Keine Schokolade ist auch keine Loesung
Notarzt!«
»Sei vorsichtig!«, ruft Tom ihm hinterher. »Er könnte bewaffnet sein!« Er sieht zu Bridget, die im Schneidersitz auf dem Bett hockt und uns ängstlich beobachtet. »Ist er bewaffnet?«
Bridget schüttelt den Kopf. »Nein«, sagt sie, die Augen weit aufgerissen.
»Ich habe meinen Taser«, sagt Pete und schickt sich an, Steven hinterherzuklettern. »Wenn der Coach den Kerl einfängt, kann ich ihn damit überwältigen.« Glas knirscht unter Petes dicken Schuhsohlen. Er scheint Probleme zu haben, durch das Fenster zu kommen. »Vorsicht«, sagt Tom und hilft Pete, sich durch den Rahmen zu zwängen.
Ich mustere Bill Bigelows Zimmer. Es sieht dort aus wie in einem Maharadscha-Zelt. Von der Neonröhre und der Decke hängen so viele prächtige bunte Seidentücher und Ketten aus falschen Goldmünzen und Glaskristallen herunter, dass es fast unmöglich ist, die ursprüngliche Farbe der Wände zu erkennen. Das Bett ist mit Seidendecken und Kissen in Edelsteinfarben bedeckt, auch die Kommode und der Tisch sind mit Tüchern verhüllt. Sogar Bridget selbst, die in ihrem weißen Trägertop, den blauen Jeansshorts und den Flipflops ganz still auf dem Bett sitzt, trägt einen Seidenschal um den Hals geschlungen.
Ah. Jetzt verstehe ich, warum sie den Schal trägt. Nicht um vor der Kamera herauszustechen oder, wie Cassidy so boshaft behauptete, um von ihrer unreinen Haut abzulenken, sondern weil es sich um ein Geschenk von einem besonderen Menschen handelt.
Ich setze mich zu ihr auf das Bett. Die Tagesdecke aus Kunstseide fühlt sich unter meinen Fingern glatt an.
»Bridget«, beginne ich behutsam. »Du erinnerst dich an mich, nicht wahr? Ich bin Heather von der Fischer Hall. Geht es dir gut?«
» Mir ?« Das Mädchen reißt ihren Blick von dem Fenster los. Ihr Ton ist leicht verwundert, als gäbe es hier im Raum eine zweite Bridget, die ich meinen könnte. » Mir geht es gut.«
Der stampfende Rhythmus von So sue me dröhnt aus den Lautsprechern einer Stereoanlage, aber das scheint Bridget nicht zu stören, genauso wenig wie der Umstand, dass der Mann, mit dem sie gerade noch zusammen war, mit einem Schreibtischstuhl das Fenster eingeworfen hat, um dann nach draußen zu fliehen, und dass zwei weitere Männer ihm hinterhergeklettert sind, um seine Verfolgung aufzunehmen.
Tom geht hinüber zu dem MP3-Player in der Dockingstation und schaltet die Musik aus. Eine wohltuende Stille senkt sich über das Zimmer, abgesehen von entfernten Rufen draußen auf dem Flachdach und schließlich Toms Stimme.
»Ja, ich brauche die Polizei und einen Krankenwagen in der Wasser Hall am New York College, College Place 14«, spricht er in sein Handy. »Das ist zwischen Broadway und …«
Bridget, die plötzlich verängstigt wirkt, fragt: »Sie rufen aber nicht wegen Mr. Bigelow die Polizei, oder? Er hat nämlich nichts Schlimmes getan. Er hat mir nur geholfen. Ich weiß, es war falsch, aber …«
Ich werfe Tom einen warnenden Blick zu. Er nickt, als er die Botschaft versteht, und verlässt das Zimmer, das Handy noch am Ohr.
»Nun«, sage ich zu Bridget, »Mr. Bigelow …« Hat sie ihn gerade wirklich so genannt? »… hat ein Fenster eingeworfen. Das ist mutwillige Beschädigung von College-Eigentum, und das ist etwas sehr Ernstes. Außerdem hat er uns die Tür nicht aufgemacht, als wir geklopft haben, und das verstößt gegen die Regeln und Vorschriften der Wohnheime des New York College.«
Bridget nickt. »Oh«, sagt sie. »Okay. I… ich verstehe. Ich weiß, es war falsch, was wir getan haben, aber wir hatten nicht die Absicht, jemandem Schaden zuzufügen.«
»Natürlich nicht«, sage ich und streife ihr ein paar dunkle Haarsträhnen aus dem Gesicht, damit ich ihre Pupillen checken kann.
Ich glaube, Bridget steht unter Schock. Sie hat offenbar weder Schnittverletzungen noch Prellungen im Gesicht, an den Armen oder Beinen. Sie wirkt blass, aber unversehrt. Allerdings hat sie angefangen zu zittern.
»Wenn Mr. Bigelow dir nur geholfen hat, wie du sagst«, fahre ich fort, »warum habt ihr dann nicht aufgemacht, als wir geklopft haben? Und warum ist er weggelaufen?«
»Na ja«, sagt Bridget, schlingt die Arme um ihre Knie und rollt sich zu derselben Kugel zusammen wie vorher in der Bibliothek. »Ich schätze, wir haben wohl doch gegen die Regeln verstoßen …«
Mein Herz schlägt heftiger als je zuvor. »Gegen welche Regeln?«, frage ich.
»Er hat mich gecoacht«, antwortet Bridget. Jetzt füllen sich ihre großen dunklen
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