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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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osteuropäische Akzent war nicht zu überhören – ob vom Balkan oder einem der ehemaligen Sowjetstaaten, konnte ich nicht sagen. Ich hörte das fröhliche Kreischen kleiner Kinder. Vernes Lächeln wurde etwas breiter. Er trat auf die Veranda vor dem Haus. Rachel und ich blieben sitzen. Wir hörten Kinderfüße die Stufen hinaufrennen. Es dauerte fast zwei Minuten, bis die Begrüßung beendet war. Ich starrte auf meine Hände. Verne sagte etwas von Geschenken, die noch im Truck lägen. Die Kinder rannten hin.
    Die Tür wurde geöffnet. Verne kam Arm in Arm mit seiner Frau ins Haus.
    »Marc, Rachel, das ist Kat, meine Frau.«
    Sie war bildhübsch. Sie trug ihr langes Haar offen. Das gelbe Sommerkleid war schulterfrei. Sie hatte fast schneeweiße Haut und eisblaue Augen. Sie bewegte sich anders, so dass ich sie wohl auch für eine Ausländerin gehalten hätte, wenn ich es nicht gewusst hätte. Vielleicht war das aber auch nur eine Projektion. Ich versuchte, ihr Alter zu schätzen. Sie wäre noch als Mitte zwanzig durchgegangen, doch die Falten unter ihren Augen deuteten an, dass ich wahrscheinlich zehn Jahre daneben lag.
    »Hi«, sagte ich.
    Rachel und ich erhoben uns und begrüßten sie. Ihre zierliche
Hand hatte einen kraftvollen Händedruck. Katarina lächelte weiter, wie es sich für eine gute Gastgeberin gehörte, auch wenn es ihr ganz offensichtlich schwer fiel. Sie starrte Rachel und ihre Verletzungen an. Es war wohl auch ein ziemlich schockierender Anblick. Ich hatte mich fast schon daran gewöhnt.
    Immer noch lächelnd, wandte Katarina sich an Verne, als wollte sie eine Frage stellen. Er sagte: »Ich versuche, ihnen zu helfen.«
    »Ihnen zu helfen?«, wiederholte sie.
    Die Kinder hatten ihre Geschenke gefunden und johlten herum. Verne und Katarina schienen es nicht zu hören. Sie sahen sich an. Er hielt ihre Hand. »Der Mann dort …«, er deutete mit dem Kinn auf mich, »… jemand hat seine Frau ermordet und seine kleine Tochter entführt.«
    Sie legte eine Hand auf den Mund.
    »Sie suchen die Tochter.«
    Katarina rührte sich nicht. Verne drehte sich zu Rachel um und gab ihr mit einem Nicken zu verstehen, dass sie anfangen sollte.
    »Mrs Dayton«, sagte Rachel, »haben Sie gestern Nacht jemanden angerufen?«
    Katarinas Kopf zuckte zurück, als wäre sie gerade zu Tode erschrocken. Dann sah sie mich an, als wäre ich eine Art Zirkus-Kuriosität. Sie wandte sich an Rachel. »Ich weiß nicht, was Sie wollen.«
    »Wir haben die Information aus einem Telefon«, sagte Rachel. »Gestern gegen Mitternacht ist vom Telefon in diesem Haus ein bestimmtes Handy angerufen worden. Wir nehmen an, dass Sie das waren.«
    »Nein, das ist unmöglich.« Katarinas Augen schossen hin und her, als suchten sie nach einem Ausweg. Verne hielt noch immer ihre Hand. Er versuchte, ihr in die Augen zu sehen, aber sie wich seinem Blick aus. »Ach, warten Sie«, sagte sie. »Ich glaube, ich weiß.«

    Wir warteten.
    »Gestern Nacht, als ich geschlafen habe, hat das Telefon geklingelt.« Sie versuchte, wieder zu lächeln, doch es hielt nicht lange vor. »Ich weiß nicht, wie spät es war. Sehr spät. Ich dachte, dass du das vielleicht bist, Verne.« Sie sah ihn an und jetzt hielt das Lächeln. Er erwiderte es. »Aber als ich rangegangen bin, hat sich niemand gemeldet. Dann ist mir was eingefallen, was ich mal im Fernsehen gesehen habe. Stern, sechs, neun. Wenn man das drückt, ruft man beim Anrufer zurück. Das hab ich gemacht. Ein Mann war dran. Aber es war nicht Verne, also hab ich wieder aufgelegt.«
    Sie sah uns erwartungsvoll an. Rachel und ich warfen uns einen kurzen Blick zu. Verne lächelte immer noch, aber seine Schultern sanken herab. Er ließ ihre Hand los und fiel fast auf die Couch.
    Katarina machte sich auf den Weg zur Küche. »Willst du noch ein Bier, Verne?«
    »Nein, Schatz. Ich will, dass du dich hier neben mich setzt.«
    Sie zögerte, tat jedoch, was er verlangte. Stocksteif nahm sie neben ihm Platz. Verne richtete sich auf und nahm wieder ihre Hand.
    »Ich will, dass du mir zuhörst, okay?«
    Sie nickte. Draußen kreischten die Kinder vor Freude. Es mag etwas abgedroschen klingen, aber es gibt nicht viel, das es mit ungehemmtem Kinderlachen aufnehmen kann. Katarina sah Verne mit einer solchen Intensität an, dass ich mich fast abgewandt hätte.
    »Du weißt doch, wie sehr wir unsere Jungs lieben, oder?«
    Sie nickte.
    »Stell dir vor, jemand nimmt sie uns weg. Stell dir vor, das ist schon vor über einem Jahr

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