Keine Zeit für Vampire
umherwandern muss. Weshalb liegst du nicht im Bett?«
Keuchend schlug ich mir eines der wunderschön bestickten Kissen vor die Brust. »Wusste ich es doch! Du willst mir nur an die Wäsche. Hör mal, Freundchen, das, was ich gesagt habe, habe ich auch so gemeint. Schreib dir das gefälligst hinter die Ohren.«
»Das dürfte schon aus anatomischen Gründen schwierig werden«, entgegnete Nikola irritiert. »Du gehörst jedenfalls ins Bett. Ich hatte dir doch befohlen, dich hinzulegen. Immerhin bist du vier Mal vom Pferd gefallen …«
»An meinem letzten Absturz warst nur du schuld! Ich hatte dich noch gebeten, mich aufzufangen, aber das hast du nicht.«
»Ich wusste ja nicht, dass du gedachtest, auf der falschen Seite abzusteigen. Wärst du auf die übliche Art …«
»Na, das ist ja reizend. Schließlich bin ich hier der Reitanfänger, da hättest du dich bei deinen Anweisungen übers Absteigen ruhig etwas klarer ausdrücken können. Überhaupt, was deine Anweisungen angeht …«
»Außerdem bist du mit Heinrich kollidiert und ohnmächtig geworden …«
»Bestimmt war das ebenso deine Schuld«, gab ich böse zurück. Obwohl der Großteil meiner Erinnerungen wieder da war, konnte ich mich immer noch nicht entsinnen, in Nikolas Kutsche gelaufen zu sein, wie er es behauptete.
»Dazu kommt noch die große Anstrengung, die dich deine drei Verführungsversuche gekostet haben müssen. Du musst dich ausruhen.« Dazu vollführte er eine elegante Verbeugung, die er mit einer anmutigen Handgeste unterstrich. Dabei fielen mir die weißen Spitzenaufschläge seines Hemdes auf, die ihm über die Handgelenke hingen. Seltsamerweise sahen sie bei ihm nicht weibisch aus, sondern verstärkten noch seine raue, männliche Ausstrahlung.
Ich wollte gerade dazu ansetzen, ihm zu erklären, dass ich schon ein großes Mädchen wäre und sehr gut selbst entscheiden könne, wann es Zeit fürs Bett sei, als mir bewusst wurde, dass ich tatsächlich vor Müdigkeit beinahe umfiel.
Bevor ich Nikola das mitteilen konnte, ging allerdings schon wieder die Tür auf und Imogen rauschte mit einem Stapel weißer Wäsche ins Zimmer.
»Papa?«, fragte sie verwundert mit einem Blick auf mich. »Was hast du hier zu suchen?«
»Dies ist meine Burg. Mein rechtmäßiger Besitz. Ich habe ihn von meinem Vater geerbt, deinem Großvater, dessen Namen du trägst«, erklärte Nikola missmutig. »Damit lautet die Antwort auf deine Frage, warum ich hier bin: weil ich das Recht dazu habe.«
»Dein Vater hieß Imogen?«, fragte ich Nikola.
Jetzt traf mich seine Missbilligung. »Selbstverständlich nicht. Imogen ist ein Frauenname. Mein Vater hieß Fidele.«
»Aber du sagtest doch …«
»Papa, du hast hier nichts zu suchen. Fräulein Iolanthe ist eine unverheiratete Frau und zudem nur dürftig bekleidet. Ich werde nicht zulassen, dass du die Situation ausnutzt«, fuhr ihm Imogen über den Mund und legte den Wäschestapel auf dem Bett ab. »Du kannst gehen, ich werde mich um sie kümmern.«
»Weib!«, brüllte er beinahe. »Ich lasse mich nicht in meinem eigenen Heim gängeln! Wenn ich mich in diesem Zimmer der Burg, deren Herr ich bin, aufhalten möchte, damit Io mich möglicherweise noch einmal verführt, dann werde ich das tun und mich keinen Millimeter von der Stelle bewegen, egal, was du auch sagst. Und nun lass uns allein, damit die Dame ihre Verführungskünste ohne ungebetene Zuschauer entfalten kann.«
Imogen drehte sich langsam um und nahm mich ins Visier.
»Ihr habt meinen Vater verführt?«
»Nein! Das würde ich mich nie trauen! Ich habe ihn nur ein, zweimal angefallen …«
»Dreimal, um genau zu sein.«
»Einmal oder dreimal, ist doch egal. Es wäre sowieso unangemessen, so genau mitzuzählen«, bemerkte ich mit einem finsteren Seitenblick auf Nikola. »Aber ich habe ihn nicht wirklich verführt, sondern nur … ähm … wie alt bist du?«
Imogen schürzte missmutig die Lippen. »Ist das von Bedeutung?«
»Schon. Was weißt du über die Bienchen und die Blümchen?«
»Welche Bienchen, bitteschön?«
»Na, das ist eine Umschreibung für … Mann und Frau, wenn sie … zusammen sind … intim.«
»Meint Ihr damit sexuellen Verkehr?« Sie nickte verständig. »Darüber weiß ich natürlich Bescheid.«
»Das tust du nicht!«, donnerte Nikola und durchbohrte sie von hinten mit einem bösen Blick, der ihr eigentlich die Haare vom Kopf hätte sengen müssen. »Du bist doch noch ein unschuldiges Mädchen!«
»Das schon, aber ich habe
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