, las Leke vor. »Ich bin an Pleuritis erkrankt. Wenn du mich noch lebend sehen willst, komm bitte, so schnell du kannst.«
    Rosy schnappte vor Schreck nach Luft. »Nein!«
    Leke überflog das Schreiben erneut. »Das steht da aber. Ich finde es ein wenig merkwürdig – was ist denn Pleuritis überhaupt?«
    »Bestimmt eine ganz, ganz schlimme Krankheit!«, rief Rosy und rang die Hände. »Ach, die arme Gräfin! Ich hoffe ja nur, dass sie davon nicht verunstaltet wird.«
    »Du kennst sie doch gar nicht. Weinst du etwa?«
    Denn Rosy wischte sich das Gesicht ab. »Es ist doch zu traurig! Wahrscheinlich hat sie sich verzweifelt gewünscht, dass ihr Mann zu ihr zurückkommt, und jetzt ist alles zu spät!«
    »Gebrauch mal deinen Kopf, Mädchen. Wenn du die Frau des Earls wärst, würdest du dich nach seiner Rückkehr sehnen?«
    Rosy überlegte. »Er ist aber ein schöner Mann!«
    Leke schnaubte verächtlich. »Schön wie ein wilder Eber vielleicht! Sieh den Tatsachen ins Gesicht, Rosy. Du wärst doch nicht gern mit so einem Mann verheiratet, oder?«
    »Nein, natürlich nicht! Er ist furchtbar alt und obendrein schmutzig.«
    »Die Gräfin wäre ohne ihn besser dran. Trotzdem komisch, das mit der Pleuritis. Pleuritis. Was ist das bloß?«
    »Mum wird’s wissen«, sagte Rosy zuversichtlich.
    »Aber wir beide haben in den nächsten zwei Wochen keinen einzigen Tag frei«, gab ihr Onkel zu bedenken.
    »Aber du könntest doch heute Nachmittag zu ihr gehen«, bettelte Rosy. »Das kannst du doch. Denn der Herr ist nach Wiltshire gereist, an das Sterbebett seiner Frau!« Theatralisch riss sie die Augen auf.
    Leke zögerte und musterte den Brief.
    »Es ist schließlich unsere Herrin, die im Sterben liegt. Wir müssen doch wissen, warum! Was ist, wenn die Leute uns

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