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Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregor Weber
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älter als er selbst war, aber fast zehn Jahre waren damals eine Ewigkeit.
    Und er hatte Gandalf etwas anzubieten. Ein Leben. Das Leben, das Gandalf führen wollte. Der Alte hatte einen Auftrag für ihn.
    Und jetzt hatte er einen Auftrag für den jungen Mann, der neben ihm ging. Das sah Gandalf genau. Würde ihn vollpumpen mit Bedeutung, ihm vorspielen, dass er ihm vertraute, nur ihm allein.
    Gandalf lächelte.
    Er war auch darauf reingefallen. Nicht nur einmal. War dem Fänger ins Netz gegangen und hatte sein Zappeln darin für Flügelschlagen gehalten. Hatte ihm geglaubt, dass er und nur er dieser Aufgabe gewachsen war. Aber es hatte immer auch andere gegeben. Das Netz, das der Alte damals wob innerhalb des riesigen Netzes aus Paranoia und Hass, das sich über Ost und West gelegt hatte, verband viele Männer und Frauen wie Gandalf. Er hatte sogar manche davon kennengelernt, weil sie gerade dieselbe Organisation unterwanderten, infiltrierten, ausspähten und sich schier auf die Füße traten dabei.
    Die beiden Männer gingen langsamer. Gandalf kniff die Augen zusammen. Das machte ihm manchmal Sorge. Seine Augen wurden schlechter. Lauf der Zeit.
    Sie waren stehen geblieben, der Alte zeigte auf etwas. Eine Bank.
    Während die beiden sich setzten, öffnete Gandalf vorsichtig die kleine Gürteltasche. Entnahm ihr ein Richtmikrofon und einen Hörer. Pegelte den Empfänger ein.
    Und hörte seine eigene Lebensgeschichte.
    Jedenfalls die Version, die der Alte für die momentan geeignete hielt …
    Der schwere BMW von Odhan Celik surrte wieder durch den Wald. Celik hatte die Augen geschlossen, spürte den vergangenen drei Stunden nach.
    Es war viel besser gelaufen, als er gehofft hatte. Und es war der absolute Irrsinn, sich mit solchen Typen einzulassen. Was die vorhatten, würde ein Erdbeben auslösen, die Republik verstören und bis in ihre Grundfesten erschüttern.
    Wenn sich seine Gesinnungsgenossen in der Türkei zu so einer Aktion entschließen würden, es wäre überhaupt kein Problem, sie durchzuziehen. Aber hier in Deutschland, bei den Sicherheitsvorkehrungen vor jüdischen Einrichtungen … Irrsinn, es gab kein anderes Wort dafür.
    Aber andererseits ein wirklich lukrativer Auftrag – und den Juden eine zu verpassen, war ganz nach Celiks Geschmack. Es ging ihm dabei gar nicht um religiösen Hass, er selbst nahm seinen Glauben nicht allzu ernst. Aber wie die Israelis den ganzen Nahen Osten im Klammergriff hielten und jede türkische Regierung sich von denen gängeln ließ, das ging ihm und vielen anderen türkischen Nationalisten gewaltig auf die Nerven. Die Grauen Wölfe und andere Gruppierungen finanziell zu unterstützen, das war Ehrensache für Celik als Patriot und erfolgreicher Geschäftsmann, aber man musste zugeben, dass die konkret nicht gerade viel unternahmen.
    Der schwere Wagen verließ den Waldweg und bog auf die Landstraße. Celik lächelte mit geschlossenen Augen.
    Er hatte den Nazi ziemlich zum Schwitzen gebracht. Und der hatte sich so gut wie verplappert.
    Die beiden Bullen waren von seinen Leuten umgelegt worden, da war sich Celik sicher. Das sprach nicht unbedingt für ihre Besonnenheit, aber immerhin hatten sie es offensichtlich so hingekriegt, dass die Polizei weit davon entfernt war, ihnen auf die Spur zu kommen.
    Das Beste daran war, dass es Celik erlaubte, den Preis für die Ware und die Lieferung noch mal deutlich nach oben zu korrigieren. Perschels Angebot an Schwankwitz aus Zeiten, als er und seine »Skulls« so was noch hätten durchziehen können, war ohnehin zu niedrig, aber mit der Gewissheit, dass die Kunden unter großem Druck standen, war es ein Leichtes für Celik, eine Summe aufzurufen, die Schwankwitz blass werden ließ. Und er wusste, dass der sie ohne großes Murren aufzubringen versuchen würde.
    So war es dann auch.
    Der Dicke hatte gestöhnt und die Augen verdreht und schließlich genickt.
    Der Wagen rollte durch die Vororte. Celik hörte leise, sehr leise das Rauschen von Verkehr und öffnete die Augen. Die Stadt konnte er sich immer ansehen. Auch so eine kleine. Landschaft machte ihn unruhig. Wenn er das Wort hörte, dachte er immer nur: Armut. Stillstand. Tod. Menschen, die sich stumpf in ihr Schicksal ergeben.
    Die Stadt, das war Enge. Streit. Schmutz. Aber auch Beweglichkeit. Offenheit. Ehrgeiz. Kultur.
    Er selbst hatte nur in Städten werden können, was er heute war. Odhan Celik empfand keinerlei Scham über seine Geschäfte. Er lieferte, was andere haben wollten.

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