Keine Zeit für Vampire
allein Nikolas Schuld, denn zweifellos hat er etwas mit meinem Gehirn angestellt, als er von meinem Blut trank. Aber selbst wenn er mich hypnotisiert oder durch Zauberei hörig gemacht hat oder was auch immer diese Vampire anstellen, um den Geist unschuldiger Frauen zu verwirren und sie zu ihren Liebessklavinnen zu machen, war nichtsdestotrotz ich diejenige, die ihn angefallen hat. Mehrfach.
Und ich habe jede einzelne Sekunde genossen.
»Du bist für das alles verantwortlich«, machte ich Nikola kurz nach der kleinen Episode am Straßenrand klar.
»Das habe ich bereits eingestanden und meine Bereitschaft erklärt, dein Gewand zu ersetzen«, erwiderte er mit diesem niedlichen britischen Akzent. Jedes Mal, wenn er sprach, ließ seine Stimme mein Innerstes vor Freude tanzen. Ich habe mein Innenleben angewiesen, sich ein bisschen mehr zu beherrschen, denn wir hatten schon genug Peinlichkeiten für den Tag hinter uns.
»Ich wollte damit nicht darauf anspielen, dass du mein nagelneues Sommerkleid in Fetzen gerissen, sondern dass du meinen Geist mit deinen erotischen Gedanken vernebelt hast«, stellte ich richtig und sah dabei an mir herab. Da mein Kleid kaputt war, hatte er mir sein überlanges Hemd, das mir bis zu den Knien reichte, und seinen Mantel überlassen.
»Ich habe deinen Geist nicht vernebelt.« Nikola ritt neben mir. Der Anblick der rosigen Strahlen der Morgensonne auf seinen Armen und seiner bloßen Brust verschlug mir schier den Atem. »Ich kann keine Gedanken vernebeln.«
Ich räusperte mich und versuchte, ihn nicht mehr so bewundernd anzustarren.
»Dann hast du mich eben verzaubert oder sonst etwas mit mir angestellt, um mich zu deiner Liebessklavin zu machen.«
Er seufzte. »Ich habe dir doch schon versichert, dass ich dazu nicht in der Lage bin. Nicht, dass ich nicht gern über eine solche Fähigkeit verfügen und sie nutzen würde, denn die Vorstellung, von Liebessklavinnen umgeben zu sein, behagt mir außerordentlich, und zudem wäre es ausgesprochen praktisch, verschiedene Frauen zur ständigen Verfügung zu haben, damit der Vielzahl meiner sexuellen Bedürfnisse auch angemessen Rechnung getragen werden kann. Doch leider ist es meines Wissens einem Dunklen nicht möglich, die Gedanken anderer zu kontrollieren.«
»Du wünschst dir also eine Herde liebeshungriger Frauen, die dich umschwärmen«, sagte ich finster. Was für ein Mistkerl!
»Das wäre angemessen«, stimmte er zu.
Ich holte schon Luft, um ihm die Meinung zu geigen, als mir etwas auffiel. »Du sagtest, dass deine Frau schon vor einer Weile gestorben sei.«
»Ja, vor sieben Jahren.« Dabei sah er mich merkwürdig an.
»Wie lange wart ihr miteinander verheiratet?«
Jetzt wurde er misstrauisch. »Sechzehn Jahre.«
»Und was hat deine Frau von dieser Herde Frauen gehalten, die deine ach so männlichen Bedürfnisse nötig machen?«
Er straffte sich im Sattel. Sein Pferd spürte die Veränderung und reagierte mit einem Ausfallschritt zur Seite, doch Nikola bekam es sofort wieder unter Kontrolle. »Weib, ich kann dir versichern, dass meine Frau in dieser Hinsicht niemals Anlass zur Klage über mich hatte.«
Ich fand seine Entrüstung irgendwie witzig. Ich hatte ihn durchschaut – ein typischer Fall von großem Mundwerk, aber nichts dahinter.
Obwohl sein Mund es schon in sich hatte. Na ja.
»Wie dem auch sei, ich bin schon seit vielen Jahren ohne Eheweib, und es ist doch allgemein anerkannt, dass die sexuellen Bedürfnisse des Mannes stärker sind als die der Frau.«
Das war nicht mehr lustig. »Du bist so – das ist kompletter Blödsinn! Es ist eben nicht allgemein anerkannt, sondern ein verbreiteter Irrtum, den ein Haufen notgeiler Männer in die Welt gesetzt hat, als Ausrede dafür, dass sie jede Frau, die sich von ihnen bezirzen lässt, flachlegen. Nur zu deiner Information: Frauen haben dieselben Bedürfnisse wie Männer. Du liebe Güte, ihr habt hier aber sehr seltsame Ansichten.«
»Ich habe zahlreiche Fachpublikationen zu dieser Thematik gelesen, und sie alle waren sich einig in dem Punkt, dass die männlichen Lüste stärker und mannigfaltiger sind als die der Frau.«
»Diese Publikationen kannst du dir getrost in den Hintern schieben.«
Seine Brauen hoben sich wieder ein Stückchen. »Praktiken dieser Art bereiten mir ebenfalls kein Vergnügen. Falls es sich bei dir anders verhält, so muss ich dir leider …«
»Nein!« Durch meinen Aufschrei erschreckt, warf Imogens Pferd Thor den Kopf herum. Ich senkte etwas
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