Keine zweite Chance
Personenbeschreibungen abgab und vielleicht noch zur Vorsicht aufrief, weil wir bewaffnet und gefährlich wären. Aber es gab keine Fahndungsmeldung und auch keinen Bericht über eine Schießerei in Kasselton.
Rachel und ich saßen immer noch vorne, während Katarina sich auf dem Notsitz hingelegt hatte. Rachel hatte ihren Palm Pilot eingeschaltet und hielt den Stift einsatzbereit in der Hand. Ich überlegte, ob ich Lenny anrufen sollte, dachte dann aber an Zias Warnung. Sie würden mithören. Ich hatte sowieso nicht viel Neues zu erzählen – höchstens, dass ich eine schwangere Sechzehnjährige mit einer unregistrierten Pistole bedroht hatte, die ich der Leiche eines Mannes abgenommen hatte, der in meinem Garten erschossen worden war. Diese Details würden Lenny dem Anwalt gewiss keine große Freude bereiten.
»Glaubst du, sie hilft uns?«, fragte ich.
Rachel zuckte die Achseln.
Tatiana hatte versprochen, uns zu unterstützen. Ich wusste nicht, ob wir ihr trauen konnten. Um auf Nummer Sicher zu gehen,
hatte ich den Telefonstecker herausgezogen und das Kabel mitgenommen. Ich hatte das Zimmer nach Papier und Schreibgeräten durchsucht, damit sie ihren Besuchern nichts aufschreiben und die Nachricht zuschieben konnte. Aber da war nichts zu finden gewesen. Außerdem hatte Rachel Katarina von ihrem Handy aus angerufen und es als Abhörgerät auf das Fenstersims gelegt. Katarina hielt ihr Handy parat. Sie würde wieder übersetzen.
Eine halbe Stunde später rauschte ein goldfarbener Lexus SC 430 vor das Motel. Ich stieß einen leisen Pfiff aus. Ein Kollege hatte sich kürzlich so einen Wagen gekauft. Er hatte sechzig Riesen dafür hingeblättert. Die Frau, die ausstieg, hatte einen dichten, weißen Igelhaarschnitt. Sie trug ein sehr enges weißes Hemd und eine dazu passende weiße Hose, so eng, dass sie stellenweise unter der Haut zu sitzen schien. Ihre Arme waren gebräunt und durchtrainiert. Sie hatte diesen Look, Sie wissen schon, den Look der heißen Mütter in den Tennisclubs.
Rachel und ich sahen Katarina an. Die nickte feierlich. »Das ist sie. Das ist die Frau, die mein Baby zur Welt gebracht hat.«
Rachel fing an, auf ihrem Palm Pilot herumzutippen. »Was machst du da?«, wollte ich wissen.
»Ich gebe das Kennzeichen und den Autotyp ein. In ein paar Minuten müssten wir wissen, auf wen der Wagen angemeldet ist.«
»Wie geht denn das?«
»Das ist nicht weiter schwierig«, sagte Rachel. »Jeder, der in der Strafverfolgung arbeitet, hat seine Verbindungen. Und wenn man keine hat, bezahlt man jemanden bei der Meldestelle. Üblich sind fünfhundert Dollar.«
»Bist du online oder so?«
Sie nickte. »Ein Funkmodem. Harold Fisher, ein Freund von mir, ist ein freiberuflicher Technik-Freak. Er fand’s nicht gut, wie das FBI mich behandelt hat.«
»Und jetzt hilft er dir?«
»Ja.«
Die weißhaarige Frau holte eine Tasche aus dem Wagen, in der sich vermutlich medizinische Instrumente befanden. Sie setzte eine Designer-Sonnenbrille auf, eilte zu Tatianas Appartement und klopfte. Tatiana öffnete die Tür und ließ sie herein.
Ich drehte mich um und sah Katarina an. Sie hatte das Mikrofon ihres Handys ausgestellt. »Tatiana sagt, es geht ihr jetzt besser. Die Frau ist böse, weil sie ohne Grund angerufen hat.« Sie schwieg.
»Haben Sie schon einen Namen gehört?«
Katarina schüttelte den Kopf. »Die Frau will sie untersuchen.«
Rachel starrte ihren winzigen Palm Pilot an wie eine Kristallkugel. »Treffer.«
»Was ist?«
»Denise Vanech. 47 Riverview Avenue, Ridgewood, New Jersey. Sechsundvierzig Jahre alt. Keine unbezahlten Strafzettel.«
»So schnell geht das?«
Sie zuckte die Achseln. »Harold braucht nur das Kennzeichen einzugeben. Er schaut mal, was er sonst noch so über sie rauskriegt.« Sie fing wieder an, mit dem Stift herumzutippen. »Ich geb den Namen inzwischen mal bei Google ein.«
»Bei der Suchmaschine?«
»Ja. Und du wirst dich wundern, was man da alles findet.«
Das hatte sogar ich schon mitgekriegt. Ich hatte mal meinen eigenen Namen eingegeben; ich weiß nicht mehr, warum. Zia und ich waren betrunken und haben es aus Spaß gemacht. Sie nennt es Ego-Surfen .
»Sie sagen nicht viel.« Katarinas Gesicht war zu einer konzentrierten Maske erstarrt. »Vielleicht untersucht sie sie gerade.«
Ich sah Rachel an. »Zwei Treffer bei Google«, sagte sie. »Der erste ist eine Website vom Bergen-County-Planungsausschuss. Sie hat eine Ausnahmegenehmigung beantragt, um ihr Grundstück
zu
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