Keine Zeit für Vampire
verkniff mir einen Kommentar und lächelte ihr nur wortlos zu, als sie den Teller und den Krug mit trübem Wasser zurück in die Küche brachte.
Kurz darauf verließ ich den kleinen, sonnigen Frühstücksraum mit zwei Äpfeln und einem Becher Ziegenmilch. Ich trank zuerst genüsslich die Milch, kaute dann einen der Äpfel und überlegte dabei, wie es weitergehen sollte.
Zweifellos hatte es absolute Priorität, den Wald wiederzufinden und in meine eigene Zeit zurückzukehren. Die Gelegenheit zu nutzen, um das Leben im achtzehnten Jahrhundert hautnah kennenzulernen, lockte mich ebenfalls, war allerdings weitaus weniger wichtig als der erste Punkt. Hätte ich doch nur noch meine Kamera gehabt, um meine unglaublichen Erlebnisse zu dokumentieren. »Hmmm. Keine dumme Idee. Hey, Sie da, Herr Lakai …«
Der eifrige Diener mit der lachsfarbenen Perücke kam hereinstolziert. Als er an einem Tischchen vorbeikam, auf dem eine silberne, auf Hochglanz polierte Urne stand, blieb er kurz stehen, um sich in ihrer spiegelnden Oberfläche zu bewundern. Dann sah er mich an, zog angewidert die Oberlippe hoch, als habe er einen Hundehaufen gerochen, und klärte mich auf: »Ich heiße Robert und nicht Lakai.«
»Entschuldigen Sie, Robert. Haben Sie hier zufällig so etwas wie Papier und ein Schreibgerät, das ich benutzen könnte?«
Der Lakai verzog wieder das Gesicht und teilte mir freundlicherweise mit, dass ich in Imogens Zimmer Schreibpapier finden könnte. Ich machte mich also auf den Weg zu dem kleinen Raum. An der Tür verharrte ich jedoch, denn drinnen saß Imogen an einem wunderschönen Schreibtisch aus Eichenholz.
»Oh, Verzeihung. Ich wusste nicht, dass jemand hier ist. Robert meinte, dass ich hier Papier finden könnte. Ich möchte mir einige Notizen über die Dinge machen, die ich hier gesehen und erlebt habe. Das ist geschichtlich bestimmt sehr interessant. Ich wollte dich nicht stören. Ich komme einfach später wieder.«
»Nein, bleib.« Imogen erhob sich, faltete einen Papierbogen und schob ihn in den Ärmel. »Jetzt, wo Papa wieder zu Hause ist, gibt es im Haushalt für mich einiges zu tun. Du darfst gern den Schreibtisch und mein Briefpapier für deine Aufzeichnungen nutzen.« An der Tür hielt sie noch einmal lächelnd inne. »Papa schreibt sich auch immer gern alles auf. Benedikt, mein Bruder, neckt ihn immer, dass er doch Alchemist werden sollte, aber Papa meint, dass er das Geheimnis des ewigen Lebens bereits kennt und weitere Forschungen für unnötig erachtet.«
»Wie? Ach so, weil er ein …« Ich machte mit den Fingern eine Bissgeste.
Imogen nickte.
»Ich weiß, das ist eine sehr persönliche Frage, aber: Trinkst du auch Blut so wie dein Vater? Als ich dich in meiner Zeit getroffen habe, hast du nichts dergleichen erwähnt, aber wahrscheinlich würdest du einer Fremden nicht so ohne Weiteres auf die Nase binden, dass du ein Vampir bist. Allerdings siehst du nicht so aus, wie ich mir einen Vampir vorstelle.«
»Ich bin Mährin, kein Vampir«, antwortete sie steif und zuckte gleichgültig mit der Schulter. »Wenn ich will, kann ich Blut trinken, aber ich bevorzuge Wein. Ich lasse dich jetzt mit deinen Notizen allein. Wenn du mehr Papier oder Schreibfedern benötigst, läute einfach.«
Es dauerte etwas, bis ich mich daran gewöhnt hatte, mit einem Federkiel und Tinte zu schreiben, und so ließ es sich nicht vermeiden, dass der Ärmel des schönen Kleides, das mir Imogen geliehen hatte, einen Tintenfleck abbekam (zuerst hatte sie darauf bestanden, mir eine Robe aus Goldbrokat und alter, roséfarbener Moir é -Seide zu geben, doch ich hatte es glücklicherweise geschafft, sie auf etwas herunterzuhandeln, das sie als ›Arbeitskleid‹ bezeichnete und bei dem es sich um ein Baumwollkleid mit einem Blüten- und Vogelmuster mit blassgrünem Unterkleid handelte). Doch bald hatte ich den Dreh heraus und kratzte eifrig meine Notizen auf Imogens handgeschöpftes Papier.
Ich hatte ursprünglich wirklich nur vor, ein paar kurze Zeilen zu verfassen, doch nachdem ich erst einmal angefangen hatte, hatte ich plötzlich das Gefühl, alles bis ins kleinste Detail aufschreiben zu müssen, um auch nicht die geringste Kleinigkeit meines Trips in die Vergangenheit zu vergessen.
Ich schrieb und schrieb, schüttelte dabei den Kopf und murmelte vor mich hin: »Ich kann nicht fassen, wie gut ich das alles verkrafte: Eine Zeitreise, ein sexy Vampir … Ich sollte einen Pokal dafür erhalten.«
Es kam mir vor, als ob erst
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