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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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sie Fingerabdrücke finden, schicken sie sie ans NCIC. Ein Phantombild des Gesichts ebenso. In unseren Akten und im Computer haben wir ihn nicht gefunden. Scheiße, die Polizei braucht bestimmt ewig, um ihn zu identifizieren, wenn nicht irgendjemand auftaucht, der was dazu sagen kann.«
    »Was vermutlich nicht passieren wird.«
    »Mein Gott, deshalb haben sie ihn umgebracht. Sie wissen, dass wir ihn nicht identifizieren können.«

    Sirenen ertönten. Wir sahen uns an.
    »Du musst dich jetzt entscheiden, Marc. Wenn wir hier bleiben, gehen wir ins Gefängnis. Sie werden glauben, dass er ein Komplize von uns war und wir ihn umgebracht haben. Ich vermute, die Entführer wussten das. Die Nachbarn werden aussagen, dass es ruhig war, bis wir hier aufgetaucht sind. Plötzlich quietschen Reifen und es wird geschossen. Ich will damit nicht sagen, dass wir es am Ende nicht klären können.«
    »Aber das dauert«, sagte ich.
    »Ja.«
    »Und die kleine Chance, die sich hier geboten hat, wird vorbei sein. Die Cops werden den Fall auf ihre Weise bearbeiten. Selbst wenn sie uns weiterhelfen können, selbst wenn sie uns glauben, werden sie jede Menge Staub aufwirbeln.«
    »Eins noch«, sagte sie.
    »Was?«
    »Die Kidnapper haben uns eine Falle gestellt. Also müssen sie von dem Q-Logger gewusst haben.«
    »Das war uns doch schon klar.«
    »Aber jetzt frage ich mich, wie sie ihn gefunden haben?«
    Ich blickte auf, erinnerte mich an die Warnung in der Lösegeldforderung. »Eine undichte Stelle?«
    »Jetzt kann ich das nicht mehr ausschließen.«
    Wir gingen zum Wagen. Ich legte ihr die Hand auf den Arm. Sie blutete noch immer. Ihr Auge war fast zugeschwollen. Ich sah sie an, und wieder gewann ein Urtrieb in mir die Oberhand: Ich wollte sie beschützen. »Wenn wir fliehen, sieht es aus, als wären wir schuldig«, sagte ich. »Mich stört das nicht – ich hab nichts zu verlieren –, aber was ist mit dir?«
    Sie antwortete leise: »Ich habe auch nichts zu verlieren.«
    »Du brauchst einen Arzt«, sagte ich.
    Rachel lächelte fast. »Bist du nicht einer?«

    »Auch wieder wahr.«
    Es war keine Zeit, die Vor- und Nachteile abzuwägen. Wir mussten handeln. Wir stiegen in Zias Wagen. Ich riss ihn herum und fuhr hinten durch die Woodland-Road-Zufahrt hinaus. Gedanken  – vernünftige, klare Gedanken – drangen langsam in den Vordergrund. Als ich richtig darüber nachdachte, wo wir uns befanden und was wir hier taten, lastete die Wahrheit so schwer auf mir, dass sie mich fast zerquetscht hätte. Fast hätte ich angehalten. Rachel bemerkte es.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Warum fliehen wir?«
    »Ich kann dir nicht ganz folgen.«
    »Wir hatten gehofft, meine Tochter zu finden. Oder zumindest diejenigen, die sie auf dem Gewissen haben. Wir dachten, wir hätten eine kleine Chance.«
    »Ja.«
    »Aber kapierst du denn nicht? Die Chance, wenn es wirklich eine gegeben hat, ist vorbei. Der Kerl dahinten ist tot. Wir wissen, dass er Ausländer ist, aber was bringt uns das? Wir wissen nicht, wer er ist. Das ist eine Sackgasse. Und andere Hinweise haben wir nicht.«
    Plötzlich huschte ein freches Lächeln über Rachels Miene. Sie griff in ihre Tasche und hielt etwas ins Licht. Ein Handy. Meins war es nicht. Und ihres auch nicht. »Vielleicht doch«, sagte sie.

34
    Als Erstes«, sagte Rachel, »müssen wir diesen Wagen loswerden.«
    »Der Wagen«, sagte ich und schüttelte den Kopf, als ich an den Schaden dachte. »Wenn diese Suche mich nicht umbringt, dann tut Zia es.«

    Rachel rang sich ein weiteres Lächeln ab. Wir steckten jetzt so tief drin und hatten die Angst so weit hinter uns gelassen, dass wir sogar ein wenig Ruhe gefunden hatten. Ich überlegte, wo wir hinfahren sollten, aber eigentlich gab es nur eine Möglichkeit.
    »Lenny und Cheryl«, sagte ich.
    »Was ist mit ihnen?«
    »Ihr Haus ist nur vier Blocks von hier weg.«
    Es war fünf Uhr morgens. Die Dunkelheit hatte sich dem anbrechenden Tag ergeben. Ich wählte Lennys Privatnummer und hoffte, dass er nicht wieder zum Krankenhaus gefahren war. Er war nach dem ersten Klingeln am Apparat und bellte: »Hallo!«
    »Ich habe ein Problem«, sagte ich.
    »Ich höre Sirenen.«
    »Das ist ein Teil des Problems.«
    »Die Polizei hat mich angerufen«, sagte er. »Als du abgehauen bist.«
    »Ich brauche deine Hilfe.«
    »Ist Rachel bei dir?«, fragte er.
    »Ja.«
    Es entstand eine unbehagliche Pause. Rachel spielte mit dem Handy des Toten herum. Ich hatte keine Ahnung, was sie suchte. Dann

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