Keine Pizza für Commissario Luciani
der Herr Abgeordnete lässt ausrichten, dass er es morgen Abend einfach nicht schafft und dass er sich
demütigst entschuldigt.«
Er linste mit schuldbewusster Miene in ihr Dekolleté. »Tut mir leid, Signorina. Genau so ist es.«
»Du hättest dich nicht extra herbemühen müssen. Ein Anruf hätte es auch getan.«
Er hüstelte. »Im Grunde bin ich gerade wegen eines Telefonats gekommen«, sagte er und holte ein Handy hervor. »Der Herr Abgeordnete
wird sie unter dieser Nummer anrufen … in genau einer Minute.«
»Traut er jetzt schon nicht einmal mehr meiner Telefonnummer!«, schrie sie. »Wovor hat er Angst? Dass ich die Gespräche mitschneide?«
Belmondo senkte den Blick. »Nehmen Sie es ihm nicht übel. Je mächtiger sie werden, desto paranoider werden sie auch. Und mittlerweile
werden wir ja wirklich alle abgehört.«
»Pff, ich habe nicht die Absicht, mit ihm zu sprechen!«, sagte sie und wollte die Tür zuschlagen.
»Ich bitte Sie. Ich bin einen weiten Weg gekommen, um es Ihnen persönlich zu überbringen.«
In diesem Augenblick klingelte das Handy, das er ihr mit flehender Miene hinhielt. Sabrina nahm es wütend entgegen und wandte
sich ab, um zu antworten.
»Hallo! Hallo, hallo?!«
Im Nu war er in der Wohnung, hatte die Tür zugezogen, die Mauser aus der Jackentasche geholt und sie Sabrina an den Nacken
gesetzt.
|227| Ihr blieb nicht einmal mehr die Zeit, sich umzudrehen, sie fiel mit dem Gesicht nach vorn, während ihr Kopf explodierte und
das Blut Wände und Fußboden verzierte.
»Nimm’s nicht persönlich«, sagte Belmondo und schoss ihr noch zwei Mal in den Rücken. Dann schob er die Pistole wieder in
die Tasche, setzte den rechten Schuh zur Hälfte in eine Blutlache und überprüfte, dass der Abdruck deutlich genug war. Gib
ihnen einen Schuhabdruck der Größe 46, und sie sind wunschlos glücklich, dachte er grinsend. Vor allem wenn die Schuhgröße
auf einen unglückseligen Neger passt, der wohl jede Menge kompromittierender Spuren zurückgelassen hat. Er nahm sein Handy
und das von Sabrina an sich, ging zur Wohnungstür, kontrollierte, ob auf der Straße alles ruhig war, öffnete mit einem Taschentuch
und glitt hinaus in die Nacht.
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|229| Dritter Teil
|231| Achtunddreißig
Ventotene, Oktober 1968
»Und was machen wir jetzt?« Der Kalabreser hatte das Schweigen gebrochen, das seit über einer halben Stunde herrschte. Zu
lange, selbst auf einem Kutter, wo gewöhnlich viel gearbeitet und wenig geredet wurde.
»Zuallererst müssen wir sie zudecken«, sagte der Bootsführer und gab sich einen Ruck. Er hatte unbeweglich dagestanden und
ihren Schatz angestarrt, ohne ihn zu berühren, ohne den Blick zu den anderen zu heben, die auf ein Wort von ihm warteten.
Er nahm eine grüne Ölplane und breitete sie mit Hilfe des Mannes aus Taranto über die Statue. »Man kann nie wissen, ob nicht
jemand seine Nase in unser Boot steckt.«
»Wir müssen bald wieder reinfahren«, sagte der ältere der Gugliano-Brüder.
»Stimmt«, sagte der andere, auf die Sonne am Horizont schauend.
»Und wir kommen ohne Langusten zurück«, sagte der aus Taranto, seinen deformierten Schädel kratzend, das unschöne Souvenir
der Geburtszange.
Der Genueser sagte nichts. Seit sie die Statue an Bord gehievt und Atem geschöpft hatten, war noch kein Wort über seine Lippen
gekommen. Er wusste genau, was seinen Gefährten durch den Kopf ging, und das gefiel ihm ganz und gar nicht.
»Je weniger Leute sie sehen, desto besser«, sagte der Bootsführer. »Das heißt, eigentlich darf niemand sie sehen. Und niemand
darf etwas davon erfahren.« Er unterstrich den letzten Satz, indem er jeden einzelnen seiner Gefährten |232| mit dem Blick durchbohrte. Nur der Genueser hielt seinen Augen stand.
»Leute, ich bin kein Experte«, setzte der Chef wieder an, »aber soweit ich das beurteilen kann, ist das Ding hier eine Menge
Zaster wert. Haltet den Mund, und am Ende gibt es für alle was zu feiern.« Aus dem Tonfall ging hervor, dass er diesen besonderen
Fang als sein Eigentum betrachtete und die anderen sich mit einem Handgeld zufriedengeben durften. Die zwei Brüder sahen einander
an, und der ältere redete mit leiser, aber absolut verständlicher Stimme.
»Die war nicht leicht an Bord zu holen. Und wir haben alle gleich viel geschwitzt.«
»Das gilt für die Arbeit, nicht für den Angstschweiß, den sie mich noch kosten wird. Mich und den Bootseigner.«
Der aus Taranto
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