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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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betrachtete seine spielenden Kinder.
    »Wenn man bei uns zu Hause ein Kind bekommt, wird es in ein schreckliches Waisenhaus gesteckt. In Amerika wollen viele Leute Kinder adoptieren. Aber das ist schwierig. Und es dauert
lange. Manchmal länger als ein Jahr. Das Baby lebt solange im Elend. Die Eltern müssen die Beamten bestechen. Das System ist sehr korrupt.«
    »Schon klar«, sagte Verne. »Du hast es zum Wohl der Menschheit getan.«
    »Nein, ich habe es für mich getan. Nur für mich, okay?«
    Verne zuckte zusammen. Rachel legte Katarina eine Hand aufs Knie. »Dann sind Sie also hier rüber geflogen?«
    »Ja. Pavel und ich.«
    »Und dann?«
    »Wir haben in einem Motel gewohnt. Ich bin immer zu einer Frau mit weißen Haaren gegangen. Sie hat mich untersucht und aufgepasst, dass ich vernünftig esse. Sie hat mir Geld für Lebensmittel gegeben.«
    Rachel nickte aufmunternd. »Wo haben Sie das Baby bekommen?«
    »Weiß ich nicht. Ein Lieferwagen ohne Fenster hat mich abgeholt. Die Frau mit weißen Haaren war dabei. Sie hat das Baby zur Welt gebracht. Ich weiß noch, dass ich es weinen gehört habe. Dann haben sie es mir weggenommen. Ich weiß nicht mal, ob es ein Mädchen oder ein Junge war. Sie haben uns zum Motel zurückgefahren. Die Frau mit den weißen Haaren hat uns das Geld gegeben.«
    Katarina zuckte die Achseln.
    Mir war, als wäre mein Blut in den Adern erstarrt. Ich versuchte, das Entsetzen zu verdrängen und zu überlegen. Ich sah Rachel an, wollte sie fragen, wie … doch sie schüttelte den Kopf. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für Schlussfolgerungen. Erst mussten wir so viele Informationen wie möglich sammeln.
    »Ich fand es schön hier«, fuhr Katarina nach einer Pause fort. »Sie denken, dass Sie ein wunderbares Land haben, aber Sie haben ja keine Ahnung. Ich wollte unbedingt in Amerika bleiben.
Aber das Geld wurde langsam knapp. Ich habe Möglichkeiten gesucht, da rauszukommen. Dann bin ich einer Frau begegnet, die mir von der Website erzählt hat. Man gibt seinen Namen an, und die Männer schreiben einem. Eine Hure würden sie nicht wollen, hat sie mir gesagt. Also habe ich mir den Lebenslauf mit dem Bauernhof ausgedacht. Wenn ein Mann nach meiner Anschrift gefragt hat, habe ich ihm eine E-Mail-Adresse gegeben. Drei Monate später habe ich Verne kennen gelernt.«
    Vernes Kinn fiel immer weiter herunter. »Du meinst, die ganze Zeit, als wir uns geschrieben haben …«
    »War ich in Amerika, ja.«
    Er schüttelte den Kopf. »Hat überhaupt irgendwas von dem gestimmt, was du mir erzählt hast?«
    »Alles, was wichtig ist.«
    Verne schnaubte abfällig.
    »Was war mit Pavel?«, fragte Rachel und brachte uns wieder aufs Thema. »Wo ist er hingegangen?«
    »Weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass er manchmal wieder zurück nach Serbien gefahren ist. Er hat andere Mädchen gesucht und rübergebracht. Für Finderlohn. Manchmal hat er sich bei mir gemeldet. Wenn er ein paar Dollar gebraucht hat, hab ich sie ihm gegeben. Es war wirklich nur Kleinkram. Bis gestern.«
    Katarina sah Verne an. »Die Kinder haben bestimmt Hunger.«
    »Die können warten.«
    »Was ist gestern passiert?«, fragte Rachel.
    »Pavel hat am späten Nachmittag angerufen. Er hat gesagt, er muss mich sofort sehen. Mir hat das nicht gefallen. Ich habe gefragt, was er will. Er hat gesagt, er erzählt es mir, wenn er hier ist, und ich soll mir keine Sorgen machen. Ich hab nicht gewusst, was ich sagen soll.«
    »Wie wär’s mit nein?«, fauchte Verne.
    »Ich konnte nicht Nein sagen.«

    »Wieso nicht?«
    Sie antwortete nicht.
    »Ach, verstehe. Du hattest Angst, dass er mir die Wahrheit sagt. Oder etwa nicht?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Was zum Teufel soll denn das heißen?«
    »Ja, ich hatte Angst, dass er dir die Wahrheit sagt.« Wieder sah sie ihren Mann an. »Und ich habe gebetet, dass er’s tut.«
    Rachel versuchte, uns wieder auf Kurs zu bringen. »Was ist passiert, als Ihr Bruder hier war?«
    Tränen stiegen ihr in die Augen.
    »Katarina?«
    »Er hat gesagt, er muss Perry mitnehmen.«
    Vernes Augen wurden riesengroß.
    Katarinas Brust fing an zu beben, als bekäme sie kaum noch Luft. »Ich hab Nein gesagt. Ich hab gesagt, er soll die Finger von meinen Kindern lassen. Er hat mich bedroht. Er hat gesagt, er erzählt Verne alles. Ich hab gesagt, das ist mir egal. Ich wollte nicht, dass er Perry mitnimmt. Dann hat er mich in den Bauch geschlagen. Ich bin hingefallen. Er hat mir versprochen, dass er Perry in ein paar Stunden

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