Keine wie sie (keine wie ...) (German Edition)
zu akzeptieren, fiel so verdammt schwer. Jemanden von Weitem anzuhimmeln, in der Überzeugung, er würde höchstwahrscheinlich niemals dahinter kommen, dass man überhaupt existierte, entsprach einem netten Zeitvertreib. Doch ihm täglich so nah zu sein, ihn zu berühren ...
Das Blut stieg ihr zu Kopf, wann immer Tina daran dachte, wie sie in ihrer Dummheit tatsächlich seine Hand genommen hatte. Kaum geschehen, hätte sie sich am liebsten einen tiefen Kanal in den Steinboden des Starbucks gegraben. Eine Wanderung zum Erdkern sollte eine interessante Angelegenheit sein. Zumal man dorthin recht lange reiste.
Und Daniel? Der schien weder überrascht, noch angewidert – womit sie gerechnet hätte. Nein! Offensichtlich störte er sich nicht im Geringsten daran.
Immer wieder verblüffte er sie und Tina wusste, dass er sich bei ihr so ungefähr alles herausnehmen konnte, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.
Beispielsweise diese Geschichte mit seinen Freunden in
ihrem
Appartement. Kaum zeigte Daniel seinen Bedarf an, machte Tina, neuerdings dämlicher als die Cops erlaubten, Anstalten, es ihm zu überlassen. Möglicherweise wäre sie ausgezogen, hätte er sie unter Einsatz des traurigen Blickes darum gebeten.
Bei dem Gedanken an den kommenden Tag wurde ihr übel.
Sie
mimte für
ihn
die Alibifreundin!
Weshalb
Tina
für den Job herhalten musste, verstand sie nicht. Niemand würde ihnen diese Geschichte abkaufen, davon abgesehen, erkannte sie durchaus die drohende Gefahr.
Das rangierte mindestens fünf Meilen über der Schmerzgrenze. Denn Daniel konnte ihr wirklich wehtun. Vielleicht wusste er es sogar und scherte sich nur nicht darum.
Tina war tatsächlich nicht dumm. Weder was ihre Intelligenz betraf, noch in Sachen Intuition. Wenn man über Jahre die Rolle des abstoßenden Beispiels innehat, entwickelt man zwangsläufig ein Radar für Menschen, die einen fertigmachen wollen oder das einfach lässig in Kauf nehmen.
Tauchte Daniel auf, schrillten bei ihr sämtliche Alarmglocken.
Doch er musste nur diesen besonderen Blick auflegen und sie schmolz dahin wie Butter in der Sonne. Diesen Trumpf zog er übrigens immer dann, wenn Tina mal wieder Gefahr lief, vernünftig zu werden. Seine Manöver entgingen ihr keineswegs.
Skrupellos und gewissenlos spielte er mit ihr und stellte sich dabei nicht halb so clever an, wie er vielleicht glaubte. Dass sein Interesse nur ihrem Appartement galt, hatte sie ebenfalls registriert und ließ ihn dennoch gewähren.
Denn Christina Hunt war spielsüchtig, abhängig von einer ganz besonderen Art Glücksspiel.
Dem
Was-Wäre-Wenn
-Poker.
Wann immer sie sich vor Augen führte,
was
Daniel mit ihr anstellte, kamen ihr augenblicklich Zweifel. Was, wenn sie sich irrte und er sie tatsächlich mochte?
Bestand denn nicht die geringe Möglichkeit, dass es sich so verhielt, und warf sie nicht alles weg, wenn sie ihm und seinem Treiben Einhalt gebot?
Der Schlaf wollte sich in dieser Nacht nicht einstellen. Irgendwann gab sie stöhnend auf und humpelte ins Bad. Im grellen Licht der Neonlampe blinzelte sie, trat vor den Spiegel und beäugte sich kritisch.
„Scheiße!“, hauchte Tina nach einer Weile. „
Totale
Scheiße!“
Versuchsweise hob sie eine Strähne ihres viel zu schweren dunklen Haars und versuchte, es irgendwie in Form zu bringen.
Das ging daneben.
Als Nächstes probierte Tina es mit jeder Menge Haargel. Das Ergebnis fiel auch nicht sonderlich berauschend aus. Ihr Haar wirkte jetzt wie frisch geölt. Stöhnend wusch sie es und begann aufs Neue mit der Frisierarie. Nun unter Zuhilfenahme eines Föhns.
Eine halbe Stunde später kramte sie aus den Tiefen irgendeiner noch nicht ausgeräumten Kiste einen Lockenstab hervor und versuchte es damit.
In den kommenden drei Stunden fabrizierte Tina etwas – unter Verwendung jeder Menge Haarspray – das auf jeden Fall schon mal anders als sonst aussah. Ob gut, wusste sie noch nicht, das würde sie nach nochmaliger Inaugenscheinnahme entscheiden.
Die kleine Uhr im Bad schaltete auf drei, gegen zehn wollte Daniel erscheinen. Offenbar wurde in seiner Familie das Barbecue recht früh zelebriert. Demnach blieben Tina sieben Stunden. Nicht viel, wenn sie sich betrachtete. Aber man sollte ja nichts unversucht lassen.
Wenig später musste sie wie so häufig die leidvolle Erfahrung machen, dass Duschen mit Gipsbein ein äußerst heikles Unterfangen bedeutete. Und dann stellte sie sich der Herausforderung, in ihre Jeans hineinzukommen.
Ohne
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