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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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geworden. Niemand wollte ihn in einer Gemeinschaftspraxis. Also hatte er seine eigene jämmerliche Kanzlei in der Nähe des Paterson-Gerichtshofs aufgemacht und sich die Räumlichkeiten mit einem Kautionsvermittler geteilt. Er fuhr zu Unfallorten und bot direkt vor Ort seine Dienste für Schadensersatzklagen an, doch selbst unter diesen Schmalspuranwälten gelang es ihm nicht, sich entscheidend durchsetzen. Er hatte zwar eine Frau aus etwas besserem Hause geheiratet, aber das hielt sie ihm auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit vor.
    In einem Punkt lag Bacard allerdings unter dem Durchschnitt  – weit unter dem Durchschnitt: der Anzahl seiner lebensfähigen Spermien. Sosehr er es auch versuchte – und Dawn, seine Frau, war nicht sehr scharf darauf –, gelang es ihm doch nicht, sie zu schwängern. Nach vier Jahren entschlossen sie sich, ein Kind zu adoptieren. Wieder gehörte Steven Bacard zur großen Gruppe der Unbekannten, was es fast unmöglich machte, an ein weißes Baby – worauf Dawn großen Wert legte – heranzukommen. Er fuhr mit Dawn nach Rumänien, aber die verfügbaren Kinder waren entweder zu alt oder schon drogensüchtig zur Welt gekommen.
    Aber dort, im Ausland, an jenem gottverlassenen Ort, war Steven Bacard endlich die Idee gekommen, die ihn, nach achtunddreißig Jahren, aus der Masse hervorheben sollte.

    »Irgendwelche Probleme, Steven?«
    Die Stimme erschreckte ihn. Er wandte sich von seinem Spiegelbild ab. Lydia stand im Schatten.
    »So in den Spiegel zu starren«, sagte Lydia und fügte ein Ts-ts an. »War das nicht der Untergang des Narziss?«
    Bacard fing an, unkontrollierbar zu zittern. Es lag nicht nur an Lydia, obwohl sie ehrlich gesagt oft solche Empfindungen in ihm hervorrief. Vor allem jedoch hatte ihn der Anruf nervös gemacht. Und Lydias plötzliches Erscheinen wirkte als Auslöser. Er wusste nicht, wie sie ins Haus gekommen war oder wie lange sie dort schon gestanden hatte. Er wollte sie fragen, was heute Nacht geschehen war. Er wollte die Einzelheiten erfahren. Aber dafür war keine Zeit.
    »Ja, wir haben tatsächlich Probleme«, sagte Bacard.
    »Erzähl.«
    Wenn er ihr in die Augen sah, lief ihm ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Sie wirkten groß, schön und leuchtend, und trotzdem spürte man, dass nichts dahinter war, außer einer riesigen Leere – sie waren Fenster zu einem längst verlassenen Haus. Worauf Bacard in Rumänien gestoßen war – was ihn endlich aus der Masse herausgehoben hatte –, war eine Möglichkeit, das System zu überlisten. Zum ersten Mal im Leben hatte Bacard im Rampenlicht gestanden. Er hatte aufgehört, Unfallopfern nachzulaufen. Die Leute hatten angefangen, zu ihm aufzublicken. Er war zu Wohltätigkeitsveranstaltungen eingeladen worden und war dort ein gern gesehener Redner. Seine Frau Dawn hatte ihn wieder angelächelt und gefragt, wie es ihm ginge. Er war sogar in den Fernsehnachrichten News 12 New Jersey zu sehen gewesen, wenn der Kabelsender Experten zu bestimmten juristischen Problemen eingeladen hatte. Damit hatte er allerdings wieder aufgehört, als ein ausländischer Kollege ihn darauf aufmerksam gemacht hatte, dass zu viel Publicity auch Gefahren mit sich bringen könnte. Außerdem
hatte er es nicht mehr nötig gehabt, Mandanten zu werben. Die hatten ihn auch so gefunden, diese verhinderten Eltern auf der Suche nach einem Wunder. Die Verzweifelten hatten das schon immer so gemacht – wie Pflanzen strecken sie sich in der Dunkelheit nach dem Silberstreif am Horizont.
    Er zeigte auf das Telefon. »Ich habe gerade einen Anruf bekommen.«
    »Und?«
    »Das Lösegeld ist verwanzt«, sagte er.
    »Wir haben es aus der Tasche genommen.«
    »Nein, nicht nur die Tasche. Da muss noch irgendein Gerät im Geld sein. Zwischen den Scheinen oder so.«
    Lydias Miene verfinsterte sich. »Und das konnte deine Quelle nicht vorher sagen?«
    »Meine Quelle hat von der ganzen Sache bis eben nichts gewusst.«
    »Das heißt dann also«, sagte sie bedächtig, »dass die Polizei genau weiß, wo wir gerade sind, während wir uns hier so nett unterhalten?«
    »Nicht die Polizei«, sagte er. »Die Wanze ist nicht von den Cops oder vom FBI.«
    Das schien sie zu überraschen. Dann nickte Lydia. »Dr. Seidman.«
    »Auch nicht. Er wird von einer Frau namens Rachel Mills unterstützt. Sie ist eine ehemalige FBI-Agentin.«
    Lydia lächelte, als erklärte das vieles. »Und diese ehemalige Agentin hat eine Wanze zwischen den Scheinen

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