Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
Vom Netzwerk:
glaube, Jerry hat das absichtlich so gemacht«, sagte sie, »weil er wusste, dass mir auf diese Weise nur eine Möglichkeit blieb.«
    »Und welche?«, fragte ich.
    »Bei Selbstmord zahlt die Lebensversicherung nicht. Derrick hätte seine Behandlung nicht fortsetzen können. Das konnte ich nicht zulassen. Ich habe einen meiner früheren Chefs angerufen, einen Freund von Jerry, Joseph Pistillo. Er ist eine ganz große Nummer beim FBI. Der hat ein paar von seinen Leuten geschickt, und wir haben es dann so eingerichtet, dass es wie ein Unfall aussah. Die offizielle Version lautet, dass ich ihn für einen Einbrecher gehalten habe. Die örtliche Polizei und die Versicherungen wurden genötigt, das abzusegnen.« Sie zuckte die Achseln.
    »Und warum hast du das FBI hinterher verlassen?«, fragte ich.
    »Weil die anderen Agenten und Mitarbeiter es uns nicht abgenommen haben. Sie dachten alle, ich hätte eine Affäre mit einem hohen Tier. Vor den Gerüchten konnte mich auch Pistillo nicht schützen. Es hätte nicht gut ausgesehen. Und ich hatte keine Möglichkeit, mich selbst dagegen zu verteidigen. Ich habe versucht, es auszusitzen, aber als unerwünschte Person kommt man beim FBI nicht weit.«
    Sie ließ den Kopf gegen die Lehne sinken und blickte aus dem Seitenfenster. Ich wusste nicht, was ich mit der Geschichte anfangen sollte. Ich wusste auch nicht, was ich mit der ganzen Situation anfangen sollte. Ich wünschte, ich hätte etwas Tröstliches sagen können. Doch mir fiel nichts ein. Ich fuhr einfach weiter, bis wir endlich an dem Motel in Union City ankamen.
    Katarina ging zur Rezeption und tat, als spräche sie nur Serbokroatisch.
Sie fuchtelte hysterisch herum, bis der Angestellte sich nicht mehr anders zu helfen wusste, als ihr die Zimmernummer der einzigen anderen Person im Hause auf einen Zettel zu schreiben, die anscheinend dieselbe Sprache beherrschte. Wir waren im Geschäft.
    Das Zimmer des schwangeren Mädchens war eher ein kleines Appartement als das, was man in einem normalen Straßenmotel erwartete. Ich sage schwangeres Mädchen , weil Tatiana – so nannte sie sich – behauptete, sechzehn zu sein. Ich vermute, dass sie jünger war. Tatiana hatte eingefallene Augen wie ein Kind, das direkt einem Kriegsbericht aus dem Fernsehen entsprungen ist – was hier tatsächlich der Fall sein konnte.
    Ich blieb zurück, stand fast noch draußen. Rachel wartete neben mir. Tatiana sprach kein Englisch. Katarina übernahm die Gesprächsführung. Sie unterhielt sich fast zehn Minuten mit Tatiana. Dann schwiegen sie. Tatiana seufzte, öffnete die Schublade am Telefontisch und reichte Katarina einen Zettel. Katarina küsste sie auf die Wange und kam zu uns.
    »Sie hat Angst«, sagte Katarina. »Sie kannte nur Pavel. Er ist gestern weggegangen und hat ihr gesagt, sie darf unter keinen Umständen das Zimmer verlassen.«
    Ich sah Tatiana an und versuchte, ihr aufmunternd zuzulächeln, was mir jedoch nicht überzeugend gelang.
    »Was hat sie gesagt?«, fragte Rachel.
    »Natürlich weiß sie nichts. Genau wie ich damals. Sie ist nur sicher, dass ihr Baby ein gutes Zuhause bekommt.«
    »Was ist mit dem Zettel, den sie Ihnen gegeben hat?«
    Katarina zeigte ihn uns. »Das ist eine Telefonnummer. Die soll sie im Notfall anrufen und dann vier Mal die Neun eintippen.«
    »Ein Piepser«, sagte ich.
    »Ja, das glaube ich auch.«
    Ich sah Rachel an. »Können wir den zurückverfolgen?«

    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir da was finden. Einen Piepser kann man sich ohne weiteres unter falschem Namen besorgen.«
    »Dann rufen wir da an«, sagte ich. Ich sah Katarina an. »Hat Tatiana außer Ihrem Bruder noch jemanden getroffen?«
    »Nein.«
    »Dann können Sie auch mit denen sprechen«, sagte ich. »Sie geben sich für Tatiana aus. Sie erzählen demjenigen, der sich meldet, dass Sie Schmerzen haben und bluten oder irgend so was.«
    »Stopp«, wehrte Rachel ab. »Immer langsam.«
    »Wir müssen jemanden herlocken«, sagte ich.
    »Und was dann?«
    »Wie was dann? Du verhörst sie. Ist das nicht dein Job, Rachel?«
    »Ich bin keine FBI-Agentin mehr. Und selbst wenn, können wir sie nicht einfach so überfallen. Versetz dich mal in ihre Lage. Stell dir vor, du kommst hier an, und ich fange an, dich mit Fragen zu bombardieren. Was würdest du tun, wenn du in so eine Geschichte verwickelt wärst?«
    »Einen Deal aushandeln.«
    »Möglich. Oder du würdest dichtmachen und einen Anwalt verlangen. Was dann?«
    Ich überlegte kurz. »Wenn

Weitere Kostenlose Bücher