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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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ich.
    Sie hatte ihren Palm Pilot aus der Tasche gezogen. Der Bildschirm blendete fast im dunklen Wagen. Sie sah auf das kleine Display und sagte: »Fahr die 17 nach Süden. Und beeil dich, damit wir nicht noch weiter zurückfallen.«
    Ich wendete und fuhr wieder auf den Highway. Dann griff ich in meine Tasche und holte die Flasche mit den Vioxx heraus. »Die müssten gegen die Schmerzen helfen.«
    Sie öffnete die Flasche. »Wie viele soll ich nehmen.«
    »Eine.«
    Sie fingerte eine heraus. Dabei ließ sie den Bildschirm des Palm Pilot nicht aus dem Auge. Sie schluckte die Tablette und bedankte sich.
    »Was ist passiert?«, fragte ich.
    »Fang du an.«
    Ich erzählte ihr, was mir widerfahren war. Wir blieben auf der Route 17. Wir kamen an Ausfahrten nach Allendale und nach Ridgewood vorbei. Die Straßen waren leer. Sämtliche Geschäfte  – und davon gab’s reichlich, weil fast der gesamte Highway eine einzige, lang gestreckte Einkaufsmeile war – waren geschlossen. Rachel hörte zu, ohne mich zu unterbrechen. Gelegentlich sah ich zu ihr hinüber. Offensichtlich hatte sie ziemliche Schmerzen.
    Als ich fertig war, fragte sie: »Bist du sicher, dass das Kind im Wagen nicht Tara war?«
    »Ja.«
    »Ich habe noch einmal im Labor angerufen. Die DNA-Struktur stimmt immer noch überein. Ich begreife das nicht.«
    Ich begriff es auch nicht. »Was ist mit dir passiert?«
    »Jemand hat mich überrascht. Als ich dich durchs Nachtsichtgerät
beobachtet habe. Ich hab gesehen, wie du die Geldtasche abgestellt hast und losmarschiert bist. Da hatte sich eine Frau im Gebüsch versteckt. Hast du sie gesehen?«
    »Nein.«
    »Sie hatte eine Pistole. Ich glaube, sie wollte dich erschießen.«
    »Eine Frau?«
    »Ja.«
    Ich wusste nicht, was ich mit dieser Information anfangen sollte. »Hast du sie erkannt?«
    »Nein. Ich wollte gerade rufen, um dich zu warnen, als dieses Monster mich von hinten geschnappt hat. Er hatte wahnsinnige Kraft. Er hat mich am Kopf hochgehoben. Ich dachte, er reißt ihn mir ab.«
    »Herrgott.«
    »Dann ist ein Polizeiwagen vorbeigekommen. Der Kraftprotz ist in Panik geraten. Er hat mir eine verpasst«, sie zeigte auf ihr geschwollenes Auge, »und die Lichter sind ausgegangen. Ich hab keine Ahnung, wie lange ich da so gelegen habe. Als ich aufgewacht bin, war alles voller Cops. Ich hab zusammengerollt in einer dunklen Ecke gelegen. Sie haben mich wohl nicht gesehen oder für eine Obdachlose gehalten, die ihren Rausch ausschläft. Ich hab auf den Palm Pilot gesehen. Und da war das Geld in Bewegung.«
    »In welche Richtung?«
    »Nach Süden, und langsam, also zu Fuß in der Nähe der 168th Street. Und dann ging’s plötzlich nicht weiter. Weißt du, das Ding«, sie zeigte auf den Bildschirm, »hat zwei Modi. Ich kann ranzoomen, dann habe ich einen Radius von so drei-, vierhundert Metern. Wenn ich weiter weg bin, wie jetzt, dann habe ich eher eine allgemeine Richtung als eine genaue Adresse. Jetzt gehe ich davon aus, wenn ich mir die Geschwindigkeit ansehe, dass sie rund zehn Kilometer vor uns auf der Route 17 fahren.«

    »Aber als du sie das erste Mal gesehen hast, waren sie auf der 168th Street?«
    »Genau. Dann haben sie sich schnell in Richtung Zentrum bewegt.«
    Ich überlegte kurz. »Die U-Bahn«, sagte ich. »Sie sind an der 168th Street in den A-Train gestiegen.«
    »Das war auch meine Idee. Jedenfalls habe ich dann den Lieferwagen kurzgeschlossen und bin ins Zentrum gefahren. Auf der Höhe der 70er Straßen sind sie plötzlich nach Osten abgebogen. Dann war die Bewegung aber ungleichmäßiger. Und sie haben zwischendurch öfter mal angehalten.«
    »Sie mussten vor Ampeln stehen bleiben, sind also in ein Auto umgestiegen.«
    Rachel nickte. »Sie sind den Franklin-D-Roosevelt-Drive und den Harlem-River-Drive entlanggefahren. Ich hab versucht, quer durch die Stadt zu fahren, um ihnen den Weg abzuschneiden, aber das hat zu lange gedauert. So bin ich acht bis zehn Kilometer zurückgefallen. Tja, und den Rest kennst du ja.«
    Wir fuhren etwas langsamer durch die Nachtbaustelle auf Höhe der Route 4. Drei Spuren wurden auf eine zusammengeführt. Ich sah Rachel an: die Abschürfungen, die Schwellungen und den riesigen Handabdruck auf ihrer Haut. Sie hielt dem Blick wortlos stand. Ich streckte die Hand aus und strich so sanft ich konnte über ihr Gesicht. Sie schloss die Augen. Die Zärtlichkeit schien sie zu überfordern, und selbst in der Situation, in der wir uns gerade befanden, merkten wir beide, dass es

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