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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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sagte Lenny: »Was ziehst du da ab, Marc?«
    »Ich suche Tara. Willst du mir dabei helfen oder nicht?«
    Jetzt zögerte er nicht mehr. »Was brauchst du?«
    »Wir müssen das Auto, in dem wir unterwegs sind, verstecken und brauchen ein anderes.«
    »Und was habt ihr dann vor?«
    Ich bog rechts ab. »Wir sind in ein paar Sekunden bei dir. Dann werd ich versuchen, es dir zu erklären.«

    Lenny trug eine alte graue, oben geschnürte Trainingshose, Hausschuhe und ein Big-Dog-T-Shirt. Als wir in der Garage waren, drückte er auf einen Knopf und das Tor schloss sich hinter uns. Lenny sah erschöpft aus, aber für Rachel und mich wäre es auch nicht der richtige Tag für Porträtfotos gewesen.
    Als Lenny das Blut in Rachels Gesicht sah, trat er einen Schritt zurück. »Scheiße, was war denn los?«
    »Hast du Verbandszeug?«, fragte ich.
    »In der Küche. Im Schrank über der Spüle.«
    Rachel hielt das Handy immer noch in der Hand. »Ich muss ins Internet«, sagte sie.
    »Hört zu«, drängte Lenny. »Wir müssen uns unterhalten.«
    »Unterhalt dich mit ihm«, erwiderte Rachel. »Ich muss ins Internet.«
    »Bei mir im Büro. Du weißt ja, wo das ist.«
    Rachel ging ins Haus. Ich folgte ihr in die Küche. Sie ging weiter zum Schlafzimmer. Wir kannten uns hier beide gut aus. Lenny blieb bei mir. Lenny und Cheryl hatten die Küche erst vor kurzem in einer Art französischem Landhausstil renovieren lassen und einen zweiten Kühlschrank gekauft, weil vier Kinder futterten, wie es nur vier Kinder konnten. Die Türen beider Kühlschränke waren voller Zeichnungen, Fotos und bunten Buchstaben. An dem neuen klebte einer dieser magnetischen Gedichtbausätze. Die Worte ICH STEHE ALLEIN UM DAS MEER liefen den Griff hinunter. Ich stöberte im Schrank über der Spüle herum.
    »Verrätst du mir, was los ist?«
    Ich fand Cheryls Erste-Hilfe-Set und zog es heraus. »Bei meinem Haus hat es eine Schießerei gegeben.«
    Ich erzählte Lenny das Wesentliche, während ich den Inhalt des Erste-Hilfe-Sets inspizierte. Es reichte fürs Erste. Schließlich sah ich Lenny an. Der starrte mich mit offenem Mund an. »Du bist vom Tatort eines Mordes geflohen?«

    »Was wäre passiert, wenn ich dageblieben wäre?«
    »Die Polizei hätte dich mitgenommen.«
    »Genau.«
    Er schüttelte den Kopf und fuhr leise fort. »Sie glauben nicht mehr, dass du es warst.«
    »Wie meinst du das?«
    »Sie glauben, Rachel war’s.«
    Ich sah ihn überrascht an und wusste nicht, was ich sagen sollte.
    »Hat sie dir erklärt, wie es zu diesen Fotos gekommen ist?«
    »Noch nicht«, sagte ich. Dann fuhr ich fort: »Das begreife ich nicht. Wie kommen sie darauf, dass es Rachel gewesen sein könnte?«
    Lenny skizzierte eine Theorie, in der Eifersucht, Wut und das Verdrängen von Schlüsselsituationen direkt vor dem Überfall von entscheidender Bedeutung waren. Ich war so verblüfft, dass ich kein Wort herausbekam. Als ich mich wieder gefangen hatte, sagte ich: »Das ist doch Irrsinn.«
    Lenny sagte nichts.
    »Der Kerl im Flanellhemd hat gerade versucht, uns umzubringen.«
    »Und was ist mit ihm passiert?«
    »Hab ich dir doch erzählt. Er war nicht allein. Sie haben ihn erschossen.«
    »Hast du die anderen gesehen?«
    »Nein. Rachel …« Ich merkte, worauf er hinauswollte. »Ach komm, Lenny. Das glaubst du doch selber nicht.«
    »Ich will wissen, was mit den Fotos auf dieser CD ist, Marc.«
    »Gut, fragen wir sie.«
    Als wir die Küche verließen, sah ich Cheryl auf der Treppe. Sie sah mit verschränkten Armen auf mich herab. Ich glaube nicht, dass ich diesen Ausdruck je zuvor in ihrem Gesicht gesehen
hatte. Ich blieb stehen. Auf dem Teppich war etwas Blut, wahrscheinlich von Rachel. An der Wand hing so ein Fotostudio-Bild mit ihren vier Kindern, die versuchten, in zusammenpassenden weißen Rollkragenpullovern vor einem weißen Hintergrund natürlich auszusehen. Kinder und so viel Weiß.
    »Ich kümmere mich darum«, sagte Lenny zu ihr. »Geh wieder ins Bett.«
    Wir durchquerten das Wohnzimmer. Eine DVD-Hülle vom neuesten Disney-Film lag auf dem Fernseher. Fast wäre ich über einen Wiffle-Ball und einen Plastikschläger gestolpert. Ein Monopoly-Brett mit Pokemon-Figuren lag auf dem Fußboden. Es war offenbar mitten im Spiel verlassen worden, und jemand, vermutlich eins der Kinder, hatte NICHT ANFASSEN! auf einen Zettel gekritzelt und ihn in die Mitte gelegt. Als wir am Kamin vorbeikamen, fiel mir auf, dass Lenny und Cheryl vor kurzem neue Fotos aufgehängt hatten. Die

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