Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)
Nickte.
Schwankwitz keuchte, war käseweiß. Klar. Der hatte sich vermutlich nicht eine Sekunde Gedanken gemacht, wie es nach dem Anschlag aussehen würde, und jetzt hielt er einen einzigen Toten nicht aus.
Dass es zu dem Anschlag kommen würde, so wie er geplant war, glaubte Gandalf nicht mehr. Es gab jetzt schon zu viel Aufsehen. Und der Dienst konnte nicht mehr allzu lange warten, bis er die Polizei ins Boot holte. Vermutlich würden sie noch nicht mal mehr die Waffen bekommen.
Aber er verfolgte schließlich noch ein Sekundärziel. Und das konnte er auf jeden Fall noch erreichen. Und vielleicht …
»Pass auf.« Er drehte die Frau zu sich her.
»Ich mache hier alleine weiter. Mit freundlicher Hilfe unseres Großpolitikers natürlich.«
Schwankwitz wäre noch bleicher geworden, wenn es gegangen wäre.
»Ich gebe dir eine Adresse. Und Geld. Du fährst noch heute Nacht mit dem Zug hin. Verstanden?«
Sie nickte.
»Man wird dort Bescheid wissen. Und du wirst erfahren, wie es weitergeht. Hast du alle Sachen in der Hütte?«
Sie nickte wieder.
»Gut. Die Kleider, hattest du die beim Überfall an? Die müssen weg. Hast du noch Wechselkleidung? Schwankwitz? Du sorgst dafür, dass jemand sie mit dem Auto bis nach Frankfurt bringt. Zügig, klar?«
»Ja. Klar.« Schwankwitz war kaum zu verstehen.
»Okay. Dann Abmarsch.«
»Kolleginnen und Kollegen.« Grewe klatschte zweimal in die Hände. Es wurde ruhiger.
Sie waren alle da, praktisch die gesamte Kripo der Direktion, außer Gerd Drossel. Er wolle noch etwas überprüfen, hatte er gesagt. Alle sahen nach vorne. Die meisten hatten schon das eine oder andere aufgeschnappt, aber jetzt warteten sie auf klärende Worte.
»Wir haben einen Anknüpfungspunkt. Eigentlich ist es nur eine Handynummer. Die Nummer der Zeugin, die Bernie und Kim gefunden und uns alarmiert hat. Allerdings steckt hinter dieser Nummer keine gewöhnliche Bürgerin, sondern eine Mitarbeiterin des Bundesamts für Verfassungsschutz in Köln.«
Das verursachte gewaltige Unruhe unter den Beamten. Grewe hob beide Hände.
»Deswegen haben wir sie auch noch nicht einfach so kontaktiert. Ich denke, niemand hier im Raum hält es für unprofessionell, wenn wir davon ausgehen, dass jemand vom Verfassungsschutz nicht ohne dienstlichen Grund an einem solchen Tatort auftaucht und nach nur einem Anruf wieder verschwindet.« Einige Kollegen lachten bitter. Vor allem Noss’ massige Schultern kamen gewaltig ins Zucken.
»Der Chef«, Grewe zeigte an die Decke, »hat eine TÜ für die Nummer beantragt und auch schon angeordnet. Wir sollten also in kürzester Zeit den Aufenthalt der Zeugin bestimmen können. Wenn sie sich noch in dieser Gegend aufhält, können wir annehmen, dass der Verfassungsschutz eine Operation laufen hat, oder wie auch immer die das nennen. Dann werden wir unsererseits die Dame zunächst mal physisch finden und, wenn möglich, observieren. Das gesamte Verhalten der Frau in der Angelegenheit ist nicht dazu angetan, mit Kooperation seitens ihrer Dienststelle zu rechnen. Dann hätte sich nämlich fraglos schon jemand gerührt bei uns.«
Zustimmendes Nicken im Raum. Therese hob die Hand. Grewe gab ihr das Wort.
»Ich frag’s mal geradeheraus: Betrachten wir die Frau ausschließlich als Zeugin? Oder kommt sie auch als Tatverdächtige infrage?«
Therese. Mal wieder auf den Punkt. Es war so gut, sie hier zu haben. Als wäre sie Monate weg gewesen.
»Dann antworte ich genauso geradeheraus. Nach der St PO darf ich sie natürlich nur als Zeugin betrachten, aber nach Berücksichtigung aller Zutaten«, Grewe zählte auf, »sie taucht am Tatort eines Doppelmordes auf, ruft uns an, bleibt aber nicht da, meldet sich nie wieder, arbeitet für einen Geheimdienst, der sich auch nie rührt bei uns«, vereinzeltes Lachen und Schnauben im Raum, »und wenn ich überlege, was wir in den letzten Jahren im Zusammenhang mit Rechtsradikalismus so alles mit Geheimdiensten – und leider auch uns selbst – haben erleben müssen … also, da wäre ich schon eine richtige Paragraphenspuckmaschine, wenn ich da nicht in Betracht zöge, dass es auch eine indirekte oder direkte Verwicklung in die Tat geben könnte. Zumal wir bislang weder in Bernies noch Kims Privatleben auch nur die geringsten Anzeichen für so etwas wie ein Mordmotiv haben ausfindig machen können. Und wenn wir nichts Überzeugendes finden, dann bleibt nur das Offensichtliche. Bernie und Kim wurden erschossen, weil sie Polizisten waren. Jemand wollte
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