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Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregor Weber
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Qualität. Ich habe auch keine Mundart herausgehört, aber da gibt es ja Spezialisten. Sie hat mit einem Mann gesprochen, also mindestens zwei Leute. Was auffällt, ist ihr sehr kontrolliertes Melden, professionell. Als wären ihr Meldeschemata bekannt und auch unter Stress für sie gut einzuhalten. Die Wortwahl war sehr präzise, sie war genau orientiert über die Straßennummerierung und hat die Entfernungen sehr exakt eingeschätzt. Sie klang irgendwie nach Behörde, Rettungsdienst oder Militär. Verstehst du, wie ich das meine?«
    »Klar. Völlig. Stellt sich die Frage, warum bleibt so jemand nicht dabei und hilft? Oder wartet zumindest, bis Hilfe kommt.«
    »Genau. Wer so meldet, der ist ziemlich sicher in der Lage, Erste Hilfe zu leisten. Sie war nicht nervös oder unsicher, sondern sehr bestimmt zu dem Kollegen in der Leitstelle, der viel mitgenommener von der Sache war. Na ja, kein Wunder. Das sind entweder die einzigen Zeugen, die wir haben, oder die Täter. So oder so müssen wir alles daransetzen, sie zu finden.«
    »Sonst was?«
    Grewe schaute auf seinen Zettel von vorhin.
    »Gerd und seine Leute haben das Areal um- und umgegraben, alles abgesperrt und sind jetzt schon wieder dort. Sie haben nichts. Gar nichts. Nur die Hülse aus Kims Waffe. Ob sie an den beiden etwas finden, muss man abwarten. Lyske wird sie heute noch obduzieren. Gerd hat gestern sogar schon mal anhand des vermuteten Kalibers rumgerechnet, wie weit das Geschoss, das Kim getötet hat, noch geflogen sein kann, und will nach Eingrenzung des Schusswinkels heute gezielt nach Resten suchen, aber er hat nicht viel Hoffnung.«
    Er legte den Zettel wieder zurück.
    »Das war’s im Wesentlichen bisher.«
    Therese sah aus dem Fenster.
    »Die sind irgendwo da draußen. Essen. Trinken. Schlafen. Tun alles, damit wir sie nicht kriegen.«
    »Aber wir kriegen sie.«
    »Ja, wir kriegen sie. Aber das ist nicht der Punkt.«
    »Was dann?«
    Therese flüsterte fast.
    »Wie können die glauben, sie hätten das Recht zu entkommen?«

6
    E r joggte am Flussufer.
    Weit ausgreifende, ruhige Tritte. Seine Brust hob und senkte sich nur wenig, fast beiläufig. Und das, obwohl er ein hohes Tempo lief.
    Er war immer gelaufen, sein ganzes Leben lang, schon als kleiner Junge. Damals lief er meistens davon. Seinem Vater, der den Krieg und vor allem alles, was danach war, nicht aus sich herausbekam. Der Schule. Dem engen Dorf.
    Irgendwann war er stehen geblieben, um zu kämpfen. Und lernte schnell. Er war ein geborener Kämpfer, das war gut und gefährlich zugleich. Gut, weil er dadurch stark war und keine Angst kannte. Gefährlich, weil er süchtig nach dem Kampf wurde. Er suchte ihn immer und überall. Und er liebte das Siegen. Nein, er liebte es, den anderen verlieren zu sehen. Am Boden.
    Eine Weile hatte er versucht, den Krieger in sich auszumerzen, aber das Schicksal hatte es nicht zugelassen.
    Heute, so viele Jahre später, hatte er längst Frieden geschlossen mit dem Krieg. Er war seine Natur, sein Wesen. Er war ruhig im Kampf, ruhig, wenn er sich vorbereitete. Nur absolut kontrollierte Hitze, zweckgerichtet. Gerade genug, um zu siegen. Um zu töten.
    Er trug einen Sack aus Canvas und eine längliche Tasche aus demselben Material auf dem Rücken. Im Rhythmus seiner Schritte schwang beides hin und her.
    Noch etwa einen halben Kilometer, dann müsste er den Fluss verlassen, in Richtung City weiterlaufen. Die Militärringstraße entlang, anschließend quer durch den Park, dann hatte er das Dojo erreicht.
    Eine Schulsporthalle eigentlich, aber jeder Raum, in dem Menschen ernsthaft Budo betrieben, wurde zum Dojo. Ihm gefiel der Dojo-Gedanke sehr. Er hatte kein Zuhause, keine Identität, keine Familie, keine Freunde. Er besaß wenig mehr als seine Kleidung und sein Gepäck. Geld war Mittel zum Zweck, sonst nichts. Er hatte nur seinen Geist, seinen Körper und den Kampf, den er führte. Alles, was ihn ausmachte, ging an jeden Ort mit, den er betrat.
    Und so war auch ein Dojo. Es wurde, was es war, allein durch den Geist und das Verhalten der Menschen, die im Dojo lernten.
    Wenn sie gegangen waren, war das Dojo nur noch ein Raum.
    Er betrat die Umkleide. Grüßte, wurde zurückgegrüßt. Er war nur Gast, zahlte bar für jedes Training. Er kam her, wenn er in der Stadt war, und dann oft monatelang nicht mehr. Er war viel unterwegs, meist in Gegenden, in denen es kein Dojo gab. Aber es gab keinen Tag ohne Übung für ihn. Er betrieb auch andere Kampfsportarten, Krav Maga,

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