Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
Vom Netzwerk:
Realist. Er passte sich an. Er hatte im Kosovo im Gefängnis gesessen, weil er Frauen verkauft hatte. Unter dem halblegalen Deckmantel von Striplokalen war weiße Sklaverei dort ein großer Markt. Bacard hatte allerdings eine andere Verwendung für die Frauen gefunden. Pavel, dem schnelle Veränderungen nicht fremd waren, tat, was getan werden musste. Anfangs war er noch etwas aufmüpfig, aber als sie ihm einen Stapel Geldscheine im Wert von fünftausend Dollar gegeben hatten, wurde er still. Die Streitlust war ihm vergangen. Man musste nur wissen, wie man die Leute überzeugte.
    Lydia gab Pavel eine Pistole. Er wusste, wie man damit umging.
    Pavel versteckte sich an der Straße. Er hatte sein Handy weiterhin auf Walkie-Talkie-Modus geschaltet. Lydia rief Heshy an und sagte ihm, dass sie bereit waren. Eine Viertelstunde später fuhr Heshy an ihnen vorbei. Er warf die Wanze aus dem Fenster. Lydia fing sie auf und warf ihm eine Kusshand zu. Heshy fuhr weiter. Lydia nahm den Sender mit in den Garten hinter dem Haus. Sie zog ihre Waffe und wartete.
    In der Nachtluft sammelte sich der erste Morgentau. Das Kribbeln war da, sie spürte es in den Adern. Sie wusste, dass Heshy irgendwo
in der Nähe war. Er wollte dabei sein, aber dies war ihr Spiel. Die Straße war still. Es war vier Uhr morgens.
    Fünf Minuten später hörte sie einen Wagen.

33
    Irgendetwas stimmte hier absolut nicht.
    Ich achtete kaum auf die Straßen, so gut kannte ich mich hier aus. Ich stand so unter Strom, dass ich die Schmerzen in meinem Brustkorb kaum noch spürte. Rachel hatte sich in ihren Palm Pilot vertieft. Sie klickte mit ihrem kleinen Stift auf dem Bildschirm herum, hielt den Kopf schief und betrachtete das Bild immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven. Sie hatte den Rücksitz durchwühlt und Zias Straßenatlas gefunden. Die Filzstiftkappe im Mund, fing sie an, die Route nachzuzeichnen; ich nehme an, sie suchte nach einem System. Vielleicht wollte sie aber auch nur meinen unvermeidlichen Fragen ausweichen.
    Leise sagte ich ihren Namen. Sie sah mich kurz an, blickte aber sofort wieder auf den Bildschirm.
    »Hast du von der CD-ROM gewusst, bevor du zu mir gekommen bist?«, fragte ich.
    »Nein.«
    »Darauf waren Fotos gespeichert, auf denen du vor dem Krankenhaus stehst, in dem ich arbeite.«
    »Das hast du schon gesagt.«
    Wieder klickte sie auf den Bildschirm.
    »Sind die echt?«
    »Echt?«
    »Ich meine, wurden sie digital bearbeitet oder so – oder hast du vor zwei Jahren wirklich vor meinem Büro gestanden?«
    Rachel hob den Kopf nicht, doch aus den Augenwinkeln sah
ich ihre Schultern herabsinken. »Die Nächste rechts«, sagte sie. »Die hier.«
    Wir waren auf der Glen Avenue. Langsam wurde es unheimlich. Links lag meine alte High School. Sie hatten sie vor zwei Jahren renoviert und einen Fitness-Raum, ein Schwimmbad und eine zweite Sporthalle angebaut. Die Fassade war neu verputzt und mit Efeu bepflanzt worden, so dass die Schule älter und eher wie ein College aussah – und die Kasseltoner Jugend daran erinnerte, was von ihr erwartet wurde.
    »Rachel?«
    »Die Fotos sind echt, Marc.«
    Ich nickte.
    Ich weiß nicht warum. Vielleicht wollte ich etwas Zeit gewinnen. Ich begab mich mehr und mehr auf mir unbekanntes Terrain. Mir war klar, dass ihre Antwort alles wieder umschmeißen konnte, dass sie alles wieder auf den Kopf stellen konnte, was ich gerade mühsam ins Lot zu bringen versucht hatte. »Ich glaube, du bist mir eine Erklärung schuldig«, sagte ich.
    »Bin ich«, erwiderte sie. Sie betrachtete den Bildschirm. »Aber nicht jetzt.«
    »Doch, jetzt.«
    »Jetzt müssen wir uns auf die Verfolgung konzentrieren.«
    »Fang nicht so an. Wir fahren nur. Ich bin durchaus in der Lage, zwei Sachen gleichzeitig zu tun.«
    »Aber«, sagte sie leise, »ich vielleicht nicht.«
    »Rachel, was wolltest du da vor dem Krankenhaus?«
    »Holla.«
    »Was, holla?«
    Wir näherten uns der Ampel an der Kasselton Avenue. Sie blinkte spätnachts nur rot und gelb. Ich runzelte die Stirn und sah sie an. »Wohin?«
    »Rechts?«

    Mein Herz sank. »Das versteh ich nicht.«
    »Sie haben wieder angehalten.«
    »Wo?«
    »Wenn ich das richtig interpretiere«, erwiderte Rachel und sah mir endlich ins Gesicht, »sind sie bei dir zu Hause.«

    Ich bog nach rechts ab. Rachel brauchte mir nicht mehr zu sagen, wo ich hinfahren sollte. Sie starrte weiter auf den Bildschirm. Es war nur noch ein Kilometer. Am Tage meiner Geburt sind meine Eltern auf diesem Weg zum

Weitere Kostenlose Bücher